Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.sinnend hinaus, dreht sich aber in der Thür noch ein- Wie sie in ihrer Vorrathskammer Kaffee und "Hm, wie kommt der zu uns? Da muß ich schon Anton ist bereits aus Wehmuth in unruhige Auf- ſinnend hinaus, dreht ſich aber in der Thuͤr noch ein- Wie ſie in ihrer Vorrathskammer Kaffee und „Hm, wie kommt der zu uns? Da muß ich ſchon Anton iſt bereits aus Wehmuth in unruhige Auf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0176" n="172"/> ſinnend hinaus, dreht ſich aber in der Thuͤr noch ein-<lb/> mal nach ihrem raͤthſelhaften Gaſte um.</p><lb/> <p>Wie ſie in ihrer Vorrathskammer Kaffee und<lb/> Zucker zuſammenſucht, erblickt ſie durchs Fenſter<lb/> einen wandernden Scheerenſchleifer, der von Schweiße<lb/> triefend, auf ſeiner Karre ſitzend mit dem Hausknecht<lb/> Worte wechſelt uͤber das Pferd, welches dieſer herum-<lb/> fuͤhrt, und ſie hoͤrt deutlich wie der Schleifer ſagt:<lb/> dem gnaͤdigen Herrn von Liebenau, druͤben; ich hab’<lb/> ihn vorgeſtern ſelbſt darauf reiten ſeh’n. —</p><lb/> <p>„Hm, wie kommt der zu uns? Da muß ich ſchon<lb/> ein Loth Kaffee mehr nehmen, daß er ſtark wird!“</p><lb/> <p>Anton iſt bereits aus Wehmuth in unruhige Auf-<lb/> regung uͤbergegangen. Er durchlaͤuft die Schenk-<lb/> ſtube, wie im Kampfe mit ſeinen widerſtrebenden,<lb/> ſich ſelbſt widerſprechenden Empfindungen. Zum<lb/> Erſtenmale, ſeitdem er Hedwig Gattin nennt, will<lb/> ſich ein Zweifel bei ihm geltend machen, ob er Recht<lb/> gethan, ſich zu verheirathen? Ob ſein ganzes Weſen<lb/> uͤberhaupt fuͤr den nothwendigen Zwang des Ehe-<lb/> ſtandes paſſe? Ob er nicht gar durch ſein Vagabun-<lb/> denleben fuͤr haͤusliches Gluͤck, fuͤr friedliche Ruhe<lb/> verdorben ſei; eben ſo unfaͤhig, dabei auszuharren,<lb/> wie der Rieſe Schkramprl, der unmittelbar nach des<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [172/0176]
ſinnend hinaus, dreht ſich aber in der Thuͤr noch ein-
mal nach ihrem raͤthſelhaften Gaſte um.
Wie ſie in ihrer Vorrathskammer Kaffee und
Zucker zuſammenſucht, erblickt ſie durchs Fenſter
einen wandernden Scheerenſchleifer, der von Schweiße
triefend, auf ſeiner Karre ſitzend mit dem Hausknecht
Worte wechſelt uͤber das Pferd, welches dieſer herum-
fuͤhrt, und ſie hoͤrt deutlich wie der Schleifer ſagt:
dem gnaͤdigen Herrn von Liebenau, druͤben; ich hab’
ihn vorgeſtern ſelbſt darauf reiten ſeh’n. —
„Hm, wie kommt der zu uns? Da muß ich ſchon
ein Loth Kaffee mehr nehmen, daß er ſtark wird!“
Anton iſt bereits aus Wehmuth in unruhige Auf-
regung uͤbergegangen. Er durchlaͤuft die Schenk-
ſtube, wie im Kampfe mit ſeinen widerſtrebenden,
ſich ſelbſt widerſprechenden Empfindungen. Zum
Erſtenmale, ſeitdem er Hedwig Gattin nennt, will
ſich ein Zweifel bei ihm geltend machen, ob er Recht
gethan, ſich zu verheirathen? Ob ſein ganzes Weſen
uͤberhaupt fuͤr den nothwendigen Zwang des Ehe-
ſtandes paſſe? Ob er nicht gar durch ſein Vagabun-
denleben fuͤr haͤusliches Gluͤck, fuͤr friedliche Ruhe
verdorben ſei; eben ſo unfaͤhig, dabei auszuharren,
wie der Rieſe Schkramprl, der unmittelbar nach des
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