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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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meinen Leutchen im Schlosse ist nicht Alles in Ord-
nung. Seit des Vaters Tode gefallen sie mir nicht.
Das muß der Gräfin berichtet werden.



Neunundsiebenzigstes Kapitel.

Wie Anton seine Schnitter besucht und von den Mägden gebunden wird. --
Er will sich nicht binden lassen und möchte wieder frei sein. -- Die
Schenke an der Straße nach Polen.

Die Erndte hatte begonnen. Anton ritt von
einem Vorwerk, von einem Felde zum andern, seine
Arbeiter zu begrüßen und sich von den Mägden der
"Hofegärtner binden" zu lassen; der alten guten
Sitte getreu, nach welcher, bei Eröffnung der Erndte-
zeit der Gutsherr, sobald er sich draußen zum Ersten-
male blicken ließ, mit bunten Bändern um den Arm
geschmückt wurde; wofür er natürlich ein reichliches
Geschenk zu spenden nicht versäumen durfte.

Die "Hofegärtner" von Liebenau und den dazu
gehörigen Wirthschaftshöfen wollten von der ihnen
freigestellten Ablösung der sogenannten Robotpflich-
tigkeit durchaus keinen Gebrauch machen. Sie fan-
den es ihrem Vortheile angemessener, des Gutsherrn
Fruchtfelder zu mähen, die Garben zu binden im
Schweiße ihres Angesichtes und dafür "den Zehn-
ten," den ihnen gebührenden Arbeitslohn, in Empfang

meinen Leutchen im Schloſſe iſt nicht Alles in Ord-
nung. Seit des Vaters Tode gefallen ſie mir nicht.
Das muß der Graͤfin berichtet werden.



Neunundſiebenzigſtes Kapitel.

Wie Anton ſeine Schnitter beſucht und von den Mägden gebunden wird. —
Er will ſich nicht binden laſſen und möchte wieder frei ſein. — Die
Schenke an der Straße nach Polen.

Die Erndte hatte begonnen. Anton ritt von
einem Vorwerk, von einem Felde zum andern, ſeine
Arbeiter zu begruͤßen und ſich von den Maͤgden der
„Hofegaͤrtner binden“ zu laſſen; der alten guten
Sitte getreu, nach welcher, bei Eroͤffnung der Erndte-
zeit der Gutsherr, ſobald er ſich draußen zum Erſten-
male blicken ließ, mit bunten Baͤndern um den Arm
geſchmuͤckt wurde; wofuͤr er natuͤrlich ein reichliches
Geſchenk zu ſpenden nicht verſaͤumen durfte.

Die „Hofegaͤrtner“ von Liebenau und den dazu
gehoͤrigen Wirthſchaftshoͤfen wollten von der ihnen
freigeſtellten Abloͤſung der ſogenannten Robotpflich-
tigkeit durchaus keinen Gebrauch machen. Sie fan-
den es ihrem Vortheile angemeſſener, des Gutsherrn
Fruchtfelder zu maͤhen, die Garben zu binden im
Schweiße ihres Angeſichtes und dafuͤr „den Zehn-
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[167/0171] meinen Leutchen im Schloſſe iſt nicht Alles in Ord- nung. Seit des Vaters Tode gefallen ſie mir nicht. Das muß der Graͤfin berichtet werden. Neunundſiebenzigſtes Kapitel. Wie Anton ſeine Schnitter beſucht und von den Mägden gebunden wird. — Er will ſich nicht binden laſſen und möchte wieder frei ſein. — Die Schenke an der Straße nach Polen. Die Erndte hatte begonnen. Anton ritt von einem Vorwerk, von einem Felde zum andern, ſeine Arbeiter zu begruͤßen und ſich von den Maͤgden der „Hofegaͤrtner binden“ zu laſſen; der alten guten Sitte getreu, nach welcher, bei Eroͤffnung der Erndte- zeit der Gutsherr, ſobald er ſich draußen zum Erſten- male blicken ließ, mit bunten Baͤndern um den Arm geſchmuͤckt wurde; wofuͤr er natuͤrlich ein reichliches Geſchenk zu ſpenden nicht verſaͤumen durfte. Die „Hofegaͤrtner“ von Liebenau und den dazu gehoͤrigen Wirthſchaftshoͤfen wollten von der ihnen freigeſtellten Abloͤſung der ſogenannten Robotpflich- tigkeit durchaus keinen Gebrauch machen. Sie fan- den es ihrem Vortheile angemeſſener, des Gutsherrn Fruchtfelder zu maͤhen, die Garben zu binden im Schweiße ihres Angeſichtes und dafuͤr „den Zehn- ten,“ den ihnen gebuͤhrenden Arbeitslohn, in Empfang

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/171>, abgerufen am 27.04.2024.