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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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Dann suchte Förster Wolff seine furchtbarsten Waid-
mannsflüche hervor und gebot ihm Ruhe. Jch habe
drei Söhne, pflegte er zu äußern, die sich durch die
Welt schlagen müssen; jeder von ihnen kann ehrlicher
Leute Beistand gebrauchen; und was müßte unser
Herrgott in seinem himmelblauen Waldrevier von
mir halten, wenn ich einem armen Teufel verwei-
gern wollte, was ich im Falle der Noth für meine
Jungen von ihm erbitte? Haltet Euer Maul, und
thut es nur auf, wenn Jhr Hunger habt, der sich
hoffentlich bald wieder bei Euch einstellen wird. --

Schkramprl befolgte die ihm gegebene Weisung
scheinbar sehr gehorsam. Er nannte den Namen
Erlenstein nicht mehr und gab sich das Anseh'n, wie
wenn jeder Verkehr zwischen ihm und den Schloß-
Ratten abgebrochen wäre. Auch zeigte er sich ern-
ster, dabei ergebener, theilnehmender als anfänglich.
Er schwatzte nicht mehr so viel verworrenes Zeug
untereinander, gedachte der Vergangenheit nur wenn
Anton das Gespräch darauf lenkte, bemühte sich da-
gegen, so oft wie möglich von der Zukunft zu reden,
und Anton gewissermaßen auszuforschen: auf was?
und wohin seine Gedanken gerichtet wären? Was
meint ihr wohl, Antoine, fragte er unter Anderem,

Dann ſuchte Foͤrſter Wolff ſeine furchtbarſten Waid-
mannsfluͤche hervor und gebot ihm Ruhe. Jch habe
drei Soͤhne, pflegte er zu aͤußern, die ſich durch die
Welt ſchlagen muͤſſen; jeder von ihnen kann ehrlicher
Leute Beiſtand gebrauchen; und was muͤßte unſer
Herrgott in ſeinem himmelblauen Waldrevier von
mir halten, wenn ich einem armen Teufel verwei-
gern wollte, was ich im Falle der Noth fuͤr meine
Jungen von ihm erbitte? Haltet Euer Maul, und
thut es nur auf, wenn Jhr Hunger habt, der ſich
hoffentlich bald wieder bei Euch einſtellen wird. —

Schkramprl befolgte die ihm gegebene Weiſung
ſcheinbar ſehr gehorſam. Er nannte den Namen
Erlenſtein nicht mehr und gab ſich das Anſeh’n, wie
wenn jeder Verkehr zwiſchen ihm und den Schloß-
Ratten abgebrochen waͤre. Auch zeigte er ſich ern-
ſter, dabei ergebener, theilnehmender als anfaͤnglich.
Er ſchwatzte nicht mehr ſo viel verworrenes Zeug
untereinander, gedachte der Vergangenheit nur wenn
Anton das Geſpraͤch darauf lenkte, bemuͤhte ſich da-
gegen, ſo oft wie moͤglich von der Zukunft zu reden,
und Anton gewiſſermaßen auszuforſchen: auf was?
und wohin ſeine Gedanken gerichtet waͤren? Was
meint ihr wohl, Antoine, fragte er unter Anderem,

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[57/0061] Dann ſuchte Foͤrſter Wolff ſeine furchtbarſten Waid- mannsfluͤche hervor und gebot ihm Ruhe. Jch habe drei Soͤhne, pflegte er zu aͤußern, die ſich durch die Welt ſchlagen muͤſſen; jeder von ihnen kann ehrlicher Leute Beiſtand gebrauchen; und was muͤßte unſer Herrgott in ſeinem himmelblauen Waldrevier von mir halten, wenn ich einem armen Teufel verwei- gern wollte, was ich im Falle der Noth fuͤr meine Jungen von ihm erbitte? Haltet Euer Maul, und thut es nur auf, wenn Jhr Hunger habt, der ſich hoffentlich bald wieder bei Euch einſtellen wird. — Schkramprl befolgte die ihm gegebene Weiſung ſcheinbar ſehr gehorſam. Er nannte den Namen Erlenſtein nicht mehr und gab ſich das Anſeh’n, wie wenn jeder Verkehr zwiſchen ihm und den Schloß- Ratten abgebrochen waͤre. Auch zeigte er ſich ern- ſter, dabei ergebener, theilnehmender als anfaͤnglich. Er ſchwatzte nicht mehr ſo viel verworrenes Zeug untereinander, gedachte der Vergangenheit nur wenn Anton das Geſpraͤch darauf lenkte, bemuͤhte ſich da- gegen, ſo oft wie moͤglich von der Zukunft zu reden, und Anton gewiſſermaßen auszuforſchen: auf was? und wohin ſeine Gedanken gerichtet waͤren? Was meint ihr wohl, Antoine, fragte er unter Anderem,

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/61>, abgerufen am 27.04.2024.