in der Diät gebietet, gegen die sich eigensinnig zu wehren, vielleicht dem Fremden oft schädlich wer- den mag. Man rieth mir hier Wein, und einen ziemlich starken rothen Wein zu trinken; ihr wür- det erschrecken, mich bei jeder Mahlzeit einige Gläser Medoc trinken zu sehen, aber es bekommt mir gut, ich empfinde keinen übeln Einfluß von diesem Clima, das man für mich so besonders nachtheilig hielt. Warum nun hier einige Gläser Wein auf einen Kopf, der sonst von einem Glase gespannt werden kann, nichts wirken, mag ein Gelehrter entscheiden. Mehrere Männer machten an sich, freilich nur in einem verschiedenen Maaß- stab, dieselbe Erfahrung.
Alle Montag ist Blumenmarkt in Amsterdam. Dort findet man in langen, langen Reihen alle Pracht dieser sinnvollen, leichtgestalteten, schnell- vorübereilenden, herrlichen Schöpfung vereinigt. Mir ward wie einem Kinde zu Muthe vor Erstau- nen und Freude und Wehmuth bei diesem An- blicke! Auf hohen Gerüsten stand die stolze, reiche Hortensia, über ihr das zahlreiche Geschlecht der Geranien mit ihren glühenden Farben, dann die schönsten Nelken und Levkoyen mit Stengeln, an denen zwanzig und dreißig Blumen so groß wie
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in der Diaͤt gebietet, gegen die ſich eigenſinnig zu wehren, vielleicht dem Fremden oft ſchaͤdlich wer- den mag. Man rieth mir hier Wein, und einen ziemlich ſtarken rothen Wein zu trinken; ihr wuͤr- det erſchrecken, mich bei jeder Mahlzeit einige Glaͤſer Medoc trinken zu ſehen, aber es bekommt mir gut, ich empfinde keinen uͤbeln Einfluß von dieſem Clima, das man fuͤr mich ſo beſonders nachtheilig hielt. Warum nun hier einige Glaͤſer Wein auf einen Kopf, der ſonſt von einem Glaſe geſpannt werden kann, nichts wirken, mag ein Gelehrter entſcheiden. Mehrere Maͤnner machten an ſich, freilich nur in einem verſchiedenen Maaß- ſtab, dieſelbe Erfahrung.
Alle Montag iſt Blumenmarkt in Amſterdam. Dort findet man in langen, langen Reihen alle Pracht dieſer ſinnvollen, leichtgeſtalteten, ſchnell- voruͤbereilenden, herrlichen Schoͤpfung vereinigt. Mir ward wie einem Kinde zu Muthe vor Erſtau- nen und Freude und Wehmuth bei dieſem An- blicke! Auf hohen Geruͤſten ſtand die ſtolze, reiche Hortenſia, uͤber ihr das zahlreiche Geſchlecht der Geranien mit ihren gluͤhenden Farben, dann die ſchoͤnſten Nelken und Levkoyen mit Stengeln, an denen zwanzig und dreißig Blumen ſo groß wie
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in der Diaͤt gebietet, gegen die ſich eigenſinnig zu
wehren, vielleicht dem Fremden oft ſchaͤdlich wer-
den mag. Man rieth mir hier Wein, und einen
ziemlich ſtarken rothen Wein zu trinken; ihr wuͤr-
det erſchrecken, mich bei jeder Mahlzeit einige
Glaͤſer Medoc trinken zu ſehen, aber es bekommt
mir gut, ich empfinde keinen uͤbeln Einfluß von
dieſem Clima, das man fuͤr mich ſo beſonders
nachtheilig hielt. Warum nun hier einige Glaͤſer
Wein auf einen Kopf, der ſonſt von einem Glaſe
geſpannt werden kann, nichts wirken, mag ein
Gelehrter entſcheiden. Mehrere Maͤnner machten
an ſich, freilich nur in einem verſchiedenen Maaß-
ſtab, dieſelbe Erfahrung.
Alle Montag iſt Blumenmarkt in Amſterdam.
Dort findet man in langen, langen Reihen alle
Pracht dieſer ſinnvollen, leichtgeſtalteten, ſchnell-
voruͤbereilenden, herrlichen Schoͤpfung vereinigt.
Mir ward wie einem Kinde zu Muthe vor Erſtau-
nen und Freude und Wehmuth bei dieſem An-
blicke! Auf hohen Geruͤſten ſtand die ſtolze, reiche
Hortenſia, uͤber ihr das zahlreiche Geſchlecht der
Geranien mit ihren gluͤhenden Farben, dann die
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/159>, abgerufen am 23.11.2024.
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