warten, würde einzelne sehr schöne Stücke bei den Verkäufern finden können, die sie, obgleich nicht wohlfeil, wenn der Aufsatz nicht mehr vollständig ist, doch nicht theurer als die modigen Urnen der deutschen Fabriken verkaufen. In den alten Fa- milien sind noch Schätze von diesem Geschirr auf- bewahrt an Tisch- und Theeservicen, und wenn sie einen gewissen Grad der Pracht erreicht haben, sind sie der Mode nicht mehr unterworfen.
In den Artickeln schnell wechselnden, schim- mernden Luxus, des Hausgeräthes, des Anzugs, scheinen mir die Amsterdammer noch etwas zurück zu seyn. Das wird schon kommen! der Kreislauf muß vollendet werden; die ehrwürdige Größe muß dem zierlichen Glanze Platz machen; die mühsam erworbnen, sorgsam gehegten Reichthümer, müs- sen in tausend Kanäle wieder vertheilt werden. Ist das gut? ich weiß nicht! in so fern es unvermeid- lich ist, gewiß. Allein weh thut es mir, vielleicht mir weher als den Vätern, die wunderbare neue Artikel am Ende des Jahrs in ihren Haushaltsrechnun- gen finden werden, mehr wie den Müttern, die ihren Jugendstaat verachten hören, und sich selbst in der sechzehnjährigen Tochter nicht mehr erken- nen. Daß lang zusammen gehaltener Reichthum
warten, wuͤrde einzelne ſehr ſchoͤne Stuͤcke bei den Verkaͤufern finden koͤnnen, die ſie, obgleich nicht wohlfeil, wenn der Aufſatz nicht mehr vollſtaͤndig iſt, doch nicht theurer als die modigen Urnen der deutſchen Fabriken verkaufen. In den alten Fa- milien ſind noch Schaͤtze von dieſem Geſchirr auf- bewahrt an Tiſch- und Theeſervicen, und wenn ſie einen gewiſſen Grad der Pracht erreicht haben, ſind ſie der Mode nicht mehr unterworfen.
In den Artickeln ſchnell wechſelnden, ſchim- mernden Luxus, des Hausgeraͤthes, des Anzugs, ſcheinen mir die Amſterdammer noch etwas zuruͤck zu ſeyn. Das wird ſchon kommen! der Kreislauf muß vollendet werden; die ehrwuͤrdige Groͤße muß dem zierlichen Glanze Platz machen; die muͤhſam erworbnen, ſorgſam gehegten Reichthuͤmer, muͤſ- ſen in tauſend Kanaͤle wieder vertheilt werden. Iſt das gut? ich weiß nicht! in ſo fern es unvermeid- lich iſt, gewiß. Allein weh thut es mir, vielleicht mir weher als den Vaͤtern, die wunderbare neue Artikel am Ende des Jahrs in ihren Haushaltsrechnun- gen finden werden, mehr wie den Muͤttern, die ihren Jugendſtaat verachten hoͤren, und ſich ſelbſt in der ſechzehnjaͤhrigen Tochter nicht mehr erken- nen. Daß lang zuſammen gehaltener Reichthum
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warten, wuͤrde einzelne ſehr ſchoͤne Stuͤcke bei den
Verkaͤufern finden koͤnnen, die ſie, obgleich nicht
wohlfeil, wenn der Aufſatz nicht mehr vollſtaͤndig
iſt, doch nicht theurer als die modigen Urnen der
deutſchen Fabriken verkaufen. In den alten Fa-
milien ſind noch Schaͤtze von dieſem Geſchirr auf-
bewahrt an Tiſch- und Theeſervicen, und wenn
ſie einen gewiſſen Grad der Pracht erreicht haben,
ſind ſie der Mode nicht mehr unterworfen.
In den Artickeln ſchnell wechſelnden, ſchim-
mernden Luxus, des Hausgeraͤthes, des Anzugs,
ſcheinen mir die Amſterdammer noch etwas zuruͤck
zu ſeyn. Das wird ſchon kommen! der Kreislauf
muß vollendet werden; die ehrwuͤrdige Groͤße muß
dem zierlichen Glanze Platz machen; die muͤhſam
erworbnen, ſorgſam gehegten Reichthuͤmer, muͤſ-
ſen in tauſend Kanaͤle wieder vertheilt werden. Iſt
das gut? ich weiß nicht! in ſo fern es unvermeid-
lich iſt, gewiß. Allein weh thut es mir, vielleicht mir
weher als den Vaͤtern, die wunderbare neue Artikel
am Ende des Jahrs in ihren Haushaltsrechnun-
gen finden werden, mehr wie den Muͤttern, die
ihren Jugendſtaat verachten hoͤren, und ſich ſelbſt
in der ſechzehnjaͤhrigen Tochter nicht mehr erken-
nen. Daß lang zuſammen gehaltener Reichthum
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/153>, abgerufen am 24.11.2024.
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