In Gouda sah ich die Pfeifenfabriken, die mir Freude machten, von denen ich euch aber nichts sage, weil ihr Beschreibungen davon lesen könnt in allen technischen Büchern; leset sie aber auch, denn die mechanischen Kunstgriffe bei dieser Arbeit sind sehr hübsch. Mit so einer irdenen, langen, wohlverzierten Pfeife zu rauchen, scheint mir die wahre Ode des Rauchens zu seyn, die persische Pfeife ist die Epopee. -- Man könnte die Gattun- gen sehr vervielfältigen, denn die kurze, kleine Pfeife der Soldaten und Tagelöhner verdient ge- wiß den Rang der Knittelverse und Inprovisato- ren, unter denen oft einzelne Körnlein des Schön- sten aus allen Gattungen mit unter vorkommen, den Ulmer Pfeifenkopf weiß ich in keine Dichtart zu ordnen, seine unpoetische Form eignet ihn nur zum Sinnbild der plattesten Prosa.
Man hatte mich sehr ermahnt, die Kirche zu besuchen, die ihrer schönen gemahlten Fenster we-
A a 2
Vierzehnter Abſchnitt.
In Gouda ſah ich die Pfeifenfabriken, die mir Freude machten, von denen ich euch aber nichts ſage, weil ihr Beſchreibungen davon leſen koͤnnt in allen techniſchen Buͤchern; leſet ſie aber auch, denn die mechaniſchen Kunſtgriffe bei dieſer Arbeit ſind ſehr huͤbſch. Mit ſo einer irdenen, langen, wohlverzierten Pfeife zu rauchen, ſcheint mir die wahre Ode des Rauchens zu ſeyn, die perſiſche Pfeife iſt die Epopee. — Man koͤnnte die Gattun- gen ſehr vervielfaͤltigen, denn die kurze, kleine Pfeife der Soldaten und Tageloͤhner verdient ge- wiß den Rang der Knittelverſe und Inproviſato- ren, unter denen oft einzelne Koͤrnlein des Schoͤn- ſten aus allen Gattungen mit unter vorkommen, den Ulmer Pfeifenkopf weiß ich in keine Dichtart zu ordnen, ſeine unpoetiſche Form eignet ihn nur zum Sinnbild der platteſten Proſa.
Man hatte mich ſehr ermahnt, die Kirche zu beſuchen, die ihrer ſchoͤnen gemahlten Fenſter we-
A a 2
<TEI><text><body><pbfacs="#f0385"n="371"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="1"><head><hirendition="#g">Vierzehnter Abſchnitt</hi>.</head><lb/><p><hirendition="#in">I</hi>n Gouda ſah ich die Pfeifenfabriken, die mir<lb/>
Freude machten, von denen ich euch aber nichts<lb/>ſage, weil ihr Beſchreibungen davon leſen koͤnnt<lb/>
in allen techniſchen Buͤchern; leſet ſie aber auch,<lb/>
denn die mechaniſchen Kunſtgriffe bei dieſer Arbeit<lb/>ſind ſehr huͤbſch. Mit ſo einer irdenen, langen,<lb/>
wohlverzierten Pfeife zu rauchen, ſcheint mir die<lb/>
wahre Ode des Rauchens zu ſeyn, die perſiſche<lb/>
Pfeife iſt die Epopee. — Man koͤnnte die Gattun-<lb/>
gen ſehr vervielfaͤltigen, denn die kurze, kleine<lb/>
Pfeife der Soldaten und Tageloͤhner verdient ge-<lb/>
wiß den Rang der Knittelverſe und Inproviſato-<lb/>
ren, unter denen oft einzelne Koͤrnlein des Schoͤn-<lb/>ſten aus allen Gattungen mit unter vorkommen,<lb/>
den Ulmer Pfeifenkopf weiß ich in keine Dichtart<lb/>
zu ordnen, ſeine unpoetiſche Form eignet ihn nur<lb/>
zum Sinnbild der platteſten Proſa.</p><lb/><p>Man hatte mich ſehr ermahnt, die Kirche zu<lb/>
beſuchen, die ihrer ſchoͤnen gemahlten Fenſter we-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A a 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[371/0385]
Vierzehnter Abſchnitt.
In Gouda ſah ich die Pfeifenfabriken, die mir
Freude machten, von denen ich euch aber nichts
ſage, weil ihr Beſchreibungen davon leſen koͤnnt
in allen techniſchen Buͤchern; leſet ſie aber auch,
denn die mechaniſchen Kunſtgriffe bei dieſer Arbeit
ſind ſehr huͤbſch. Mit ſo einer irdenen, langen,
wohlverzierten Pfeife zu rauchen, ſcheint mir die
wahre Ode des Rauchens zu ſeyn, die perſiſche
Pfeife iſt die Epopee. — Man koͤnnte die Gattun-
gen ſehr vervielfaͤltigen, denn die kurze, kleine
Pfeife der Soldaten und Tageloͤhner verdient ge-
wiß den Rang der Knittelverſe und Inproviſato-
ren, unter denen oft einzelne Koͤrnlein des Schoͤn-
ſten aus allen Gattungen mit unter vorkommen,
den Ulmer Pfeifenkopf weiß ich in keine Dichtart
zu ordnen, ſeine unpoetiſche Form eignet ihn nur
zum Sinnbild der platteſten Proſa.
Man hatte mich ſehr ermahnt, die Kirche zu
beſuchen, die ihrer ſchoͤnen gemahlten Fenſter we-
A a 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/385>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.