der Comotion ausgelöschte Pfeife anzuzünden. Weiterhin schaut ein Domino -- so von einer klei- nen Landpfarre, dem Schiff entgegen -- er hat einen hinten hoch aufgerollten Haarputz, den das hellere darunter vorblickende Nackenhaar für eine Perücke erklärt, einen Japun von großblumig- ten Kattun mit einem Gurt unter dem Bauche gebunden, große runde silberne Schnallen, und eine drei Fuß lange Köllner Pfeife im Munde. Die Ruefsgesellschaft rückt höflich, der Gottes- mann nickt salbungsvoll, eine Magd reicht ihm ein Bündelchen nach, wo gewiß der Ornat drin ist, denn er will den Herrn Kollegen in dem näch- sten Dorfe besuchen -- und so geht es fort. Fecht- meister, Tanzmeister, Kinder, Kriegsleute -- aber nie hörte ich rauhe Reden, ein gellendes Ge- lächter, nie das Gequike der weiblichen Reisenden, das die Postwägen in Deutschland immer hindern wird, von Frauenzimmern aus dem Mittelstande benutzt zu werden. Die Contenance der hollän- dischen Ruefsgesellschaft schien mir immer sehr an- ständig.
Ich hatte mit meiner Freundin und ihrer Kam- merfrau den ersten Ruef, der Abend wo wir Am- sterdam verließen war schön -- die Sonne färbte
der Comotion ausgeloͤſchte Pfeife anzuzuͤnden. Weiterhin ſchaut ein Domino — ſo von einer klei- nen Landpfarre, dem Schiff entgegen — er hat einen hinten hoch aufgerollten Haarputz, den das hellere darunter vorblickende Nackenhaar fuͤr eine Peruͤcke erklaͤrt, einen Japun von großblumig- ten Kattun mit einem Gurt unter dem Bauche gebunden, große runde ſilberne Schnallen, und eine drei Fuß lange Koͤllner Pfeife im Munde. Die Ruefsgeſellſchaft ruͤckt hoͤflich, der Gottes- mann nickt ſalbungsvoll, eine Magd reicht ihm ein Buͤndelchen nach, wo gewiß der Ornat drin iſt, denn er will den Herrn Kollegen in dem naͤch- ſten Dorfe beſuchen — und ſo geht es fort. Fecht- meiſter, Tanzmeiſter, Kinder, Kriegsleute — aber nie hoͤrte ich rauhe Reden, ein gellendes Ge- laͤchter, nie das Gequike der weiblichen Reiſenden, das die Poſtwaͤgen in Deutſchland immer hindern wird, von Frauenzimmern aus dem Mittelſtande benutzt zu werden. Die Contenance der hollaͤn- diſchen Ruefsgeſellſchaft ſchien mir immer ſehr an- ſtaͤndig.
Ich hatte mit meiner Freundin und ihrer Kam- merfrau den erſten Ruef, der Abend wo wir Am- ſterdam verließen war ſchoͤn — die Sonne faͤrbte
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der Comotion ausgeloͤſchte Pfeife anzuzuͤnden.
Weiterhin ſchaut ein Domino — ſo von einer klei-
nen Landpfarre, dem Schiff entgegen — er hat
einen hinten hoch aufgerollten Haarputz, den das
hellere darunter vorblickende Nackenhaar fuͤr eine
Peruͤcke erklaͤrt, einen Japun von großblumig-
ten Kattun mit einem Gurt unter dem Bauche
gebunden, große runde ſilberne Schnallen, und
eine drei Fuß lange Koͤllner Pfeife im Munde.
Die Ruefsgeſellſchaft ruͤckt hoͤflich, der Gottes-
mann nickt ſalbungsvoll, eine Magd reicht ihm
ein Buͤndelchen nach, wo gewiß der Ornat drin
iſt, denn er will den Herrn Kollegen in dem naͤch-
ſten Dorfe beſuchen — und ſo geht es fort. Fecht-
meiſter, Tanzmeiſter, Kinder, Kriegsleute —
aber nie hoͤrte ich rauhe Reden, ein gellendes Ge-
laͤchter, nie das Gequike der weiblichen Reiſenden,
das die Poſtwaͤgen in Deutſchland immer hindern
wird, von Frauenzimmern aus dem Mittelſtande
benutzt zu werden. Die Contenance der hollaͤn-
diſchen Ruefsgeſellſchaft ſchien mir immer ſehr an-
ſtaͤndig.
Ich hatte mit meiner Freundin und ihrer Kam-
merfrau den erſten Ruef, der Abend wo wir Am-
ſterdam verließen war ſchoͤn — die Sonne faͤrbte
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/261>, abgerufen am 24.11.2024.
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