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Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

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Flackerte entseelt der Polarstern
Und durch den wehenden Schweif der Kometen
Blitzten farbig die Meteore.
Sündfluth und Weltbrand brachen zugleich herein
Und Nacht und Licht, Ormuzd und Ahriman,
Kämpften noch einmal
Mit alter Kraft den alten Kampf
Um die endliche, ewige Herrschaft.
Aber die Menschheit, die ringende Menschheit,
Athmete auf -- zum ersten Mal!
Denn auch sie, ja auch sie, rüstete endlich
Den letzten, großen, den heiligen Krieg,
Den sie schon Jahrtausende lang
So heiß ersehnt hatte!
Oben, hoch oben,
Auf den lichten, sagenumwobenen,
Heiligen Bergen,
Das Haupt gen Westen,
Knieten ihre Führer,
Die Weisen des Abendlands,
Und rangen qualvoll
In heißen, brünstigen Gebeten,
Wie weiland Israel in der Wüste,
Oben, hoch oben!
Und unten, tief unten,
Durch die dunklen, wipfelverschatteten,
Grünen Thäler
Flackerte entſeelt der Polarſtern
Und durch den wehenden Schweif der Kometen
Blitzten farbig die Meteore.
Sündfluth und Weltbrand brachen zugleich herein
Und Nacht und Licht, Ormuzd und Ahriman,
Kämpften noch einmal
Mit alter Kraft den alten Kampf
Um die endliche, ewige Herrſchaft.
Aber die Menſchheit, die ringende Menſchheit,
Athmete auf — zum erſten Mal!
Denn auch ſie, ja auch ſie, rüſtete endlich
Den letzten, großen, den heiligen Krieg,
Den ſie ſchon Jahrtauſende lang
So heiß erſehnt hatte!
Oben, hoch oben,
Auf den lichten, ſagenumwobenen,
Heiligen Bergen,
Das Haupt gen Weſten,
Knieten ihre Führer,
Die Weiſen des Abendlands,
Und rangen qualvoll
In heißen, brünſtigen Gebeten,
Wie weiland Iſrael in der Wüſte,
Oben, hoch oben!
Und unten, tief unten,
Durch die dunklen, wipfelverſchatteten,
Grünen Thäler
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[265/0287] Flackerte entſeelt der Polarſtern Und durch den wehenden Schweif der Kometen Blitzten farbig die Meteore. Sündfluth und Weltbrand brachen zugleich herein Und Nacht und Licht, Ormuzd und Ahriman, Kämpften noch einmal Mit alter Kraft den alten Kampf Um die endliche, ewige Herrſchaft. Aber die Menſchheit, die ringende Menſchheit, Athmete auf — zum erſten Mal! Denn auch ſie, ja auch ſie, rüſtete endlich Den letzten, großen, den heiligen Krieg, Den ſie ſchon Jahrtauſende lang So heiß erſehnt hatte! Oben, hoch oben, Auf den lichten, ſagenumwobenen, Heiligen Bergen, Das Haupt gen Weſten, Knieten ihre Führer, Die Weiſen des Abendlands, Und rangen qualvoll In heißen, brünſtigen Gebeten, Wie weiland Iſrael in der Wüſte, Oben, hoch oben! Und unten, tief unten, Durch die dunklen, wipfelverſchatteten, Grünen Thäler

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Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/287>, abgerufen am 13.05.2024.