Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

stehen mich nicht; ich habe als Kind schon gelernt,
Jung und Alt zu verachten. Daß ich Jhnen mein
Herz geöffnet ... kaum weiß ich selbst, warum. Viel-
leicht verdienen Sie's nicht? Doch es ist gescheh'n!
Und nun leben Sie wohl. Jch danke Jhnen noch
einmal für Jhren Beistand; er war mir willkommen.
Denn, such' ich schon den Tod, siegt doch in solchen
Augenblicken immer wieder des Lebens eingeborener
Trieb. Auch will ich nicht unten, nicht auf dem
schlechten Erdboden enden. Mein Reich ist die freie
Luft. Hört Gott mein Gebet, dann sendet er mir
einen seiner Blitze, der mich in Feuer hüllt, wenn um
mich her die schwarzen Wolken krachen. -- Viel Glück,
Vagabund, auf die Reise! Jetzt geh' ich schlafen.



Neunundsechszigstes Kapitel.

Wie Anton wirklich auf's Schloß Erlenstein gelangt und seinen leiblichen Vater
kennen lernt. -- Antoinettens Brief an Gräfin Julia. -- Der junge Graf stellt
sich zur Unzeit ein. -- Anton entsagt jeder Hoffnung.

Anton stand vor den eisernen Gittern des Schlosses
Erlenstein. Gewiß waren es die Urenkel jener großen
Hunde, von denen seiner Mutter Handschrift berich-
tet, die ihn heute schmeichelnd begrüßten, wie deren

ſtehen mich nicht; ich habe als Kind ſchon gelernt,
Jung und Alt zu verachten. Daß ich Jhnen mein
Herz geoͤffnet ... kaum weiß ich ſelbſt, warum. Viel-
leicht verdienen Sie’s nicht? Doch es iſt geſcheh’n!
Und nun leben Sie wohl. Jch danke Jhnen noch
einmal fuͤr Jhren Beiſtand; er war mir willkommen.
Denn, ſuch’ ich ſchon den Tod, ſiegt doch in ſolchen
Augenblicken immer wieder des Lebens eingeborener
Trieb. Auch will ich nicht unten, nicht auf dem
ſchlechten Erdboden enden. Mein Reich iſt die freie
Luft. Hoͤrt Gott mein Gebet, dann ſendet er mir
einen ſeiner Blitze, der mich in Feuer huͤllt, wenn um
mich her die ſchwarzen Wolken krachen. — Viel Gluͤck,
Vagabund, auf die Reiſe! Jetzt geh’ ich ſchlafen.



Neunundſechszigſtes Kapitel.

Wie Anton wirklich auf’s Schloß Erlenſtein gelangt und ſeinen leiblichen Vater
kennen lernt. — Antoinettens Brief an Graͤfin Julia. — Der junge Graf ſtellt
ſich zur Unzeit ein. — Anton entſagt jeder Hoffnung.

Anton ſtand vor den eiſernen Gittern des Schloſſes
Erlenſtein. Gewiß waren es die Urenkel jener großen
Hunde, von denen ſeiner Mutter Handſchrift berich-
tet, die ihn heute ſchmeichelnd begruͤßten, wie deren

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0029" n="25"/>
&#x017F;tehen mich nicht; ich habe als Kind &#x017F;chon gelernt,<lb/>
Jung und Alt zu verachten. Daß ich Jhnen mein<lb/>
Herz geo&#x0364;ffnet ... kaum weiß ich &#x017F;elb&#x017F;t, warum. Viel-<lb/>
leicht verdienen Sie&#x2019;s nicht? Doch es i&#x017F;t ge&#x017F;cheh&#x2019;n!<lb/>
Und nun leben Sie wohl. Jch danke Jhnen noch<lb/>
einmal fu&#x0364;r Jhren Bei&#x017F;tand; er war mir willkommen.<lb/>
Denn, &#x017F;uch&#x2019; ich &#x017F;chon den Tod, &#x017F;iegt doch in &#x017F;olchen<lb/>
Augenblicken immer wieder des Lebens eingeborener<lb/>
Trieb. Auch will ich nicht unten, nicht auf dem<lb/>
&#x017F;chlechten Erdboden enden. Mein Reich i&#x017F;t die freie<lb/>
Luft. Ho&#x0364;rt Gott mein Gebet, dann &#x017F;endet er mir<lb/>
einen &#x017F;einer Blitze, der mich in Feuer hu&#x0364;llt, wenn um<lb/>
mich her die &#x017F;chwarzen Wolken krachen. &#x2014; Viel Glu&#x0364;ck,<lb/>
Vagabund, auf die Rei&#x017F;e! Jetzt geh&#x2019; ich &#x017F;chlafen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Neunund&#x017F;echszig&#x017F;tes Kapitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p> <hi rendition="#c">Wie Anton wirklich auf&#x2019;s Schloß Erlen&#x017F;tein gelangt und &#x017F;einen leiblichen Vater<lb/>
kennen lernt. &#x2014; Antoinettens Brief an Gra&#x0364;fin Julia. &#x2014; Der junge Graf &#x017F;tellt<lb/>
&#x017F;ich zur Unzeit ein. &#x2014; Anton ent&#x017F;agt jeder Hoffnung.</hi> </p>
        </argument><lb/>
        <p>Anton &#x017F;tand vor den ei&#x017F;ernen Gittern des Schlo&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Erlen&#x017F;tein. Gewiß waren es die Urenkel jener großen<lb/>
Hunde, von denen &#x017F;einer Mutter Hand&#x017F;chrift berich-<lb/>
tet, die ihn heute &#x017F;chmeichelnd begru&#x0364;ßten, wie deren<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0029] ſtehen mich nicht; ich habe als Kind ſchon gelernt, Jung und Alt zu verachten. Daß ich Jhnen mein Herz geoͤffnet ... kaum weiß ich ſelbſt, warum. Viel- leicht verdienen Sie’s nicht? Doch es iſt geſcheh’n! Und nun leben Sie wohl. Jch danke Jhnen noch einmal fuͤr Jhren Beiſtand; er war mir willkommen. Denn, ſuch’ ich ſchon den Tod, ſiegt doch in ſolchen Augenblicken immer wieder des Lebens eingeborener Trieb. Auch will ich nicht unten, nicht auf dem ſchlechten Erdboden enden. Mein Reich iſt die freie Luft. Hoͤrt Gott mein Gebet, dann ſendet er mir einen ſeiner Blitze, der mich in Feuer huͤllt, wenn um mich her die ſchwarzen Wolken krachen. — Viel Gluͤck, Vagabund, auf die Reiſe! Jetzt geh’ ich ſchlafen. Neunundſechszigſtes Kapitel. Wie Anton wirklich auf’s Schloß Erlenſtein gelangt und ſeinen leiblichen Vater kennen lernt. — Antoinettens Brief an Graͤfin Julia. — Der junge Graf ſtellt ſich zur Unzeit ein. — Anton entſagt jeder Hoffnung. Anton ſtand vor den eiſernen Gittern des Schloſſes Erlenſtein. Gewiß waren es die Urenkel jener großen Hunde, von denen ſeiner Mutter Handſchrift berich- tet, die ihn heute ſchmeichelnd begruͤßten, wie deren

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/29
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/29>, abgerufen am 28.03.2024.