ten in Friedenszeiten schon vielmals mit andern Hunderten abgewechselt -- welche Stockung muß dieses durch alle Gewerbe verbreiten! Diese schmerz- liche Betrachtung führt dann wieder zur erfreuli- chen von den Hülfsquellen, die einem kultivirten, durch Gesetze geregelten Volke zu Gebote stehen. Ohne Zweifel verarmen die Menschen, allein sie warten doch, und im Warten entstehen wieder Mittel zum warten. Denken wir uns einen Ha- fen oder Handelsort der Levante unter ähnlichem Drucke -- was würde aus so einer Stadt und ih- ren Bewohnern? Wohl mag die Verarmung man- chen hier demoralisiren, aber die Beschränkung be- lebt auch aufs neue manches sittliche Gute, und der Charakter dieses braven Volks, so wie die Züge, die ich aufsammelte, müsten mich trügen, oder dem größern Theil der Holländer entstehen aus ihrer unglücklichen Lage noch die sittlichen Vor- theile der Beschränkung. Diese gebiert dann ein Zusammenhalten von Kraft, die in bessern Zeiten den Wohlstand schnell wieder herstellen kann.
Der lange Quai vom Hafen längs der Maas, würde der von mir vorgezogene Theil der Stadt seyn. -- Er ist in einer Länge von einer halben Stunde mit lauter schönen Häusern besetzt, von
ten in Friedenszeiten ſchon vielmals mit andern Hunderten abgewechſelt — welche Stockung muß dieſes durch alle Gewerbe verbreiten! Dieſe ſchmerz- liche Betrachtung fuͤhrt dann wieder zur erfreuli- chen von den Huͤlfsquellen, die einem kultivirten, durch Geſetze geregelten Volke zu Gebote ſtehen. Ohne Zweifel verarmen die Menſchen, allein ſie warten doch, und im Warten entſtehen wieder Mittel zum warten. Denken wir uns einen Ha- fen oder Handelsort der Levante unter aͤhnlichem Drucke — was wuͤrde aus ſo einer Stadt und ih- ren Bewohnern? Wohl mag die Verarmung man- chen hier demoraliſiren, aber die Beſchraͤnkung be- lebt auch aufs neue manches ſittliche Gute, und der Charakter dieſes braven Volks, ſo wie die Zuͤge, die ich aufſammelte, muͤſten mich truͤgen, oder dem groͤßern Theil der Hollaͤnder entſtehen aus ihrer ungluͤcklichen Lage noch die ſittlichen Vor- theile der Beſchraͤnkung. Dieſe gebiert dann ein Zuſammenhalten von Kraft, die in beſſern Zeiten den Wohlſtand ſchnell wieder herſtellen kann.
Der lange Quai vom Hafen laͤngs der Maas, wuͤrde der von mir vorgezogene Theil der Stadt ſeyn. — Er iſt in einer Laͤnge von einer halben Stunde mit lauter ſchoͤnen Haͤuſern beſetzt, von
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0380"n="366"/>
ten in Friedenszeiten ſchon vielmals mit andern<lb/>
Hunderten abgewechſelt — welche Stockung muß<lb/>
dieſes durch alle Gewerbe verbreiten! Dieſe ſchmerz-<lb/>
liche Betrachtung fuͤhrt dann wieder zur erfreuli-<lb/>
chen von den Huͤlfsquellen, die einem kultivirten,<lb/>
durch Geſetze geregelten Volke zu Gebote ſtehen.<lb/>
Ohne Zweifel verarmen die Menſchen, allein ſie<lb/>
warten doch, und im Warten entſtehen wieder<lb/>
Mittel zum warten. Denken wir uns einen Ha-<lb/>
fen oder Handelsort der Levante unter aͤhnlichem<lb/>
Drucke — was wuͤrde aus ſo einer Stadt und ih-<lb/>
ren Bewohnern? Wohl mag die Verarmung man-<lb/>
chen hier demoraliſiren, aber die Beſchraͤnkung be-<lb/>
lebt auch aufs neue manches ſittliche Gute, und<lb/>
der Charakter dieſes braven Volks, ſo wie die Zuͤge,<lb/>
die ich aufſammelte, muͤſten mich truͤgen, oder<lb/>
dem groͤßern Theil der Hollaͤnder entſtehen aus<lb/>
ihrer ungluͤcklichen Lage noch die ſittlichen Vor-<lb/>
theile der Beſchraͤnkung. Dieſe gebiert dann ein<lb/>
Zuſammenhalten von Kraft, die in beſſern Zeiten<lb/>
den Wohlſtand ſchnell wieder herſtellen kann.</p><lb/><p>Der lange <hirendition="#aq">Quai</hi> vom Hafen laͤngs der Maas,<lb/>
wuͤrde der von mir vorgezogene Theil der Stadt<lb/>ſeyn. — Er iſt in einer Laͤnge von einer halben<lb/>
Stunde mit lauter ſchoͤnen Haͤuſern beſetzt, von<lb/></p></div></body></text></TEI>
[366/0380]
ten in Friedenszeiten ſchon vielmals mit andern
Hunderten abgewechſelt — welche Stockung muß
dieſes durch alle Gewerbe verbreiten! Dieſe ſchmerz-
liche Betrachtung fuͤhrt dann wieder zur erfreuli-
chen von den Huͤlfsquellen, die einem kultivirten,
durch Geſetze geregelten Volke zu Gebote ſtehen.
Ohne Zweifel verarmen die Menſchen, allein ſie
warten doch, und im Warten entſtehen wieder
Mittel zum warten. Denken wir uns einen Ha-
fen oder Handelsort der Levante unter aͤhnlichem
Drucke — was wuͤrde aus ſo einer Stadt und ih-
ren Bewohnern? Wohl mag die Verarmung man-
chen hier demoraliſiren, aber die Beſchraͤnkung be-
lebt auch aufs neue manches ſittliche Gute, und
der Charakter dieſes braven Volks, ſo wie die Zuͤge,
die ich aufſammelte, muͤſten mich truͤgen, oder
dem groͤßern Theil der Hollaͤnder entſtehen aus
ihrer ungluͤcklichen Lage noch die ſittlichen Vor-
theile der Beſchraͤnkung. Dieſe gebiert dann ein
Zuſammenhalten von Kraft, die in beſſern Zeiten
den Wohlſtand ſchnell wieder herſtellen kann.
Der lange Quai vom Hafen laͤngs der Maas,
wuͤrde der von mir vorgezogene Theil der Stadt
ſeyn. — Er iſt in einer Laͤnge von einer halben
Stunde mit lauter ſchoͤnen Haͤuſern beſetzt, von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/380>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.