stranz, die von Diamanten und Gold, selbst in Gestalt einer strahlenden Sonne, gearbeitet war. Frühlingswehen säuselte in den heiligen Fahnen wie das Allerheiligste aus der Kirche über dem Blumenpfad getragen ward, der über den, mit zahllosem Volk angefüllten Platz führte. Das schöne, schöne Fest! was könnte aus ihm nicht ge- macht werden! gebt bei eurer Feste Feier euern Hausvätern, euren Matronen, euren Jung- frauen wieder einen Antheil, eignet ihnen die Feiertage eurer kirchlichen Helden zu, vereint den Staatsbürger mit der Staatsreligion, laßt vor dem Auge des Volkes den Mann das Weib erblik- ken, und trennt sie mehr im täglichen Leben, in welchem der Mann jetzt zum Weibe, und das Weib zum Manne wird, beide entartete Ge- schlechter. -- Dann sah ich diese ehrwürdigen Ge- bäude wieder bei der Todtenfeier des Kaiser Jo- seph. Schwarz umhangen die hohen Säulen, der hohe Kataphalk, dieser und das Chor mit zahllo- sen gelben Kerzen erleuchtet, die Priester in Trauergewande gehüllt, leise über den schwarz belegten Boden gleitend -- das dumpfe Summen der Menge, dann die gedämpften Schmerzentöne von der Orgel herab! -- O wer einmal einem
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ſtranz, die von Diamanten und Gold, ſelbſt in Geſtalt einer ſtrahlenden Sonne, gearbeitet war. Fruͤhlingswehen ſaͤuſelte in den heiligen Fahnen wie das Allerheiligſte aus der Kirche uͤber dem Blumenpfad getragen ward, der uͤber den, mit zahlloſem Volk angefuͤllten Platz fuͤhrte. Das ſchoͤne, ſchoͤne Feſt! was koͤnnte aus ihm nicht ge- macht werden! gebt bei eurer Feſte Feier euern Hausvaͤtern, euren Matronen, euren Jung- frauen wieder einen Antheil, eignet ihnen die Feiertage eurer kirchlichen Helden zu, vereint den Staatsbuͤrger mit der Staatsreligion, laßt vor dem Auge des Volkes den Mann das Weib erblik- ken, und trennt ſie mehr im taͤglichen Leben, in welchem der Mann jetzt zum Weibe, und das Weib zum Manne wird, beide entartete Ge- ſchlechter. — Dann ſah ich dieſe ehrwuͤrdigen Ge- baͤude wieder bei der Todtenfeier des Kaiſer Jo- ſeph. Schwarz umhangen die hohen Saͤulen, der hohe Kataphalk, dieſer und das Chor mit zahllo- ſen gelben Kerzen erleuchtet, die Prieſter in Trauergewande gehuͤllt, leiſe uͤber den ſchwarz belegten Boden gleitend — das dumpfe Summen der Menge, dann die gedaͤmpften Schmerzentoͤne von der Orgel herab! — O wer einmal einem
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ſtranz, die von Diamanten und Gold, ſelbſt in
Geſtalt einer ſtrahlenden Sonne, gearbeitet war.
Fruͤhlingswehen ſaͤuſelte in den heiligen Fahnen
wie das Allerheiligſte aus der Kirche uͤber dem
Blumenpfad getragen ward, der uͤber den, mit
zahlloſem Volk angefuͤllten Platz fuͤhrte. Das
ſchoͤne, ſchoͤne Feſt! was koͤnnte aus ihm nicht ge-
macht werden! gebt bei eurer Feſte Feier euern
Hausvaͤtern, euren Matronen, euren Jung-
frauen wieder einen Antheil, eignet ihnen die
Feiertage eurer kirchlichen Helden zu, vereint den
Staatsbuͤrger mit der Staatsreligion, laßt vor
dem Auge des Volkes den Mann das Weib erblik-
ken, und trennt ſie mehr im taͤglichen Leben,
in welchem der Mann jetzt zum Weibe, und das
Weib zum Manne wird, beide entartete Ge-
ſchlechter. — Dann ſah ich dieſe ehrwuͤrdigen Ge-
baͤude wieder bei der Todtenfeier des Kaiſer Jo-
ſeph. Schwarz umhangen die hohen Saͤulen, der
hohe Kataphalk, dieſer und das Chor mit zahllo-
ſen gelben Kerzen erleuchtet, die Prieſter in
Trauergewande gehuͤllt, leiſe uͤber den ſchwarz
belegten Boden gleitend — das dumpfe Summen
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/33>, abgerufen am 24.11.2024.
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