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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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des Schicksals? -- Wenn die Gewässer so flü-
stern und rollen, und der Wirbel geheimnißvoll
sich dreht, möchte ich mein Ohr zu ihnen neigen
und horchen auf die Jahrhunderte, die sie vor-
überfliehen sahen, auf das Verderben, das sie
einschließen. -- In ihrer beweglichen Gestalt sich
ewig ähnlich, scheinen sie mir die nie alternden
Zeugen der Weltgeschichte zu seyn. -- -- --

Die verschiedenen Gestalten der Schiffe sind
sehr bemerklich. Die feste, breite Philistergestalt
der Kauffahrer, die leichte pfeilschlanke Form
der Fregatte, -- es lag eine, die Morgenstunde
genannt, dicht an der Brücke, so nett angemahlt,
die Fenster der Kajüte so glänzend, die Rahmen
schneeweiß, die Wimpel flatterten lustig, und
sie schien mir der Aal unter den Schiffen zu
seyn. Ein aufgetakeltes seegelfertiges Kriegs-
schiff erscheint dagegen wie ein stolzer Schwan.
Nichts edleres wie dieser Bau! Inniger muß
Größe und Leichtigkeit nicht gepaart werden kön-
nen. Die Wellen wiegen es sanft, die bunten
Ankerkörbe plätschern um sein hohes Steuer und
Schnabel. Diese Ankerkörbe sind Maschinen von
groben Weiden in Gestalt einer vollen Spule ge-
bildet, und farbig angestrichen. Sie bezeichnen

des Schickſals? — Wenn die Gewaͤſſer ſo fluͤ-
ſtern und rollen, und der Wirbel geheimnißvoll
ſich dreht, moͤchte ich mein Ohr zu ihnen neigen
und horchen auf die Jahrhunderte, die ſie vor-
uͤberfliehen ſahen, auf das Verderben, das ſie
einſchließen. — In ihrer beweglichen Geſtalt ſich
ewig aͤhnlich, ſcheinen ſie mir die nie alternden
Zeugen der Weltgeſchichte zu ſeyn. — — —

Die verſchiedenen Geſtalten der Schiffe ſind
ſehr bemerklich. Die feſte, breite Philiſtergeſtalt
der Kauffahrer, die leichte pfeilſchlanke Form
der Fregatte, — es lag eine, die Morgenſtunde
genannt, dicht an der Bruͤcke, ſo nett angemahlt,
die Fenſter der Kajuͤte ſo glaͤnzend, die Rahmen
ſchneeweiß, die Wimpel flatterten luſtig, und
ſie ſchien mir der Aal unter den Schiffen zu
ſeyn. Ein aufgetakeltes ſeegelfertiges Kriegs-
ſchiff erſcheint dagegen wie ein ſtolzer Schwan.
Nichts edleres wie dieſer Bau! Inniger muß
Groͤße und Leichtigkeit nicht gepaart werden koͤn-
nen. Die Wellen wiegen es ſanft, die bunten
Ankerkoͤrbe plaͤtſchern um ſein hohes Steuer und
Schnabel. Dieſe Ankerkoͤrbe ſind Maſchinen von
groben Weiden in Geſtalt einer vollen Spule ge-
bildet, und farbig angeſtrichen. Sie bezeichnen

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[152/0166] des Schickſals? — Wenn die Gewaͤſſer ſo fluͤ- ſtern und rollen, und der Wirbel geheimnißvoll ſich dreht, moͤchte ich mein Ohr zu ihnen neigen und horchen auf die Jahrhunderte, die ſie vor- uͤberfliehen ſahen, auf das Verderben, das ſie einſchließen. — In ihrer beweglichen Geſtalt ſich ewig aͤhnlich, ſcheinen ſie mir die nie alternden Zeugen der Weltgeſchichte zu ſeyn. — — — Die verſchiedenen Geſtalten der Schiffe ſind ſehr bemerklich. Die feſte, breite Philiſtergeſtalt der Kauffahrer, die leichte pfeilſchlanke Form der Fregatte, — es lag eine, die Morgenſtunde genannt, dicht an der Bruͤcke, ſo nett angemahlt, die Fenſter der Kajuͤte ſo glaͤnzend, die Rahmen ſchneeweiß, die Wimpel flatterten luſtig, und ſie ſchien mir der Aal unter den Schiffen zu ſeyn. Ein aufgetakeltes ſeegelfertiges Kriegs- ſchiff erſcheint dagegen wie ein ſtolzer Schwan. Nichts edleres wie dieſer Bau! Inniger muß Groͤße und Leichtigkeit nicht gepaart werden koͤn- nen. Die Wellen wiegen es ſanft, die bunten Ankerkoͤrbe plaͤtſchern um ſein hohes Steuer und Schnabel. Dieſe Ankerkoͤrbe ſind Maſchinen von groben Weiden in Geſtalt einer vollen Spule ge- bildet, und farbig angeſtrichen. Sie bezeichnen

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/166>, abgerufen am 27.11.2024.