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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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ners Bibel, die doch wohl in ihrer Einfalt ein grös-
seres und dankbareres Publikum hatte, als die
neusten und vernünftigsten. Haben denn die Hol-
länder ihre Kalköfen den Egyptern nachgeahmt,
und die damaligen Zeichner sie alle von den Hol-
ländern copirt? Mir kams recht biblisch vor, und
die aus der Kindheit stammende Fantasie suchte
neben den weißen, kahlen Oefen die krummen
Palmenbäume, und die braunen Egypter, welche
in unsern frommen Kunstwerken um die bösen Oefen
gefälligst herum zu wachsen, und grimmigst her-
um zu schnauben belieben. Es ist ein öder An-
blick. Die blendend weißen Massen mahlten sich
hart auf dem satten Wiesengrün, brauner Rauch
umflorte den dunkelblauen Herbsthimmel, längs
dem Kanale lagen Muschelhaufen aufgeschichtet,
von denen die Sonne peinlich blendend zurückstrahl-
te. Man führt sie von den nördlichen Seeufern
in zahllosen Lasten hierher. Welche zerstörte Schö-
pfung! -- Doch, lebten mehr Wesen um jenen
Muschelhaufen zu bilden, als die Erde, welche
diesen Rosenstrauch trägt? Ists nicht minder Sin-
nentäuschung, daß uns jene Muscheln deutlicher
aus Leben erinnern, als die Hand voll Erde, in
deren Staub jede Gestaltung schon vernichtet ist?

ners Bibel, die doch wohl in ihrer Einfalt ein groͤſ-
ſeres und dankbareres Publikum hatte, als die
neuſten und vernuͤnftigſten. Haben denn die Hol-
laͤnder ihre Kalkoͤfen den Egyptern nachgeahmt,
und die damaligen Zeichner ſie alle von den Hol-
laͤndern copirt? Mir kams recht bibliſch vor, und
die aus der Kindheit ſtammende Fantaſie ſuchte
neben den weißen, kahlen Oefen die krummen
Palmenbaͤume, und die braunen Egypter, welche
in unſern frommen Kunſtwerken um die boͤſen Oefen
gefaͤlligſt herum zu wachſen, und grimmigſt her-
um zu ſchnauben belieben. Es iſt ein oͤder An-
blick. Die blendend weißen Maſſen mahlten ſich
hart auf dem ſatten Wieſengruͤn, brauner Rauch
umflorte den dunkelblauen Herbſthimmel, laͤngs
dem Kanale lagen Muſchelhaufen aufgeſchichtet,
von denen die Sonne peinlich blendend zuruͤckſtrahl-
te. Man fuͤhrt ſie von den noͤrdlichen Seeufern
in zahlloſen Laſten hierher. Welche zerſtoͤrte Schoͤ-
pfung! — Doch, lebten mehr Weſen um jenen
Muſchelhaufen zu bilden, als die Erde, welche
dieſen Roſenſtrauch traͤgt? Iſts nicht minder Sin-
nentaͤuſchung, daß uns jene Muſcheln deutlicher
aus Leben erinnern, als die Hand voll Erde, in
deren Staub jede Geſtaltung ſchon vernichtet iſt?

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[304/0318] ners Bibel, die doch wohl in ihrer Einfalt ein groͤſ- ſeres und dankbareres Publikum hatte, als die neuſten und vernuͤnftigſten. Haben denn die Hol- laͤnder ihre Kalkoͤfen den Egyptern nachgeahmt, und die damaligen Zeichner ſie alle von den Hol- laͤndern copirt? Mir kams recht bibliſch vor, und die aus der Kindheit ſtammende Fantaſie ſuchte neben den weißen, kahlen Oefen die krummen Palmenbaͤume, und die braunen Egypter, welche in unſern frommen Kunſtwerken um die boͤſen Oefen gefaͤlligſt herum zu wachſen, und grimmigſt her- um zu ſchnauben belieben. Es iſt ein oͤder An- blick. Die blendend weißen Maſſen mahlten ſich hart auf dem ſatten Wieſengruͤn, brauner Rauch umflorte den dunkelblauen Herbſthimmel, laͤngs dem Kanale lagen Muſchelhaufen aufgeſchichtet, von denen die Sonne peinlich blendend zuruͤckſtrahl- te. Man fuͤhrt ſie von den noͤrdlichen Seeufern in zahlloſen Laſten hierher. Welche zerſtoͤrte Schoͤ- pfung! — Doch, lebten mehr Weſen um jenen Muſchelhaufen zu bilden, als die Erde, welche dieſen Roſenſtrauch traͤgt? Iſts nicht minder Sin- nentaͤuſchung, daß uns jene Muſcheln deutlicher aus Leben erinnern, als die Hand voll Erde, in deren Staub jede Geſtaltung ſchon vernichtet iſt?

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/318>, abgerufen am 24.11.2024.