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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Theil zu sehen, es sey denn ein unentbehrlicher
krebsrother Kriegsknecht, wo es um des Glau-
bens willen irgend einen Acte de rigeur bedarf.
Als Kunststudium müssen diese Darstellungen einen
merkwürdigen Werth haben, mir Layen konnten
sie gar kein Vergnügen gewähren, als das der Far-
ben -- dieses genoß ich aber auch wie ein Kind.
Kein fröhlicheres Lichtspiel muß es geben, wie das
Blau, das Violett, das lachende Grün! Es ist
ein Zauber mit dem man im mystischen Verkehr
steht, denn die Vernunft sieht ganz dumm aus,
daß das Herz so leicht sich bewegt bei den bunten
Strahlen des innig reinen farbenlosen Lichtes. Das
Blau ist über alles schön, und bei architektonischen
Verzierungen müßten sich diese Gläser auch zu
modernem Gebrauche eignen. Verschiedene der
Fenster stellen Säulen dar, auch Portale, zwischen
denen der Himmel hervorblickt -- so herrlich, so
strahlend, daß es war, als müßte man die wir-
belnden Lerchen darin hören. Und es war draus-
sen eben ein wolkiger Himmel, aus dem nur sel-
ten die Sonne hervorbrach -- dann war aber der
Glanz der Farben dem Auge so schmerzhaft, daß
ich die meinigen abwärts wandte, und mich an
ihrem Widerschein auf dem Kirchenboden freute --

Theil zu ſehen, es ſey denn ein unentbehrlicher
krebsrother Kriegsknecht, wo es um des Glau-
bens willen irgend einen Acte de rigeur bedarf.
Als Kunſtſtudium muͤſſen dieſe Darſtellungen einen
merkwuͤrdigen Werth haben, mir Layen konnten
ſie gar kein Vergnuͤgen gewaͤhren, als das der Far-
ben — dieſes genoß ich aber auch wie ein Kind.
Kein froͤhlicheres Lichtſpiel muß es geben, wie das
Blau, das Violett, das lachende Gruͤn! Es iſt
ein Zauber mit dem man im myſtiſchen Verkehr
ſteht, denn die Vernunft ſieht ganz dumm aus,
daß das Herz ſo leicht ſich bewegt bei den bunten
Strahlen des innig reinen farbenloſen Lichtes. Das
Blau iſt uͤber alles ſchoͤn, und bei architektoniſchen
Verzierungen muͤßten ſich dieſe Glaͤſer auch zu
modernem Gebrauche eignen. Verſchiedene der
Fenſter ſtellen Saͤulen dar, auch Portale, zwiſchen
denen der Himmel hervorblickt — ſo herrlich, ſo
ſtrahlend, daß es war, als muͤßte man die wir-
belnden Lerchen darin hoͤren. Und es war drauſ-
ſen eben ein wolkiger Himmel, aus dem nur ſel-
ten die Sonne hervorbrach — dann war aber der
Glanz der Farben dem Auge ſo ſchmerzhaft, daß
ich die meinigen abwaͤrts wandte, und mich an
ihrem Widerſchein auf dem Kirchenboden freute —

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[373/0387] Theil zu ſehen, es ſey denn ein unentbehrlicher krebsrother Kriegsknecht, wo es um des Glau- bens willen irgend einen Acte de rigeur bedarf. Als Kunſtſtudium muͤſſen dieſe Darſtellungen einen merkwuͤrdigen Werth haben, mir Layen konnten ſie gar kein Vergnuͤgen gewaͤhren, als das der Far- ben — dieſes genoß ich aber auch wie ein Kind. Kein froͤhlicheres Lichtſpiel muß es geben, wie das Blau, das Violett, das lachende Gruͤn! Es iſt ein Zauber mit dem man im myſtiſchen Verkehr ſteht, denn die Vernunft ſieht ganz dumm aus, daß das Herz ſo leicht ſich bewegt bei den bunten Strahlen des innig reinen farbenloſen Lichtes. Das Blau iſt uͤber alles ſchoͤn, und bei architektoniſchen Verzierungen muͤßten ſich dieſe Glaͤſer auch zu modernem Gebrauche eignen. Verſchiedene der Fenſter ſtellen Saͤulen dar, auch Portale, zwiſchen denen der Himmel hervorblickt — ſo herrlich, ſo ſtrahlend, daß es war, als muͤßte man die wir- belnden Lerchen darin hoͤren. Und es war drauſ- ſen eben ein wolkiger Himmel, aus dem nur ſel- ten die Sonne hervorbrach — dann war aber der Glanz der Farben dem Auge ſo ſchmerzhaft, daß ich die meinigen abwaͤrts wandte, und mich an ihrem Widerſchein auf dem Kirchenboden freute —

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/387>, abgerufen am 24.11.2024.