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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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Meine Freunde tadeln mich noch immer wegen
meiner spartanischen Lebensweise, und ich mache
ihnen dagegen die Bemerkung, wie sich die Be-
schränktheit des Menschen bis zur Naschhaftigkeit
erstrecke, und ich oft weinen möchte über meine
Unfähigkeit des Guten mehr zu genießen. Ach es
ist nicht die Sättigung, nicht die Näscherei, war-
um so eine Fülle köstlicher Früchte erfreut -- es ist
die Täuschung, die sie hervorbringt, als scheine
hier eine wärmere Sonne, und als werde bei ih-
rem holden Strahl jeder Lebensdruck erleichtert.
Aber das ist dann freilich eine Täuschung, wie die
Wärmekasten beweisen. Hesperiens Sonne mahl-
te diese Früchte nicht, und dieser ehrliche Gärtner
bedarf außer eines Obdachs noch der Dämme,
damit sein Garten nicht weggeschwemmt werde,
und des Torfes zu einem erwärmenden Winter-
feuer, und siebenfacher Kleidung gegen den schnei-
denden Nord -- nein! wo der Weinstock Schutz
gegen die Sonne sucht, am schattigten Oehlbaum,
da ist der Lebensdruck für den natürlichen Men-
schen erleichtert.

Meiner spartanischen Lebensweise, wie man
meine Mäßigkeit hier nennt, unbeschadet, finde
ich, daß die hiesige Luft eine große Veränderung

Meine Freunde tadeln mich noch immer wegen
meiner ſpartaniſchen Lebensweiſe, und ich mache
ihnen dagegen die Bemerkung, wie ſich die Be-
ſchraͤnktheit des Menſchen bis zur Naſchhaftigkeit
erſtrecke, und ich oft weinen moͤchte uͤber meine
Unfaͤhigkeit des Guten mehr zu genießen. Ach es
iſt nicht die Saͤttigung, nicht die Naͤſcherei, war-
um ſo eine Fuͤlle koͤſtlicher Fruͤchte erfreut — es iſt
die Taͤuſchung, die ſie hervorbringt, als ſcheine
hier eine waͤrmere Sonne, und als werde bei ih-
rem holden Strahl jeder Lebensdruck erleichtert.
Aber das iſt dann freilich eine Taͤuſchung, wie die
Waͤrmekaſten beweiſen. Hesperiens Sonne mahl-
te dieſe Fruͤchte nicht, und dieſer ehrliche Gaͤrtner
bedarf außer eines Obdachs noch der Daͤmme,
damit ſein Garten nicht weggeſchwemmt werde,
und des Torfes zu einem erwaͤrmenden Winter-
feuer, und ſiebenfacher Kleidung gegen den ſchnei-
denden Nord — nein! wo der Weinſtock Schutz
gegen die Sonne ſucht, am ſchattigten Oehlbaum,
da iſt der Lebensdruck fuͤr den natuͤrlichen Men-
ſchen erleichtert.

Meiner ſpartaniſchen Lebensweiſe, wie man
meine Maͤßigkeit hier nennt, unbeſchadet, finde
ich, daß die hieſige Luft eine große Veraͤnderung

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[144/0158] Meine Freunde tadeln mich noch immer wegen meiner ſpartaniſchen Lebensweiſe, und ich mache ihnen dagegen die Bemerkung, wie ſich die Be- ſchraͤnktheit des Menſchen bis zur Naſchhaftigkeit erſtrecke, und ich oft weinen moͤchte uͤber meine Unfaͤhigkeit des Guten mehr zu genießen. Ach es iſt nicht die Saͤttigung, nicht die Naͤſcherei, war- um ſo eine Fuͤlle koͤſtlicher Fruͤchte erfreut — es iſt die Taͤuſchung, die ſie hervorbringt, als ſcheine hier eine waͤrmere Sonne, und als werde bei ih- rem holden Strahl jeder Lebensdruck erleichtert. Aber das iſt dann freilich eine Taͤuſchung, wie die Waͤrmekaſten beweiſen. Hesperiens Sonne mahl- te dieſe Fruͤchte nicht, und dieſer ehrliche Gaͤrtner bedarf außer eines Obdachs noch der Daͤmme, damit ſein Garten nicht weggeſchwemmt werde, und des Torfes zu einem erwaͤrmenden Winter- feuer, und ſiebenfacher Kleidung gegen den ſchnei- denden Nord — nein! wo der Weinſtock Schutz gegen die Sonne ſucht, am ſchattigten Oehlbaum, da iſt der Lebensdruck fuͤr den natuͤrlichen Men- ſchen erleichtert. Meiner ſpartaniſchen Lebensweiſe, wie man meine Maͤßigkeit hier nennt, unbeſchadet, finde ich, daß die hieſige Luft eine große Veraͤnderung

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/158>, abgerufen am 23.11.2024.