Theil zu sehen, es sey denn ein unentbehrlicher krebsrother Kriegsknecht, wo es um des Glau- bens willen irgend einen Acte de rigeur bedarf. Als Kunststudium müssen diese Darstellungen einen merkwürdigen Werth haben, mir Layen konnten sie gar kein Vergnügen gewähren, als das der Far- ben -- dieses genoß ich aber auch wie ein Kind. Kein fröhlicheres Lichtspiel muß es geben, wie das Blau, das Violett, das lachende Grün! Es ist ein Zauber mit dem man im mystischen Verkehr steht, denn die Vernunft sieht ganz dumm aus, daß das Herz so leicht sich bewegt bei den bunten Strahlen des innig reinen farbenlosen Lichtes. Das Blau ist über alles schön, und bei architektonischen Verzierungen müßten sich diese Gläser auch zu modernem Gebrauche eignen. Verschiedene der Fenster stellen Säulen dar, auch Portale, zwischen denen der Himmel hervorblickt -- so herrlich, so strahlend, daß es war, als müßte man die wir- belnden Lerchen darin hören. Und es war draus- sen eben ein wolkiger Himmel, aus dem nur sel- ten die Sonne hervorbrach -- dann war aber der Glanz der Farben dem Auge so schmerzhaft, daß ich die meinigen abwärts wandte, und mich an ihrem Widerschein auf dem Kirchenboden freute --
Theil zu ſehen, es ſey denn ein unentbehrlicher krebsrother Kriegsknecht, wo es um des Glau- bens willen irgend einen Acte de rigeur bedarf. Als Kunſtſtudium muͤſſen dieſe Darſtellungen einen merkwuͤrdigen Werth haben, mir Layen konnten ſie gar kein Vergnuͤgen gewaͤhren, als das der Far- ben — dieſes genoß ich aber auch wie ein Kind. Kein froͤhlicheres Lichtſpiel muß es geben, wie das Blau, das Violett, das lachende Gruͤn! Es iſt ein Zauber mit dem man im myſtiſchen Verkehr ſteht, denn die Vernunft ſieht ganz dumm aus, daß das Herz ſo leicht ſich bewegt bei den bunten Strahlen des innig reinen farbenloſen Lichtes. Das Blau iſt uͤber alles ſchoͤn, und bei architektoniſchen Verzierungen muͤßten ſich dieſe Glaͤſer auch zu modernem Gebrauche eignen. Verſchiedene der Fenſter ſtellen Saͤulen dar, auch Portale, zwiſchen denen der Himmel hervorblickt — ſo herrlich, ſo ſtrahlend, daß es war, als muͤßte man die wir- belnden Lerchen darin hoͤren. Und es war drauſ- ſen eben ein wolkiger Himmel, aus dem nur ſel- ten die Sonne hervorbrach — dann war aber der Glanz der Farben dem Auge ſo ſchmerzhaft, daß ich die meinigen abwaͤrts wandte, und mich an ihrem Widerſchein auf dem Kirchenboden freute —
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0387"n="373"/>
Theil zu ſehen, es ſey denn ein unentbehrlicher<lb/>
krebsrother Kriegsknecht, wo es um des Glau-<lb/>
bens willen irgend einen <hirendition="#aq">Acte de rigeur</hi> bedarf.<lb/>
Als Kunſtſtudium muͤſſen dieſe Darſtellungen einen<lb/>
merkwuͤrdigen Werth haben, mir Layen konnten<lb/>ſie gar kein Vergnuͤgen gewaͤhren, als das der Far-<lb/>
ben — dieſes genoß ich aber auch wie ein Kind.<lb/>
Kein froͤhlicheres Lichtſpiel muß es geben, wie das<lb/>
Blau, das Violett, das lachende Gruͤn! Es iſt<lb/>
ein Zauber mit dem man im myſtiſchen Verkehr<lb/>ſteht, denn die Vernunft ſieht ganz dumm aus,<lb/>
daß das Herz ſo leicht ſich bewegt bei den bunten<lb/>
Strahlen des innig reinen farbenloſen Lichtes. Das<lb/>
Blau iſt uͤber alles ſchoͤn, und bei architektoniſchen<lb/>
Verzierungen muͤßten ſich dieſe Glaͤſer auch zu<lb/>
modernem Gebrauche eignen. Verſchiedene der<lb/>
Fenſter ſtellen Saͤulen dar, auch Portale, zwiſchen<lb/>
denen der Himmel hervorblickt —ſo herrlich, ſo<lb/>ſtrahlend, daß es war, als muͤßte man die wir-<lb/>
belnden Lerchen darin hoͤren. Und es war drauſ-<lb/>ſen eben ein wolkiger Himmel, aus dem nur ſel-<lb/>
ten die Sonne hervorbrach — dann war aber der<lb/>
Glanz der Farben dem Auge ſo ſchmerzhaft, daß<lb/>
ich die meinigen abwaͤrts wandte, und mich an<lb/>
ihrem Widerſchein auf dem Kirchenboden freute —<lb/></p></div></body></text></TEI>
[373/0387]
Theil zu ſehen, es ſey denn ein unentbehrlicher
krebsrother Kriegsknecht, wo es um des Glau-
bens willen irgend einen Acte de rigeur bedarf.
Als Kunſtſtudium muͤſſen dieſe Darſtellungen einen
merkwuͤrdigen Werth haben, mir Layen konnten
ſie gar kein Vergnuͤgen gewaͤhren, als das der Far-
ben — dieſes genoß ich aber auch wie ein Kind.
Kein froͤhlicheres Lichtſpiel muß es geben, wie das
Blau, das Violett, das lachende Gruͤn! Es iſt
ein Zauber mit dem man im myſtiſchen Verkehr
ſteht, denn die Vernunft ſieht ganz dumm aus,
daß das Herz ſo leicht ſich bewegt bei den bunten
Strahlen des innig reinen farbenloſen Lichtes. Das
Blau iſt uͤber alles ſchoͤn, und bei architektoniſchen
Verzierungen muͤßten ſich dieſe Glaͤſer auch zu
modernem Gebrauche eignen. Verſchiedene der
Fenſter ſtellen Saͤulen dar, auch Portale, zwiſchen
denen der Himmel hervorblickt — ſo herrlich, ſo
ſtrahlend, daß es war, als muͤßte man die wir-
belnden Lerchen darin hoͤren. Und es war drauſ-
ſen eben ein wolkiger Himmel, aus dem nur ſel-
ten die Sonne hervorbrach — dann war aber der
Glanz der Farben dem Auge ſo ſchmerzhaft, daß
ich die meinigen abwaͤrts wandte, und mich an
ihrem Widerſchein auf dem Kirchenboden freute —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/387>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.