Zimmer zu taufen, hatte sie geäußert; aber jetzt, beim schönsten Sommer, warum sollen wir nicht eben so gut in die Kirche gehen, wie alle Leute aus dem Dorfe?
Die Hebamme trägt das Kind.
Gräfin Julia und Ottilie folgen ihm.
Anton bleibt bei Hedwig zurück.
Hedwig sitzt, liegt vielmehr in ihrem Lehnstuhl, der an's off'ne Fenster geschoben ward, so daß sie dem kleinen Zuge, der ihr Kind in die Kirche beglei- tet, mit den Angen folgen kann. Nun wendet sie sich zu Anton:
Mein theurer Freund, wir haben ein herzlich Wort mit einander zu sprechen, vielmehr ich habe zu sprechen, Du magst mich gütig hören. Doch eh' ich beginne, bitt' ich flehentlich, Du wollest nicht glau- ben, daß in dem, was ich Dir zu sagen habe, irgend ein Vorwurf, eine Anklage gegen Dich enthalten sei. Jm Gegentheil!
Jch bemerke schon seit .... o, schon seit meines Vaters Tode, daß Dir etwas fehlt. Anfänglich machte mich diese Entdeckung sehr unglücklich, denn ich fürchtete einige Tage hindurch, Du könntest bereuen, mich zur Frau genommen zu haben und
Zimmer zu taufen, hatte ſie geaͤußert; aber jetzt, beim ſchoͤnſten Sommer, warum ſollen wir nicht eben ſo gut in die Kirche gehen, wie alle Leute aus dem Dorfe?
Die Hebamme traͤgt das Kind.
Graͤfin Julia und Ottilie folgen ihm.
Anton bleibt bei Hedwig zuruͤck.
Hedwig ſitzt, liegt vielmehr in ihrem Lehnſtuhl, der an’s off’ne Fenſter geſchoben ward, ſo daß ſie dem kleinen Zuge, der ihr Kind in die Kirche beglei- tet, mit den Angen folgen kann. Nun wendet ſie ſich zu Anton:
Mein theurer Freund, wir haben ein herzlich Wort mit einander zu ſprechen, vielmehr ich habe zu ſprechen, Du magſt mich guͤtig hoͤren. Doch eh’ ich beginne, bitt’ ich flehentlich, Du wolleſt nicht glau- ben, daß in dem, was ich Dir zu ſagen habe, irgend ein Vorwurf, eine Anklage gegen Dich enthalten ſei. Jm Gegentheil!
Jch bemerke ſchon ſeit .... o, ſchon ſeit meines Vaters Tode, daß Dir etwas fehlt. Anfaͤnglich machte mich dieſe Entdeckung ſehr ungluͤcklich, denn ich fuͤrchtete einige Tage hindurch, Du koͤnnteſt bereuen, mich zur Frau genommen zu haben und
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Zimmer zu taufen, hatte ſie geaͤußert; aber jetzt, beim
ſchoͤnſten Sommer, warum ſollen wir nicht eben ſo
gut in die Kirche gehen, wie alle Leute aus dem
Dorfe?
Die Hebamme traͤgt das Kind.
Graͤfin Julia und Ottilie folgen ihm.
Anton bleibt bei Hedwig zuruͤck.
Hedwig ſitzt, liegt vielmehr in ihrem Lehnſtuhl,
der an’s off’ne Fenſter geſchoben ward, ſo daß ſie
dem kleinen Zuge, der ihr Kind in die Kirche beglei-
tet, mit den Angen folgen kann. Nun wendet ſie ſich
zu Anton:
Mein theurer Freund, wir haben ein herzlich
Wort mit einander zu ſprechen, vielmehr ich habe zu
ſprechen, Du magſt mich guͤtig hoͤren. Doch eh’ ich
beginne, bitt’ ich flehentlich, Du wolleſt nicht glau-
ben, daß in dem, was ich Dir zu ſagen habe, irgend
ein Vorwurf, eine Anklage gegen Dich enthalten ſei.
Jm Gegentheil!
Jch bemerke ſchon ſeit .... o, ſchon ſeit meines
Vaters Tode, daß Dir etwas fehlt. Anfaͤnglich
machte mich dieſe Entdeckung ſehr ungluͤcklich, denn
ich fuͤrchtete einige Tage hindurch, Du koͤnnteſt
bereuen, mich zur Frau genommen zu haben und
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/198>, abgerufen am 16.02.2025.
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