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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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Herrn Verwalter von San Rossore, -- die heilige
Jungfrau segne den Mann, wenn ihn der Teufel nicht
fressen wollte, weil er sogar für diesen zu zäh' wäre!
-- vierhundert schwere Gulden zahlen müssen. Das
geht auf's Lebendige, mein Theuerster. Hingegen seh
ich auf Eurem Ranzen die Fiedel hängen! Seid Jhr,
wie ich vermuthe, ein wandernder Musikant, und habt
Jhr Lust, die Reise mit mir zu machen als Spielmann,
so soll es Euer Schade nicht sein. Mein Kleiner
schlägt die Trommel und dazu müßte sich eine Geige,
dünn und hell gestrichen, absonderlich gut ausnehmen.
's wär' auch ganz 'was Neues und würde dem Volke
hier, dem Kameele keinen Eindruck machen, manches
Geldstück entlocken, weil sie versessen sind hier zu
Lande auf Musik. Könnt Jhr tüchtig geigen, dann
zieht mit mir, vorausgesetzt, daß Jhr nichts Besseres
vorhabt."

Was könnt' ich Besseres vorhaben, als unter
Eurem Szepter, höchst würdiger und erlauchter Va-
gabundenfürst, Kameele zu treiben, und diesen gott-
gefälligen, ächt biblischen Thieren bei ihren Schwen-
kungen mit meiner Fiedel unter ihre Höker an's Herz
zu greifen? Ja, ich will mich verdingen bei Euch, als
Knecht; will mir einbilden, weiser Patriarch ich,

Herrn Verwalter von San Roſſore, — die heilige
Jungfrau ſegne den Mann, wenn ihn der Teufel nicht
freſſen wollte, weil er ſogar fuͤr dieſen zu zaͤh’ waͤre!
— vierhundert ſchwere Gulden zahlen muͤſſen. Das
geht auf’s Lebendige, mein Theuerſter. Hingegen ſeh
ich auf Eurem Ranzen die Fiedel haͤngen! Seid Jhr,
wie ich vermuthe, ein wandernder Muſikant, und habt
Jhr Luſt, die Reiſe mit mir zu machen als Spielmann,
ſo ſoll es Euer Schade nicht ſein. Mein Kleiner
ſchlaͤgt die Trommel und dazu muͤßte ſich eine Geige,
duͤnn und hell geſtrichen, abſonderlich gut ausnehmen.
’s waͤr’ auch ganz ’was Neues und wuͤrde dem Volke
hier, dem Kameele keinen Eindruck machen, manches
Geldſtuͤck entlocken, weil ſie verſeſſen ſind hier zu
Lande auf Muſik. Koͤnnt Jhr tuͤchtig geigen, dann
zieht mit mir, vorausgeſetzt, daß Jhr nichts Beſſeres
vorhabt.“

Was koͤnnt’ ich Beſſeres vorhaben, als unter
Eurem Szepter, hoͤchſt wuͤrdiger und erlauchter Va-
gabundenfuͤrſt, Kameele zu treiben, und dieſen gott-
gefaͤlligen, aͤcht bibliſchen Thieren bei ihren Schwen-
kungen mit meiner Fiedel unter ihre Hoͤker an’s Herz
zu greifen? Ja, ich will mich verdingen bei Euch, als
Knecht; will mir einbilden, weiſer Patriarch ich,

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[68/0072] Herrn Verwalter von San Roſſore, — die heilige Jungfrau ſegne den Mann, wenn ihn der Teufel nicht freſſen wollte, weil er ſogar fuͤr dieſen zu zaͤh’ waͤre! — vierhundert ſchwere Gulden zahlen muͤſſen. Das geht auf’s Lebendige, mein Theuerſter. Hingegen ſeh ich auf Eurem Ranzen die Fiedel haͤngen! Seid Jhr, wie ich vermuthe, ein wandernder Muſikant, und habt Jhr Luſt, die Reiſe mit mir zu machen als Spielmann, ſo ſoll es Euer Schade nicht ſein. Mein Kleiner ſchlaͤgt die Trommel und dazu muͤßte ſich eine Geige, duͤnn und hell geſtrichen, abſonderlich gut ausnehmen. ’s waͤr’ auch ganz ’was Neues und wuͤrde dem Volke hier, dem Kameele keinen Eindruck machen, manches Geldſtuͤck entlocken, weil ſie verſeſſen ſind hier zu Lande auf Muſik. Koͤnnt Jhr tuͤchtig geigen, dann zieht mit mir, vorausgeſetzt, daß Jhr nichts Beſſeres vorhabt.“ Was koͤnnt’ ich Beſſeres vorhaben, als unter Eurem Szepter, hoͤchſt wuͤrdiger und erlauchter Va- gabundenfuͤrſt, Kameele zu treiben, und dieſen gott- gefaͤlligen, aͤcht bibliſchen Thieren bei ihren Schwen- kungen mit meiner Fiedel unter ihre Hoͤker an’s Herz zu greifen? Ja, ich will mich verdingen bei Euch, als Knecht; will mir einbilden, weiſer Patriarch ich,

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/72>, abgerufen am 17.05.2024.