ben, um 6 Uhr trinkt man wieder Thee mit But- terbrodt, und Abends nach 8 Uhr beschließen Kar- toffeln, Käse und Milchmus den Tag. Aber da- gegen geht auch ein rechtlicher Bauer sehr wenig ins Wirthshaus, er trinkt auch weder Bier noch Wein als gewöhnliches Getränk, der Wachholder- branntewein bleibt ihm ein Leckerbissen, den er mäs- sig genießt. Daß der Landmann bei so einer Le- bensweise wohlgenährt aussieht, daß die Weiber sich dabei gut erhalten, das begreift ihr leicht. Das Weib thut wenig Arbeit außer dem Hause, ihr ist das Käsemachen und Buttern überlassen, das ge- schieht zweimal den Tag, so wie der Mann, wel- cher die Kühe auf der Weide melkt, die Milch ins Haus bringt. Auch sehen die Weiber bis in ein spätes Alter blühend aus, wenn sie gleich früh ihre schlanke Gestalt verlieren, und schwerfällig und dick werden. Diese Menschen scheinen bei allem, was sie umgiebt, Bequemlichkeit, Rein- lichkeit, Symmetrie und frohe Farben zu bezwek- ken. Sollte man denn da nicht auf eine allgemei- ne Anlage zum Schönheitssinn schließen? War- um bestätigt die Vermuthung sich nicht? wenn ich mich umsehe so erstaune ich, daß alle Gegenstände das Gegentheil des Unangenehmen, und doch nie-
ben, um 6 Uhr trinkt man wieder Thee mit But- terbrodt, und Abends nach 8 Uhr beſchließen Kar- toffeln, Kaͤſe und Milchmus den Tag. Aber da- gegen geht auch ein rechtlicher Bauer ſehr wenig ins Wirthshaus, er trinkt auch weder Bier noch Wein als gewoͤhnliches Getraͤnk, der Wachholder- branntewein bleibt ihm ein Leckerbiſſen, den er maͤſ- ſig genießt. Daß der Landmann bei ſo einer Le- bensweiſe wohlgenaͤhrt ausſieht, daß die Weiber ſich dabei gut erhalten, das begreift ihr leicht. Das Weib thut wenig Arbeit außer dem Hauſe, ihr iſt das Kaͤſemachen und Buttern uͤberlaſſen, das ge- ſchieht zweimal den Tag, ſo wie der Mann, wel- cher die Kuͤhe auf der Weide melkt, die Milch ins Haus bringt. Auch ſehen die Weiber bis in ein ſpaͤtes Alter bluͤhend aus, wenn ſie gleich fruͤh ihre ſchlanke Geſtalt verlieren, und ſchwerfaͤllig und dick werden. Dieſe Menſchen ſcheinen bei allem, was ſie umgiebt, Bequemlichkeit, Rein- lichkeit, Symmetrie und frohe Farben zu bezwek- ken. Sollte man denn da nicht auf eine allgemei- ne Anlage zum Schoͤnheitsſinn ſchließen? War- um beſtaͤtigt die Vermuthung ſich nicht? wenn ich mich umſehe ſo erſtaune ich, daß alle Gegenſtaͤnde das Gegentheil des Unangenehmen, und doch nie-
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ben, um 6 Uhr trinkt man wieder Thee mit But-
terbrodt, und Abends nach 8 Uhr beſchließen Kar-
toffeln, Kaͤſe und Milchmus den Tag. Aber da-
gegen geht auch ein rechtlicher Bauer ſehr wenig
ins Wirthshaus, er trinkt auch weder Bier noch
Wein als gewoͤhnliches Getraͤnk, der Wachholder-
branntewein bleibt ihm ein Leckerbiſſen, den er maͤſ-
ſig genießt. Daß der Landmann bei ſo einer Le-
bensweiſe wohlgenaͤhrt ausſieht, daß die Weiber
ſich dabei gut erhalten, das begreift ihr leicht. Das
Weib thut wenig Arbeit außer dem Hauſe, ihr iſt
das Kaͤſemachen und Buttern uͤberlaſſen, das ge-
ſchieht zweimal den Tag, ſo wie der Mann, wel-
cher die Kuͤhe auf der Weide melkt, die Milch ins
Haus bringt. Auch ſehen die Weiber bis in ein
ſpaͤtes Alter bluͤhend aus, wenn ſie gleich fruͤh
ihre ſchlanke Geſtalt verlieren, und ſchwerfaͤllig
und dick werden. Dieſe Menſchen ſcheinen bei
allem, was ſie umgiebt, Bequemlichkeit, Rein-
lichkeit, Symmetrie und frohe Farben zu bezwek-
ken. Sollte man denn da nicht auf eine allgemei-
ne Anlage zum Schoͤnheitsſinn ſchließen? War-
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/281>, abgerufen am 24.11.2024.
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