Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.dem ich mich geliebt wähnte, so lange geschwiegen Der Rittmeister lüftete den grünen Schirm, der dem ich mich geliebt waͤhnte, ſo lange geſchwiegen Der Rittmeiſter luͤftete den gruͤnen Schirm, der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0141" n="137"/> dem ich mich geliebt waͤhnte, ſo lange geſchwiegen<lb/> haben, wenn ſein Herz des meinigen ſich wuͤrdig<lb/> hielte? Wuͤrde er, deſſen Namen ich nicht mehr aus-<lb/> ſprechen will, der vor Deiner Drohung entfloh, wie<lb/> ein Feiger, eben ſo feig geweſen ſein, wenn ſein red-<lb/> licher Wille, ſeine gute Abſicht, ſeine treue Geſinnung<lb/> fuͤr mich ihm Waffen, gute, gerechte Waffen dargebo-<lb/> ten haͤtte? Sein Verſtummen klagt <hi rendition="#g">ihn</hi> an, und<lb/> rechtfertiget Dich! Mag mein Herz bluten, mag<lb/> meine Seele ſich graͤmen, — fuͤr Dich hab’ ich nur<lb/> Verehrung, Liebe, Gehorſam; fuͤr Dich, mein Vater,<lb/> hab’ ich nur kindliche Hingebung. Dieſe Dir zu<lb/> beweiſen, goͤnne mir. Begehre nicht ferner, daß wir<lb/> zwei uns trennen ſollen, daß ich einen Platz, ſei es<lb/> der glaͤnzendſte, in einem großen Hauſe aufſuche!<lb/> Laß’ mich bei Dir. Nur bei Dir iſt Troſt fuͤr verra-<lb/> thene Liebe; nur an des Vaters Bruſt wohnt Friede<lb/> fuͤr meine Bruſt; nur indem ich Dich huͤte, mich in<lb/> Dir vergeſſe, kann ich vergeſſen lernen, wie ſehr ich<lb/> ihn liebte, — wie ich ihn immer noch liebe.“</p><lb/> <p>Der Rittmeiſter luͤftete den gruͤnen Schirm, der<lb/> ſeine kranken, einſt von einer Granate geblendeten<lb/> Augen verdeckte, um ſich die Thraͤnen beſſer trocknen<lb/> zu koͤnnen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [137/0141]
dem ich mich geliebt waͤhnte, ſo lange geſchwiegen
haben, wenn ſein Herz des meinigen ſich wuͤrdig
hielte? Wuͤrde er, deſſen Namen ich nicht mehr aus-
ſprechen will, der vor Deiner Drohung entfloh, wie
ein Feiger, eben ſo feig geweſen ſein, wenn ſein red-
licher Wille, ſeine gute Abſicht, ſeine treue Geſinnung
fuͤr mich ihm Waffen, gute, gerechte Waffen dargebo-
ten haͤtte? Sein Verſtummen klagt ihn an, und
rechtfertiget Dich! Mag mein Herz bluten, mag
meine Seele ſich graͤmen, — fuͤr Dich hab’ ich nur
Verehrung, Liebe, Gehorſam; fuͤr Dich, mein Vater,
hab’ ich nur kindliche Hingebung. Dieſe Dir zu
beweiſen, goͤnne mir. Begehre nicht ferner, daß wir
zwei uns trennen ſollen, daß ich einen Platz, ſei es
der glaͤnzendſte, in einem großen Hauſe aufſuche!
Laß’ mich bei Dir. Nur bei Dir iſt Troſt fuͤr verra-
thene Liebe; nur an des Vaters Bruſt wohnt Friede
fuͤr meine Bruſt; nur indem ich Dich huͤte, mich in
Dir vergeſſe, kann ich vergeſſen lernen, wie ſehr ich
ihn liebte, — wie ich ihn immer noch liebe.“
Der Rittmeiſter luͤftete den gruͤnen Schirm, der
ſeine kranken, einſt von einer Granate geblendeten
Augen verdeckte, um ſich die Thraͤnen beſſer trocknen
zu koͤnnen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |