ein Plätzchen, wo ihr Fuß wandelte, durch so ei- nen furchtbaren Vorgang berühmt ward -- wäre ich mir nicht bewußt, jetzt in meine mürrische Laune zu gerathen, so nennte ich ihre vielfältige Theilnahme einen weichlichen Egoismus -- und damit träte ich doch mancher guten Seele zu nahe. Rückwärts also zu meiner Erzählung.
Der Schutt ist von dem Schauplatz des Un- glücks nicht allein weggeräumt, sondern er ist zu einem sehr schönen freien Platz umgewandelt wor- den, der schon mit Gras bedeckt und mit Bäumen bepflanzt ist. Die Häuser, welche diesen Platz umgaben, sind alle wieder ausgebessert, einige kleinere an der nördlichen Seite ausgenommen, deren Eigenthümer vielleicht auf neue Unterstützung von ihren wohlthätigen Mitbürgern warten müs- sen. An ihnen sahe ich große Risse, die durch die ganze Wand gingen, und mir auf eine schauder- volle Art die Folgen eines Erdbebens darzustellen schienen. Im ersten Moment war das auch die Meinung der armen Einwohner, daß ein Erdbe- ben sie zerstöre, und lange nach der Explosion deuchte es ihnen, daß die Erde schwanke. Da die ganze Wirkung des Pulvers von der Oberfläche des Wassers ausging, kann diese Wahrnehmung
ein Plaͤtzchen, wo ihr Fuß wandelte, durch ſo ei- nen furchtbaren Vorgang beruͤhmt ward — waͤre ich mir nicht bewußt, jetzt in meine muͤrriſche Laune zu gerathen, ſo nennte ich ihre vielfaͤltige Theilnahme einen weichlichen Egoismus — und damit traͤte ich doch mancher guten Seele zu nahe. Ruͤckwaͤrts alſo zu meiner Erzaͤhlung.
Der Schutt iſt von dem Schauplatz des Un- gluͤcks nicht allein weggeraͤumt, ſondern er iſt zu einem ſehr ſchoͤnen freien Platz umgewandelt wor- den, der ſchon mit Gras bedeckt und mit Baͤumen bepflanzt iſt. Die Haͤuſer, welche dieſen Platz umgaben, ſind alle wieder ausgebeſſert, einige kleinere an der noͤrdlichen Seite ausgenommen, deren Eigenthuͤmer vielleicht auf neue Unterſtuͤtzung von ihren wohlthaͤtigen Mitbuͤrgern warten muͤſ- ſen. An ihnen ſahe ich große Riſſe, die durch die ganze Wand gingen, und mir auf eine ſchauder- volle Art die Folgen eines Erdbebens darzuſtellen ſchienen. Im erſten Moment war das auch die Meinung der armen Einwohner, daß ein Erdbe- ben ſie zerſtoͤre, und lange nach der Exploſion deuchte es ihnen, daß die Erde ſchwanke. Da die ganze Wirkung des Pulvers von der Oberflaͤche des Waſſers ausging, kann dieſe Wahrnehmung
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ein Plaͤtzchen, wo ihr Fuß wandelte, durch ſo ei-
nen furchtbaren Vorgang beruͤhmt ward — waͤre
ich mir nicht bewußt, jetzt in meine muͤrriſche
Laune zu gerathen, ſo nennte ich ihre vielfaͤltige
Theilnahme einen weichlichen Egoismus — und
damit traͤte ich doch mancher guten Seele zu nahe.
Ruͤckwaͤrts alſo zu meiner Erzaͤhlung.
Der Schutt iſt von dem Schauplatz des Un-
gluͤcks nicht allein weggeraͤumt, ſondern er iſt zu
einem ſehr ſchoͤnen freien Platz umgewandelt wor-
den, der ſchon mit Gras bedeckt und mit Baͤumen
bepflanzt iſt. Die Haͤuſer, welche dieſen Platz
umgaben, ſind alle wieder ausgebeſſert, einige
kleinere an der noͤrdlichen Seite ausgenommen,
deren Eigenthuͤmer vielleicht auf neue Unterſtuͤtzung
von ihren wohlthaͤtigen Mitbuͤrgern warten muͤſ-
ſen. An ihnen ſahe ich große Riſſe, die durch die
ganze Wand gingen, und mir auf eine ſchauder-
volle Art die Folgen eines Erdbebens darzuſtellen
ſchienen. Im erſten Moment war das auch die
Meinung der armen Einwohner, daß ein Erdbe-
ben ſie zerſtoͤre, und lange nach der Exploſion
deuchte es ihnen, daß die Erde ſchwanke. Da die
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/328>, abgerufen am 24.11.2024.
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