nen und zu sich selbst bringen; ihn schien es auch anzulächeln, daß er dadurch sein eigener Herr, Herr eines Hauses und einiger großer Landgüter werden könne. Doch Alles zeigte sich als kurzer Traum, aus welchem seine plötzliche Rückkehr, verbunden mit der determinirten Erklärung: die Braut gefalle ihm nicht, uns erweckte. Seitdem treibt er es ärger als je."
Anton hatte schon im Sinn, nach dem Tauf- namen des ungerathenen Söhnchen zu fragen, weil er sich Gewißheit schaffen wollte, ob eine düstre Ahnung, die ihm bei dieser Schilderung durch's Ge- dächtniß zog, wahr werden könne. Doch wurde ihm diese unangenehme Mühe erspart, denn Graf Louis trat hastig ein.
Was will dieser Mensch? rief er, mit der Reit- gerte auf Anton deutend, eh' er noch einen Gruß für seinen Vater gefunden. Der Vater entgegnete mit fast erkünstelter Heftigkeit: Dieser Mensch ist Dein Bruder!
"War Graf Erlenstein schon einmal verheirathet, eh' er meiner Mutter die Hand reichte? Wie?"
Graf Guido verstummte vor Gram und Zorn.
Einen Bastard soll ich doch nicht etwa Bruder nennen? Jch begreife nicht, mein Vater, wie sie mir
nen und zu ſich ſelbſt bringen; ihn ſchien es auch anzulaͤcheln, daß er dadurch ſein eigener Herr, Herr eines Hauſes und einiger großer Landguͤter werden koͤnne. Doch Alles zeigte ſich als kurzer Traum, aus welchem ſeine ploͤtzliche Ruͤckkehr, verbunden mit der determinirten Erklaͤrung: die Braut gefalle ihm nicht, uns erweckte. Seitdem treibt er es aͤrger als je.“
Anton hatte ſchon im Sinn, nach dem Tauf- namen des ungerathenen Soͤhnchen zu fragen, weil er ſich Gewißheit ſchaffen wollte, ob eine duͤſtre Ahnung, die ihm bei dieſer Schilderung durch’s Ge- daͤchtniß zog, wahr werden koͤnne. Doch wurde ihm dieſe unangenehme Muͤhe erſpart, denn Graf Louis trat haſtig ein.
Was will dieſer Menſch? rief er, mit der Reit- gerte auf Anton deutend, eh’ er noch einen Gruß fuͤr ſeinen Vater gefunden. Der Vater entgegnete mit faſt erkuͤnſtelter Heftigkeit: Dieſer Menſch iſt Dein Bruder!
„War Graf Erlenſtein ſchon einmal verheirathet, eh’ er meiner Mutter die Hand reichte? Wie?“
Graf Guido verſtummte vor Gram und Zorn.
Einen Baſtard ſoll ich doch nicht etwa Bruder nennen? Jch begreife nicht, mein Vater, wie ſie mir
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nen und zu ſich ſelbſt bringen; ihn ſchien es auch
anzulaͤcheln, daß er dadurch ſein eigener Herr, Herr
eines Hauſes und einiger großer Landguͤter werden
koͤnne. Doch Alles zeigte ſich als kurzer Traum, aus
welchem ſeine ploͤtzliche Ruͤckkehr, verbunden mit der
determinirten Erklaͤrung: die Braut gefalle ihm nicht,
uns erweckte. Seitdem treibt er es aͤrger als je.“
Anton hatte ſchon im Sinn, nach dem Tauf-
namen des ungerathenen Soͤhnchen zu fragen, weil
er ſich Gewißheit ſchaffen wollte, ob eine duͤſtre
Ahnung, die ihm bei dieſer Schilderung durch’s Ge-
daͤchtniß zog, wahr werden koͤnne. Doch wurde ihm
dieſe unangenehme Muͤhe erſpart, denn Graf Louis
trat haſtig ein.
Was will dieſer Menſch? rief er, mit der Reit-
gerte auf Anton deutend, eh’ er noch einen Gruß fuͤr
ſeinen Vater gefunden. Der Vater entgegnete mit
faſt erkuͤnſtelter Heftigkeit: Dieſer Menſch iſt Dein
Bruder!
„War Graf Erlenſtein ſchon einmal verheirathet,
eh’ er meiner Mutter die Hand reichte? Wie?“
Graf Guido verſtummte vor Gram und Zorn.
Einen Baſtard ſoll ich doch nicht etwa Bruder
nennen? Jch begreife nicht, mein Vater, wie ſie mir
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/38>, abgerufen am 05.07.2024.
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