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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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Sendschreiben
des Herrn Anton Hahn auf Liebenau
an Herrn Karl von Holtei

irgendwo!


Mein lieber Freund Holtei!

Hedwig, Ottilie -- (ich meine die alte), -- die
Kinder und ich kehren so eben von Sophienthal heim,
wo wir unsere Gräfin Julia begruben.

Jch vermag Jhnen weiter nichts über die letzten
Tage dieser Heiligen zu berichten; sie starb, wie sie lebte.

Jhr Verlust ist durch nichts zu ersetzen; auch die
Zeit wird ihn nicht lindern. So lange wir leben,
wird sie uns fehlen. Wir jammern nicht; wir haben
uns die Haare nicht gerauft, als sie verschied, -- von
dieser ungebehrdigen Art ist unser Schmerz nicht; er
hätte diese Sterbestunde nur entweiht. Wilde Klagen
verstummen im Geräusch des neuen Lebens; milde
Trauer endet erst mit dem Leben.

Wir sind Alle gesund. Meine Tochter Ottilie hat
einen Knaben, mein Sohn Guido studirt Arzneikunde,
Julchen und Adele werden nach und nach Jungfrauen

15*
Sendſchreiben
des Herrn Anton Hahn auf Liebenau
an Herrn Karl von Holtei

irgendwo!


Mein lieber Freund Holtei!

Hedwig, Ottilie — (ich meine die alte), — die
Kinder und ich kehren ſo eben von Sophienthal heim,
wo wir unſere Graͤfin Julia begruben.

Jch vermag Jhnen weiter nichts uͤber die letzten
Tage dieſer Heiligen zu berichten; ſie ſtarb, wie ſie lebte.

Jhr Verluſt iſt durch nichts zu erſetzen; auch die
Zeit wird ihn nicht lindern. So lange wir leben,
wird ſie uns fehlen. Wir jammern nicht; wir haben
uns die Haare nicht gerauft, als ſie verſchied, — von
dieſer ungebehrdigen Art iſt unſer Schmerz nicht; er
haͤtte dieſe Sterbeſtunde nur entweiht. Wilde Klagen
verſtummen im Geraͤuſch des neuen Lebens; milde
Trauer endet erſt mit dem Leben.

Wir ſind Alle geſund. Meine Tochter Ottilie hat
einen Knaben, mein Sohn Guido ſtudirt Arzneikunde,
Julchen und Adele werden nach und nach Jungfrauen

15*
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[227/0231] Sendſchreiben des Herrn Anton Hahn auf Liebenau an Herrn Karl von Holtei irgendwo! Schloß Liebenau, 13. Nov. 1850. Mein lieber Freund Holtei! Hedwig, Ottilie — (ich meine die alte), — die Kinder und ich kehren ſo eben von Sophienthal heim, wo wir unſere Graͤfin Julia begruben. Jch vermag Jhnen weiter nichts uͤber die letzten Tage dieſer Heiligen zu berichten; ſie ſtarb, wie ſie lebte. Jhr Verluſt iſt durch nichts zu erſetzen; auch die Zeit wird ihn nicht lindern. So lange wir leben, wird ſie uns fehlen. Wir jammern nicht; wir haben uns die Haare nicht gerauft, als ſie verſchied, — von dieſer ungebehrdigen Art iſt unſer Schmerz nicht; er haͤtte dieſe Sterbeſtunde nur entweiht. Wilde Klagen verſtummen im Geraͤuſch des neuen Lebens; milde Trauer endet erſt mit dem Leben. Wir ſind Alle geſund. Meine Tochter Ottilie hat einen Knaben, mein Sohn Guido ſtudirt Arzneikunde, Julchen und Adele werden nach und nach Jungfrauen 15*

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/231>, abgerufen am 29.11.2024.