Anton, heraus mit der Sprache; öffne mir Dein Herz. Sieh, guter Freund, der Herbst ist vor der Thür, der Winter folgt ihm und die arme Tieletunke braucht einen Kuppelpelz. Jch möcht' ihn mir verdienen; -- soll ich? Muth, Anton, Muth und Vertrauen! Denk', ich wär' die alte Mutter Goksch; rede mit mir, wie Du mit ihr reden würdest, wenn sie an meiner Stelle säße. Entdecke mir, was Dich bekümmert. Wozu hat man denn sonst seine Freunde? Und thust Du's nicht, so denk' ich, Du willst mir die Freundschaft aufkündigen."
Jn diesem Augenblicke läuteten sie auf dem Kirch- thurme die Abendglocke. Diese Töne drangen mit ihrem alten Zauber in Antons Herz. Eine unwider- stehliche Rührung bemächtigte sich seiner. Fast wil- lenlos sprach er Hedwigs Namen aus.
"Hedwig heißt sie?" entgegnete Ottilie; "das ist recht schön, doch mir nicht genug. Jch will mehr wissen."
Und Anton fing an, zu erzählen ........... -- -- -- -- -- -- -- -- -- --
Es war tief in der Nacht, als er auf's Schloß zurückkehrte.
Anton, heraus mit der Sprache; oͤffne mir Dein Herz. Sieh, guter Freund, der Herbſt iſt vor der Thuͤr, der Winter folgt ihm und die arme Tieletunke braucht einen Kuppelpelz. Jch moͤcht’ ihn mir verdienen; — ſoll ich? Muth, Anton, Muth und Vertrauen! Denk’, ich waͤr’ die alte Mutter Gokſch; rede mit mir, wie Du mit ihr reden wuͤrdeſt, wenn ſie an meiner Stelle ſaͤße. Entdecke mir, was Dich bekuͤmmert. Wozu hat man denn ſonſt ſeine Freunde? Und thuſt Du’s nicht, ſo denk’ ich, Du willſt mir die Freundſchaft aufkuͤndigen.“
Jn dieſem Augenblicke laͤuteten ſie auf dem Kirch- thurme die Abendglocke. Dieſe Toͤne drangen mit ihrem alten Zauber in Antons Herz. Eine unwider- ſtehliche Ruͤhrung bemaͤchtigte ſich ſeiner. Faſt wil- lenlos ſprach er Hedwigs Namen aus.
„Hedwig heißt ſie?“ entgegnete Ottilie; „das iſt recht ſchoͤn, doch mir nicht genug. Jch will mehr wiſſen.“
Und Anton fing an, zu erzaͤhlen ........... — — — — — — — — — —
Es war tief in der Nacht, als er auf’s Schloß zuruͤckkehrte.
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Anton, heraus mit der Sprache; oͤffne mir Dein Herz.
Sieh, guter Freund, der Herbſt iſt vor der Thuͤr, der
Winter folgt ihm und die arme Tieletunke braucht
einen Kuppelpelz. Jch moͤcht’ ihn mir verdienen; —
ſoll ich? Muth, Anton, Muth und Vertrauen! Denk’,
ich waͤr’ die alte Mutter Gokſch; rede mit mir, wie
Du mit ihr reden wuͤrdeſt, wenn ſie an meiner Stelle
ſaͤße. Entdecke mir, was Dich bekuͤmmert. Wozu
hat man denn ſonſt ſeine Freunde? Und thuſt Du’s
nicht, ſo denk’ ich, Du willſt mir die Freundſchaft
aufkuͤndigen.“
Jn dieſem Augenblicke laͤuteten ſie auf dem Kirch-
thurme die Abendglocke. Dieſe Toͤne drangen mit
ihrem alten Zauber in Antons Herz. Eine unwider-
ſtehliche Ruͤhrung bemaͤchtigte ſich ſeiner. Faſt wil-
lenlos ſprach er Hedwigs Namen aus.
„Hedwig heißt ſie?“ entgegnete Ottilie; „das iſt
recht ſchoͤn, doch mir nicht genug. Jch will mehr
wiſſen.“
Und Anton fing an, zu erzaͤhlen ...........
— — — — — — — — — —
Es war tief in der Nacht, als er auf’s Schloß
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/130>, abgerufen am 26.07.2024.
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