ich sie nicht traurig anseh'n? Daß heißt: warum soll ich nicht eine traurige Ansicht von ihr hegen, voraus- gesetzt, daß diese Ansicht meiner Fröhlichkeit keinen Eintrag thut. Und das thut sie nicht; denn ich bin immer guter Dinge, sogar dann, wenn ich kein Geld habe. Das will viel sagen, wie? Doch das kennen Sie nicht.
Anton brach in ein so herzliches Lachen über diese Behauptung aus, daß der Maler ihn dringend ersu- chen mußte, seinen Bewegungen Einhalt zu thun. Es wird ohnedies bald überstanden sein, setzte er hinzu.
Auch war die erbetene Stunde kaum verstrichen, als ein handgroßes, heit'res Bildchen vollendet war, dem nur ein Blinder den Vorzug lebendigster Aehn- lichkeit hätte absprechen können. Natürlich war es nur skizzirt, aber so sicher und fest stand es da .... man konnte nichts Vollendeteres in dieser hingewor- fenen Manier denken.
"Wie leid thut es mir," sagte Anton, "daß ich nicht bin, wofür mich zu halten, Jhnen beliebte. Jch würde dies reizende Spiel Jhrer geschickten Hand mit Goldstücken bedecken, um Sie würdig zu bezahlen. Aber wahrlich, wenn ich Jhnen entrichte, was Sie
ich ſie nicht traurig anſeh’n? Daß heißt: warum ſoll ich nicht eine traurige Anſicht von ihr hegen, voraus- geſetzt, daß dieſe Anſicht meiner Froͤhlichkeit keinen Eintrag thut. Und das thut ſie nicht; denn ich bin immer guter Dinge, ſogar dann, wenn ich kein Geld habe. Das will viel ſagen, wie? Doch das kennen Sie nicht.
Anton brach in ein ſo herzliches Lachen uͤber dieſe Behauptung aus, daß der Maler ihn dringend erſu- chen mußte, ſeinen Bewegungen Einhalt zu thun. Es wird ohnedies bald uͤberſtanden ſein, ſetzte er hinzu.
Auch war die erbetene Stunde kaum verſtrichen, als ein handgroßes, heit’res Bildchen vollendet war, dem nur ein Blinder den Vorzug lebendigſter Aehn- lichkeit haͤtte abſprechen koͤnnen. Natuͤrlich war es nur ſkizzirt, aber ſo ſicher und feſt ſtand es da .... man konnte nichts Vollendeteres in dieſer hingewor- fenen Manier denken.
„Wie leid thut es mir,“ ſagte Anton, „daß ich nicht bin, wofuͤr mich zu halten, Jhnen beliebte. Jch wuͤrde dies reizende Spiel Jhrer geſchickten Hand mit Goldſtuͤcken bedecken, um Sie wuͤrdig zu bezahlen. Aber wahrlich, wenn ich Jhnen entrichte, was Sie
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ich ſie nicht traurig anſeh’n? Daß heißt: warum ſoll
ich nicht eine traurige Anſicht von ihr hegen, voraus-
geſetzt, daß dieſe Anſicht meiner Froͤhlichkeit keinen
Eintrag thut. Und das thut ſie nicht; denn ich bin
immer guter Dinge, ſogar dann, wenn ich kein Geld
habe. Das will viel ſagen, wie? Doch das kennen
Sie nicht.
Anton brach in ein ſo herzliches Lachen uͤber dieſe
Behauptung aus, daß der Maler ihn dringend erſu-
chen mußte, ſeinen Bewegungen Einhalt zu thun.
Es wird ohnedies bald uͤberſtanden ſein, ſetzte er
hinzu.
Auch war die erbetene Stunde kaum verſtrichen,
als ein handgroßes, heit’res Bildchen vollendet war,
dem nur ein Blinder den Vorzug lebendigſter Aehn-
lichkeit haͤtte abſprechen koͤnnen. Natuͤrlich war es
nur ſkizzirt, aber ſo ſicher und feſt ſtand es da ....
man konnte nichts Vollendeteres in dieſer hingewor-
fenen Manier denken.
„Wie leid thut es mir,“ ſagte Anton, „daß ich
nicht bin, wofuͤr mich zu halten, Jhnen beliebte. Jch
wuͤrde dies reizende Spiel Jhrer geſchickten Hand mit
Goldſtuͤcken bedecken, um Sie wuͤrdig zu bezahlen.
Aber wahrlich, wenn ich Jhnen entrichte, was Sie
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/86>, abgerufen am 05.07.2024.
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