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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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Besuch abstatten, bei einem würdigen, rechtlichen,
wenn auch strengen Manne und diesen um die Hand
seiner Tochter bitten. Und wenn er Ja sagte, -- die
Tochter sagt nicht Nein -- würd' ich sie heimholen,
nach Liebenau, und würde mich mit ihr trauen lassen
in der kleinen Dorfkirche; und würde sie lieb haben;
würde mit ihr vereint, die Armen beschenken, ihnen
im Winter Holz geben und Brot, und warme Röcke;
würde schöne Bäume anpflanzen; würde ein schlich-
ter Landmann sein, beglückt und zufrieden. Würde
meiner alten Großmutter Grab --"

Na, seid so gefällig, und fangt zu heulen an,
daß ich etwa auch weinen muß, was sich für einen
in Ruhestand getretenen Riesen durchaus nicht schickt!
Deshalb fragt' ich nicht nach Euren Wünschen, um
auf den Friedhof zu gerathen. Die Aussicht auf
Hochzeit und Ehebett könnte mir schon besser gefal-
len. Also, das wären Eure Wünsche? Na schön,
nun weiß man's doch und kann sich bei Gelegenheit
danach richten.

"Ja, Schkramprl, das wären meine Wünsche,
wenn ich noch dächte, wie ich vor einigen Monaten,
-- wie ich seit Pisa gedacht habe. Jetzt ist das hin
und todt. Doch dem theuren Liebenau werd' ich des-

Beſuch abſtatten, bei einem wuͤrdigen, rechtlichen,
wenn auch ſtrengen Manne und dieſen um die Hand
ſeiner Tochter bitten. Und wenn er Ja ſagte, — die
Tochter ſagt nicht Nein — wuͤrd’ ich ſie heimholen,
nach Liebenau, und wuͤrde mich mit ihr trauen laſſen
in der kleinen Dorfkirche; und wuͤrde ſie lieb haben;
wuͤrde mit ihr vereint, die Armen beſchenken, ihnen
im Winter Holz geben und Brot, und warme Roͤcke;
wuͤrde ſchoͤne Baͤume anpflanzen; wuͤrde ein ſchlich-
ter Landmann ſein, begluͤckt und zufrieden. Wuͤrde
meiner alten Großmutter Grab —“

Na, ſeid ſo gefaͤllig, und fangt zu heulen an,
daß ich etwa auch weinen muß, was ſich fuͤr einen
in Ruheſtand getretenen Rieſen durchaus nicht ſchickt!
Deshalb fragt’ ich nicht nach Euren Wuͤnſchen, um
auf den Friedhof zu gerathen. Die Ausſicht auf
Hochzeit und Ehebett koͤnnte mir ſchon beſſer gefal-
len. Alſo, das waͤren Eure Wuͤnſche? Na ſchoͤn,
nun weiß man’s doch und kann ſich bei Gelegenheit
danach richten.

„Ja, Schkramprl, das waͤren meine Wuͤnſche,
wenn ich noch daͤchte, wie ich vor einigen Monaten,
— wie ich ſeit Piſa gedacht habe. Jetzt iſt das hin
und todt. Doch dem theuren Liebenau werd’ ich des-

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[59/0063] Beſuch abſtatten, bei einem wuͤrdigen, rechtlichen, wenn auch ſtrengen Manne und dieſen um die Hand ſeiner Tochter bitten. Und wenn er Ja ſagte, — die Tochter ſagt nicht Nein — wuͤrd’ ich ſie heimholen, nach Liebenau, und wuͤrde mich mit ihr trauen laſſen in der kleinen Dorfkirche; und wuͤrde ſie lieb haben; wuͤrde mit ihr vereint, die Armen beſchenken, ihnen im Winter Holz geben und Brot, und warme Roͤcke; wuͤrde ſchoͤne Baͤume anpflanzen; wuͤrde ein ſchlich- ter Landmann ſein, begluͤckt und zufrieden. Wuͤrde meiner alten Großmutter Grab —“ Na, ſeid ſo gefaͤllig, und fangt zu heulen an, daß ich etwa auch weinen muß, was ſich fuͤr einen in Ruheſtand getretenen Rieſen durchaus nicht ſchickt! Deshalb fragt’ ich nicht nach Euren Wuͤnſchen, um auf den Friedhof zu gerathen. Die Ausſicht auf Hochzeit und Ehebett koͤnnte mir ſchon beſſer gefal- len. Alſo, das waͤren Eure Wuͤnſche? Na ſchoͤn, nun weiß man’s doch und kann ſich bei Gelegenheit danach richten. „Ja, Schkramprl, das waͤren meine Wuͤnſche, wenn ich noch daͤchte, wie ich vor einigen Monaten, — wie ich ſeit Piſa gedacht habe. Jetzt iſt das hin und todt. Doch dem theuren Liebenau werd’ ich des-

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/63>, abgerufen am 28.04.2024.