Anton verläßt das Forsthaus und dessen Bewohner und tritt die Wanderschaft nach Liebenau an. -- Rasttage in St. -- Ein Deklamator. -- Ein Portrait- maler. -- Man will ihn durchaus baronisiren. -- Schkramprl's Peterl.
Zweimal schon, im Laufe dieser Erzählung, haben wir Anton, unsern Helden, vom Krankenlager sich erheben sehen und ihn mit unsern guten Wünschen in's neue Streben und Leben begleitet. Heute, wo er zum drittenmale vom Tode ersteht, nimmt er selbst so geringe Hoffnungen, so anspruchslose Erwartun- gen auf seine kleine Reise mit, daß wir uns bedenk- lich fragen müssen: läuft es darauf hinaus? Jst der arme Junge darum so unsanft hin und hergeworfen worden, hat er darum so viel erlebt, geirrt, gelitten, daß er am Ende aller Enden sich glücklich schätzen muß, nur wieder einkriechen zu dürfen, von wo er ausging? Sollen die Erfahrungen, die er gemacht, die Bildung, die er gewonnen, die Kenntnisse die er sich erwarb, -- soll das Alles nun vorhanden sein, damit er in seiner Großmutter niederer Hütte Körbe flechte? Eine Beschäftigung, die ihm vor sechs Jahren, wo er in voller Uebung war, unzweifelhaft besser gelang, als sie ihm jetzt gelingen wird?
Und doch, wir müssen es eingestehen, was bleibt
Zweiundſiebenzigſtes Kapitel.
Anton verläßt das Forſthaus und deſſen Bewohner und tritt die Wanderſchaft nach Liebenau an. — Raſttage in St. — Ein Deklamator. — Ein Portrait- maler. — Man will ihn durchaus baroniſiren. — Schkramprl’s Peterl.
Zweimal ſchon, im Laufe dieſer Erzaͤhlung, haben wir Anton, unſern Helden, vom Krankenlager ſich erheben ſehen und ihn mit unſern guten Wuͤnſchen in’s neue Streben und Leben begleitet. Heute, wo er zum drittenmale vom Tode erſteht, nimmt er ſelbſt ſo geringe Hoffnungen, ſo anſpruchsloſe Erwartun- gen auf ſeine kleine Reiſe mit, daß wir uns bedenk- lich fragen muͤſſen: laͤuft es darauf hinaus? Jſt der arme Junge darum ſo unſanft hin und hergeworfen worden, hat er darum ſo viel erlebt, geirrt, gelitten, daß er am Ende aller Enden ſich gluͤcklich ſchaͤtzen muß, nur wieder einkriechen zu duͤrfen, von wo er ausging? Sollen die Erfahrungen, die er gemacht, die Bildung, die er gewonnen, die Kenntniſſe die er ſich erwarb, — ſoll das Alles nun vorhanden ſein, damit er in ſeiner Großmutter niederer Huͤtte Koͤrbe flechte? Eine Beſchaͤftigung, die ihm vor ſechs Jahren, wo er in voller Uebung war, unzweifelhaft beſſer gelang, als ſie ihm jetzt gelingen wird?
Und doch, wir muͤſſen es eingeſtehen, was bleibt
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Zweiundſiebenzigſtes Kapitel.
Anton verläßt das Forſthaus und deſſen Bewohner und tritt die Wanderſchaft
nach Liebenau an. — Raſttage in St. — Ein Deklamator. — Ein Portrait-
maler. — Man will ihn durchaus baroniſiren. — Schkramprl’s Peterl.
Zweimal ſchon, im Laufe dieſer Erzaͤhlung, haben
wir Anton, unſern Helden, vom Krankenlager ſich
erheben ſehen und ihn mit unſern guten Wuͤnſchen in’s
neue Streben und Leben begleitet. Heute, wo er
zum drittenmale vom Tode erſteht, nimmt er ſelbſt
ſo geringe Hoffnungen, ſo anſpruchsloſe Erwartun-
gen auf ſeine kleine Reiſe mit, daß wir uns bedenk-
lich fragen muͤſſen: laͤuft es darauf hinaus? Jſt der
arme Junge darum ſo unſanft hin und hergeworfen
worden, hat er darum ſo viel erlebt, geirrt, gelitten, daß
er am Ende aller Enden ſich gluͤcklich ſchaͤtzen muß, nur
wieder einkriechen zu duͤrfen, von wo er ausging?
Sollen die Erfahrungen, die er gemacht, die Bildung,
die er gewonnen, die Kenntniſſe die er ſich erwarb,
— ſoll das Alles nun vorhanden ſein, damit er in
ſeiner Großmutter niederer Huͤtte Koͤrbe flechte? Eine
Beſchaͤftigung, die ihm vor ſechs Jahren, wo er in
voller Uebung war, unzweifelhaft beſſer gelang, als
ſie ihm jetzt gelingen wird?
Und doch, wir muͤſſen es eingeſtehen, was bleibt
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/66>, abgerufen am 26.07.2024.
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