kannte Zwecke benützt wird, ohne jemals zu erfahren, was mit ihr geschieht. Es giebt solche Romane, und wenn ich vom Geschick ausersehen war, einen solchen mit mir spielen zu lassen, bedau're ich nur, daß der Beginn sich bis jetzt verspätet hat, wo ich auf dem nächsten Wege nach Hause mich befinde. Romantik wäre mir dienlich und lieb gewesen, da mir der Ver- sucher vom Eichberg herab die Schätze des Landes zeigte; von nun an muß ich mir die Romantik vom Halse halten und die Romane. -- Aber was zerbrech' ich mir den schwachen Kopf mit Muthmaßungen, wenn ich die Lösung zur Hand habe. Schkramprl hat sich wieder ein Späschen gemacht; sein Bote war es ja, der den Arzt herbeirief. Ja, ja, Schkramprl ist ein seltener Freund -- aber ein großer Narr!
Diese Wahrheit wiegte unsern ermatteten Freund in Schlaf.
Doch schon mit dem frühen Morgen wurd' er aufgeweckt durch seltsame Töne im benachbarten Zim- mer, von denen er, noch schlaftrunken, anfänglich kaum zu entscheiden vermochte, welchem Gebiete der Thierkunde jenes Wesen angehören dürfte, dem sie entstiegen. Es war dabei im Spiele das Geschnatter des Staares, das Gekrächz des Raben, das Gebrüll
kannte Zwecke benuͤtzt wird, ohne jemals zu erfahren, was mit ihr geſchieht. Es giebt ſolche Romane, und wenn ich vom Geſchick auserſehen war, einen ſolchen mit mir ſpielen zu laſſen, bedau’re ich nur, daß der Beginn ſich bis jetzt verſpaͤtet hat, wo ich auf dem naͤchſten Wege nach Hauſe mich befinde. Romantik waͤre mir dienlich und lieb geweſen, da mir der Ver- ſucher vom Eichberg herab die Schaͤtze des Landes zeigte; von nun an muß ich mir die Romantik vom Halſe halten und die Romane. — Aber was zerbrech’ ich mir den ſchwachen Kopf mit Muthmaßungen, wenn ich die Loͤſung zur Hand habe. Schkramprl hat ſich wieder ein Spaͤschen gemacht; ſein Bote war es ja, der den Arzt herbeirief. Ja, ja, Schkramprl iſt ein ſeltener Freund — aber ein großer Narr!
Dieſe Wahrheit wiegte unſern ermatteten Freund in Schlaf.
Doch ſchon mit dem fruͤhen Morgen wurd’ er aufgeweckt durch ſeltſame Toͤne im benachbarten Zim- mer, von denen er, noch ſchlaftrunken, anfaͤnglich kaum zu entſcheiden vermochte, welchem Gebiete der Thierkunde jenes Weſen angehoͤren duͤrfte, dem ſie entſtiegen. Es war dabei im Spiele das Geſchnatter des Staares, das Gekraͤchz des Raben, das Gebruͤll
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kannte Zwecke benuͤtzt wird, ohne jemals zu erfahren,
was mit ihr geſchieht. Es giebt ſolche Romane, und
wenn ich vom Geſchick auserſehen war, einen ſolchen
mit mir ſpielen zu laſſen, bedau’re ich nur, daß der
Beginn ſich bis jetzt verſpaͤtet hat, wo ich auf dem
naͤchſten Wege nach Hauſe mich befinde. Romantik
waͤre mir dienlich und lieb geweſen, da mir der Ver-
ſucher vom Eichberg herab die Schaͤtze des Landes
zeigte; von nun an muß ich mir die Romantik vom
Halſe halten und die Romane. — Aber was zerbrech’
ich mir den ſchwachen Kopf mit Muthmaßungen,
wenn ich die Loͤſung zur Hand habe. Schkramprl
hat ſich wieder ein Spaͤschen gemacht; ſein Bote
war es ja, der den Arzt herbeirief. Ja, ja, Schkramprl
iſt ein ſeltener Freund — aber ein großer Narr!
Dieſe Wahrheit wiegte unſern ermatteten Freund
in Schlaf.
Doch ſchon mit dem fruͤhen Morgen wurd’ er
aufgeweckt durch ſeltſame Toͤne im benachbarten Zim-
mer, von denen er, noch ſchlaftrunken, anfaͤnglich
kaum zu entſcheiden vermochte, welchem Gebiete der
Thierkunde jenes Weſen angehoͤren duͤrfte, dem ſie
entſtiegen. Es war dabei im Spiele das Geſchnatter
des Staares, das Gekraͤchz des Raben, das Gebruͤll
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/73>, abgerufen am 05.07.2024.
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