Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.jenem bunten Gemisch aufstieg in die dunkelblaue Das war eine polnische Melodie. Eines jener Doch schien der Mann Freude zu finden am kind- So begrüßten sie sich durch Töne, und Töne Länger denn eine Stunde währte dieser Austausch Am nächsten Morgen bewarb sich Anton um Aus- jenem bunten Gemiſch aufſtieg in die dunkelblaue Das war eine polniſche Melodie. Eines jener Doch ſchien der Mann Freude zu finden am kind- So begruͤßten ſie ſich durch Toͤne, und Toͤne Laͤnger denn eine Stunde waͤhrte dieſer Austauſch Am naͤchſten Morgen bewarb ſich Anton um Aus- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0064" n="60"/> jenem bunten Gemiſch aufſtieg in die dunkelblaue<lb/> Nacht.</p><lb/> <p>Das war eine polniſche Melodie. Eines jener<lb/> ſeelenvoll-ſchwermuͤthigen Lieder aus dem Volke der<lb/> Sarmaten, welches auch bei Tanz und Spiel zu —<lb/> klagen ſcheint! Anton kannte dies Lied, von ſeinem<lb/> Aufenthalte in P. wo er es oft vernommen. Nach-<lb/> dem der Fremde geendet, wiederholte er auf ſeinem<lb/> Jnſtrument, was er jetzt von jenem gehoͤrt: es war,<lb/> wie wenn ein Kind mit duͤnner, ſchwacher Stimme<lb/> die kraͤftige Fuͤlle eines Mannes nachzuahmen ver-<lb/> ſucht.</p><lb/> <p>Doch ſchien der Mann Freude zu finden am kind-<lb/> lichen Geſange, denn er gab ihm Antwort zuruͤck.</p><lb/> <p>So begruͤßten ſie ſich durch Toͤne, und Toͤne<lb/> ſchlangen ein unſichtbares Band zwiſchen zwei<lb/> Seelen, die ſich ſonſt nicht kannten.</p><lb/> <p>Laͤnger denn eine Stunde waͤhrte dieſer Austauſch<lb/> der Gefuͤhle.</p><lb/> <p>Am naͤchſten Morgen bewarb ſich Anton um Aus-<lb/> kunft uͤber ſeinen naͤchtlichen Freund. Es ſei ein<lb/> „Profeſſor der Muſik,“ ſagte man ihm; ein Reiſen-<lb/> der, ein Englaͤnder, welcher kuͤrzlich dort eingezogen<lb/> ſei und fleißig ſtudire, naͤmlich geige.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [60/0064]
jenem bunten Gemiſch aufſtieg in die dunkelblaue
Nacht.
Das war eine polniſche Melodie. Eines jener
ſeelenvoll-ſchwermuͤthigen Lieder aus dem Volke der
Sarmaten, welches auch bei Tanz und Spiel zu —
klagen ſcheint! Anton kannte dies Lied, von ſeinem
Aufenthalte in P. wo er es oft vernommen. Nach-
dem der Fremde geendet, wiederholte er auf ſeinem
Jnſtrument, was er jetzt von jenem gehoͤrt: es war,
wie wenn ein Kind mit duͤnner, ſchwacher Stimme
die kraͤftige Fuͤlle eines Mannes nachzuahmen ver-
ſucht.
Doch ſchien der Mann Freude zu finden am kind-
lichen Geſange, denn er gab ihm Antwort zuruͤck.
So begruͤßten ſie ſich durch Toͤne, und Toͤne
ſchlangen ein unſichtbares Band zwiſchen zwei
Seelen, die ſich ſonſt nicht kannten.
Laͤnger denn eine Stunde waͤhrte dieſer Austauſch
der Gefuͤhle.
Am naͤchſten Morgen bewarb ſich Anton um Aus-
kunft uͤber ſeinen naͤchtlichen Freund. Es ſei ein
„Profeſſor der Muſik,“ ſagte man ihm; ein Reiſen-
der, ein Englaͤnder, welcher kuͤrzlich dort eingezogen
ſei und fleißig ſtudire, naͤmlich geige.
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