Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

mein Sohn, forsche nach dem besten Arzt im Städt-
chen, und sollt' es nur Einen besitzen, so ist dieser
gewiß der beste; den bringe mir. Denn mir ist gar
nicht gut und ich möchte doch frisch und gesund in
meiner Heimath eintreffen.

"Das hat der Herr gleich gesagt, daß Jhr Euch
übernehmen werdet; deshalb hat er mich auf die
Lauer geschickt. Habt keine Sorge; ich bestelle den
Arzt und dann folg' ich dem Herrn und bring' ihm
Nachricht."

Damit verschwand Peterl, der wohlgenährte.

Bald erschien ein Arzt, der, verständig genug, des
Kranken Uebelbefinden für das erkannte, was es
war; ihm ein laues Fußbad verordnete, einfache nie-
derschlagende Mittel verschrieb, für einige Tage Ruhe
anempfahl und baldigen Wiederbesuch versprach;
dies Alles in einer Weise, wie wenn er den Patien-
ten kenne, und ihn im Voraus schon von seiner
Ankunft unterrichtet, erwartet habe.

Gott mag wissen, was das wieder bedeutet! sagte
Anton, während er sein Nachtlager bestieg; bald
werd' ich mir vorkommen, wie die Hauptperson eines
recht unnatürlichen Romanes, die überall beobachtet,
verfolgt, begleitet, überwacht, als Mittel für unbe-

mein Sohn, forſche nach dem beſten Arzt im Staͤdt-
chen, und ſollt’ es nur Einen beſitzen, ſo iſt dieſer
gewiß der beſte; den bringe mir. Denn mir iſt gar
nicht gut und ich moͤchte doch friſch und geſund in
meiner Heimath eintreffen.

„Das hat der Herr gleich geſagt, daß Jhr Euch
uͤbernehmen werdet; deshalb hat er mich auf die
Lauer geſchickt. Habt keine Sorge; ich beſtelle den
Arzt und dann folg’ ich dem Herrn und bring’ ihm
Nachricht.“

Damit verſchwand Peterl, der wohlgenaͤhrte.

Bald erſchien ein Arzt, der, verſtaͤndig genug, des
Kranken Uebelbefinden fuͤr das erkannte, was es
war; ihm ein laues Fußbad verordnete, einfache nie-
derſchlagende Mittel verſchrieb, fuͤr einige Tage Ruhe
anempfahl und baldigen Wiederbeſuch verſprach;
dies Alles in einer Weiſe, wie wenn er den Patien-
ten kenne, und ihn im Voraus ſchon von ſeiner
Ankunft unterrichtet, erwartet habe.

Gott mag wiſſen, was das wieder bedeutet! ſagte
Anton, waͤhrend er ſein Nachtlager beſtieg; bald
werd’ ich mir vorkommen, wie die Hauptperſon eines
recht unnatuͤrlichen Romanes, die uͤberall beobachtet,
verfolgt, begleitet, uͤberwacht, als Mittel fuͤr unbe-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0072" n="68"/>
mein Sohn, for&#x017F;che nach dem be&#x017F;ten Arzt im Sta&#x0364;dt-<lb/>
chen, und &#x017F;ollt&#x2019; es nur Einen be&#x017F;itzen, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;er<lb/>
gewiß der be&#x017F;te; den bringe mir. Denn mir i&#x017F;t gar<lb/>
nicht gut und ich mo&#x0364;chte doch fri&#x017F;ch und ge&#x017F;und in<lb/>
meiner Heimath eintreffen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das hat der Herr gleich ge&#x017F;agt, daß Jhr Euch<lb/>
u&#x0364;bernehmen werdet; deshalb hat er mich auf die<lb/>
Lauer ge&#x017F;chickt. Habt keine Sorge; ich be&#x017F;telle den<lb/>
Arzt und dann folg&#x2019; ich dem Herrn und bring&#x2019; ihm<lb/>
Nachricht.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Damit ver&#x017F;chwand Peterl, der wohlgena&#x0364;hrte.</p><lb/>
        <p>Bald er&#x017F;chien ein Arzt, der, ver&#x017F;ta&#x0364;ndig genug, des<lb/>
Kranken Uebelbefinden fu&#x0364;r das erkannte, was es<lb/>
war; ihm ein laues Fußbad verordnete, einfache nie-<lb/>
der&#x017F;chlagende Mittel ver&#x017F;chrieb, fu&#x0364;r einige Tage Ruhe<lb/>
anempfahl und baldigen Wiederbe&#x017F;uch ver&#x017F;prach;<lb/>
dies Alles in einer Wei&#x017F;e, wie wenn er den Patien-<lb/>
ten kenne, und ihn im Voraus &#x017F;chon von &#x017F;einer<lb/>
Ankunft unterrichtet, erwartet habe.</p><lb/>
        <p>Gott mag wi&#x017F;&#x017F;en, was das wieder bedeutet! &#x017F;agte<lb/>
Anton, wa&#x0364;hrend er &#x017F;ein Nachtlager be&#x017F;tieg; bald<lb/>
werd&#x2019; ich mir vorkommen, wie die Hauptper&#x017F;on eines<lb/>
recht unnatu&#x0364;rlichen Romanes, die u&#x0364;berall beobachtet,<lb/>
verfolgt, begleitet, u&#x0364;berwacht, als Mittel fu&#x0364;r unbe-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0072] mein Sohn, forſche nach dem beſten Arzt im Staͤdt- chen, und ſollt’ es nur Einen beſitzen, ſo iſt dieſer gewiß der beſte; den bringe mir. Denn mir iſt gar nicht gut und ich moͤchte doch friſch und geſund in meiner Heimath eintreffen. „Das hat der Herr gleich geſagt, daß Jhr Euch uͤbernehmen werdet; deshalb hat er mich auf die Lauer geſchickt. Habt keine Sorge; ich beſtelle den Arzt und dann folg’ ich dem Herrn und bring’ ihm Nachricht.“ Damit verſchwand Peterl, der wohlgenaͤhrte. Bald erſchien ein Arzt, der, verſtaͤndig genug, des Kranken Uebelbefinden fuͤr das erkannte, was es war; ihm ein laues Fußbad verordnete, einfache nie- derſchlagende Mittel verſchrieb, fuͤr einige Tage Ruhe anempfahl und baldigen Wiederbeſuch verſprach; dies Alles in einer Weiſe, wie wenn er den Patien- ten kenne, und ihn im Voraus ſchon von ſeiner Ankunft unterrichtet, erwartet habe. Gott mag wiſſen, was das wieder bedeutet! ſagte Anton, waͤhrend er ſein Nachtlager beſtieg; bald werd’ ich mir vorkommen, wie die Hauptperſon eines recht unnatuͤrlichen Romanes, die uͤberall beobachtet, verfolgt, begleitet, uͤberwacht, als Mittel fuͤr unbe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/72
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/72>, abgerufen am 28.04.2024.