aus den Blättern, die er überlas, wehete ein früh- lingslauer Zauberhauch und immer und immer wie- derholte sich der leise Ausruf: ich liebe Hedwig und ich bin glücklich, daß sie mein Weib ist; aber es war doch schön, als ich frei war!
Ohne daß er es wollte, ja sogar, indem er es zu vermeiden suchte, trug sich eine Färbung davon in die Briefe über, die er an Gräfin Julia nach Sophien- thal zu richten niemals unterließ. Diese aber schien absichtlich keine Kenntniß davon nehmen zu wollen. Aus ihren Antworten, welche Hedwig wie Ottilie lasen, ging immer nur hervor, welchen Antheil sie an dem häuslichen Glücke ihrer theuren Liebenauer nehme. Ottilien dagegen schrieb sie nur: man könne jetzt nichts thun, als schweigen und hoffen; zur Entbin- dung werde sie sich persönlich einstellen, und erst nach dieser, wenn Alles glücklich vorüber, sei es an der Zeit, zu reden und zu handeln.
Gott gebe, seufzte Ottilie, daß sie meinem alten Anton den Kopf zurecht setzt; wenn die Gräfin es nicht vermag, dann ist Alles vergebens.
Wir sprachen so eben von seinen Tagebüchern und daß er dieselben, in zerstreuten Heften und Blättern, wieder ordnend, durchlese. Bei dieser Gelegenheit
aus den Blaͤttern, die er uͤberlas, wehete ein fruͤh- lingslauer Zauberhauch und immer und immer wie- derholte ſich der leiſe Ausruf: ich liebe Hedwig und ich bin gluͤcklich, daß ſie mein Weib iſt; aber es war doch ſchoͤn, als ich frei war!
Ohne daß er es wollte, ja ſogar, indem er es zu vermeiden ſuchte, trug ſich eine Faͤrbung davon in die Briefe uͤber, die er an Graͤfin Julia nach Sophien- thal zu richten niemals unterließ. Dieſe aber ſchien abſichtlich keine Kenntniß davon nehmen zu wollen. Aus ihren Antworten, welche Hedwig wie Ottilie laſen, ging immer nur hervor, welchen Antheil ſie an dem haͤuslichen Gluͤcke ihrer theuren Liebenauer nehme. Ottilien dagegen ſchrieb ſie nur: man koͤnne jetzt nichts thun, als ſchweigen und hoffen; zur Entbin- dung werde ſie ſich perſoͤnlich einſtellen, und erſt nach dieſer, wenn Alles gluͤcklich voruͤber, ſei es an der Zeit, zu reden und zu handeln.
Gott gebe, ſeufzte Ottilie, daß ſie meinem alten Anton den Kopf zurecht ſetzt; wenn die Graͤfin es nicht vermag, dann iſt Alles vergebens.
Wir ſprachen ſo eben von ſeinen Tagebuͤchern und daß er dieſelben, in zerſtreuten Heften und Blaͤttern, wieder ordnend, durchleſe. Bei dieſer Gelegenheit
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aus den Blaͤttern, die er uͤberlas, wehete ein fruͤh-
lingslauer Zauberhauch und immer und immer wie-
derholte ſich der leiſe Ausruf: ich liebe Hedwig und
ich bin gluͤcklich, daß ſie mein Weib iſt; aber es war
doch ſchoͤn, als ich frei war!
Ohne daß er es wollte, ja ſogar, indem er es zu
vermeiden ſuchte, trug ſich eine Faͤrbung davon in die
Briefe uͤber, die er an Graͤfin Julia nach Sophien-
thal zu richten niemals unterließ. Dieſe aber ſchien
abſichtlich keine Kenntniß davon nehmen zu wollen.
Aus ihren Antworten, welche Hedwig wie Ottilie
laſen, ging immer nur hervor, welchen Antheil ſie an
dem haͤuslichen Gluͤcke ihrer theuren Liebenauer nehme.
Ottilien dagegen ſchrieb ſie nur: man koͤnne jetzt
nichts thun, als ſchweigen und hoffen; zur Entbin-
dung werde ſie ſich perſoͤnlich einſtellen, und erſt nach
dieſer, wenn Alles gluͤcklich voruͤber, ſei es an der
Zeit, zu reden und zu handeln.
Gott gebe, ſeufzte Ottilie, daß ſie meinem alten
Anton den Kopf zurecht ſetzt; wenn die Graͤfin es
nicht vermag, dann iſt Alles vergebens.
Wir ſprachen ſo eben von ſeinen Tagebuͤchern und
daß er dieſelben, in zerſtreuten Heften und Blaͤttern,
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/186>, abgerufen am 05.07.2024.
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