Jch gelobte, zu gehorchen, und schied von der Gräfin, fest entschlossen, mein Gelübde zu halten.
Fünster Tag.
Der Morgen graute kaum, als ich das Schloß verließ.
Peterl hatte noch nicht eingespannt.
Jch bat einen Diener, der mir das Thor öffnete, mein Gepäck aufzuladen und den Wagen vor die Thür des Friedhofs zu schicken.
Dahin begab ich mich im dicksten Herbstnebel.
Jch suchte vor der Grust und über Gräbern die Jnschriften auf, welche Pflicht, Dankbarkeit, kindliche Liebe ihren Verstorbenen gewidmet. Jch fand Onkel Nasus und Mutter Goksch, fand den Rittmeister und den guten Pastor Karich. Ein sehr langer Grabhügel fiel mir auf; die Tafel, die ihn bezeichnet, enthält nur die Worte: Schkramprl der Riese.
Jm Winkel an der Mauer fand ich ein Kreuz, worauf ich las: der schwarze Wolfgang. Auch die- ses Grab war ein kleiner Blumengarten, -- freilich jetzt ohne Blüthen.
Peterl knallte draußen, zum Zeichen, daß er bereit sei! -- Jch verließ Liebenau.
Jch gelobte, zu gehorchen, und ſchied von der Graͤfin, feſt entſchloſſen, mein Geluͤbde zu halten.
Fünſter Tag.
Der Morgen graute kaum, als ich das Schloß verließ.
Peterl hatte noch nicht eingeſpannt.
Jch bat einen Diener, der mir das Thor oͤffnete, mein Gepaͤck aufzuladen und den Wagen vor die Thuͤr des Friedhofs zu ſchicken.
Dahin begab ich mich im dickſten Herbſtnebel.
Jch ſuchte vor der Gruſt und uͤber Graͤbern die Jnſchriften auf, welche Pflicht, Dankbarkeit, kindliche Liebe ihren Verſtorbenen gewidmet. Jch fand Onkel Naſus und Mutter Gokſch, fand den Rittmeiſter und den guten Paſtor Karich. Ein ſehr langer Grabhuͤgel fiel mir auf; die Tafel, die ihn bezeichnet, enthaͤlt nur die Worte: Schkramprl der Rieſe.
Jm Winkel an der Mauer fand ich ein Kreuz, worauf ich las: der ſchwarze Wolfgang. Auch die- ſes Grab war ein kleiner Blumengarten, — freilich jetzt ohne Bluͤthen.
Peterl knallte draußen, zum Zeichen, daß er bereit ſei! — Jch verließ Liebenau.
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Jch gelobte, zu gehorchen, und ſchied von der
Graͤfin, feſt entſchloſſen, mein Geluͤbde zu halten.
Fünſter Tag.
Der Morgen graute kaum, als ich das Schloß
verließ.
Peterl hatte noch nicht eingeſpannt.
Jch bat einen Diener, der mir das Thor oͤffnete,
mein Gepaͤck aufzuladen und den Wagen vor die
Thuͤr des Friedhofs zu ſchicken.
Dahin begab ich mich im dickſten Herbſtnebel.
Jch ſuchte vor der Gruſt und uͤber Graͤbern die
Jnſchriften auf, welche Pflicht, Dankbarkeit, kindliche
Liebe ihren Verſtorbenen gewidmet. Jch fand Onkel
Naſus und Mutter Gokſch, fand den Rittmeiſter und
den guten Paſtor Karich. Ein ſehr langer Grabhuͤgel
fiel mir auf; die Tafel, die ihn bezeichnet, enthaͤlt
nur die Worte: Schkramprl der Rieſe.
Jm Winkel an der Mauer fand ich ein Kreuz,
worauf ich las: der ſchwarze Wolfgang. Auch die-
ſes Grab war ein kleiner Blumengarten, — freilich
jetzt ohne Bluͤthen.
Peterl knallte draußen, zum Zeichen, daß er
bereit ſei! — Jch verließ Liebenau.
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/230>, abgerufen am 05.07.2024.
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