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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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er in lachende Fluren blickt, um ihn sodann desto
tiefer in den Staub des Weges zu stoßen. Strafe
und Hohn, das ist zu viel!

Ja, der Staub des Weges! Weiter bleibt mir
nichts übrig. Und so wandre weiter, armer Teufel;
wandre und schlucke Deinen Staub!"



Anton stand am Fenster in seiner bescheidenen
Osteria. Rings um ihn her schwieg Alles. Das
Gastzimmer schon leer, die wenigen Reisenden, die
gleich ihm Unterkunft gesucht, schliefen. Er konnte
ungestört sinnen. Seine Todten zogen an ihm
vorüber. Er gedachte ihrer letzten Worte. Da
gedachte er auch Carino's. Seiner zunächst, weil
dieser ihm nach Pisa beschieden. Und er besann sich,
daß der arme Mann singend gestorben; daß die
Melodie, welche Anton der Korbmacherjunge damals
dem fremden Herrn vor Onkel Nasus Schlosse vor-
gespielt, aus der Brust des Verscheidenden nach-
geklungen habe. Als wenn er dem Verewigten ein
Requiem schuldig sei und diese Schuld jetzt in tiefer
stiller Nacht abtragen müsse, holte er seine Geige aus
ihrem wachsleinenen Reisemantel hervor, lehnte sich
in die Fenstermauer und spielte das alte deutsche

er in lachende Fluren blickt, um ihn ſodann deſto
tiefer in den Staub des Weges zu ſtoßen. Strafe
und Hohn, das iſt zu viel!

Ja, der Staub des Weges! Weiter bleibt mir
nichts uͤbrig. Und ſo wandre weiter, armer Teufel;
wandre und ſchlucke Deinen Staub!“



Anton ſtand am Fenſter in ſeiner beſcheidenen
Oſteria. Rings um ihn her ſchwieg Alles. Das
Gaſtzimmer ſchon leer, die wenigen Reiſenden, die
gleich ihm Unterkunft geſucht, ſchliefen. Er konnte
ungeſtoͤrt ſinnen. Seine Todten zogen an ihm
voruͤber. Er gedachte ihrer letzten Worte. Da
gedachte er auch Carino’s. Seiner zunaͤchſt, weil
dieſer ihm nach Piſa beſchieden. Und er beſann ſich,
daß der arme Mann ſingend geſtorben; daß die
Melodie, welche Anton der Korbmacherjunge damals
dem fremden Herrn vor Onkel Naſus Schloſſe vor-
geſpielt, aus der Bruſt des Verſcheidenden nach-
geklungen habe. Als wenn er dem Verewigten ein
Requiem ſchuldig ſei und dieſe Schuld jetzt in tiefer
ſtiller Nacht abtragen muͤſſe, holte er ſeine Geige aus
ihrem wachsleinenen Reiſemantel hervor, lehnte ſich
in die Fenſtermauer und ſpielte das alte deutſche

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[58/0062] er in lachende Fluren blickt, um ihn ſodann deſto tiefer in den Staub des Weges zu ſtoßen. Strafe und Hohn, das iſt zu viel! Ja, der Staub des Weges! Weiter bleibt mir nichts uͤbrig. Und ſo wandre weiter, armer Teufel; wandre und ſchlucke Deinen Staub!“ Anton ſtand am Fenſter in ſeiner beſcheidenen Oſteria. Rings um ihn her ſchwieg Alles. Das Gaſtzimmer ſchon leer, die wenigen Reiſenden, die gleich ihm Unterkunft geſucht, ſchliefen. Er konnte ungeſtoͤrt ſinnen. Seine Todten zogen an ihm voruͤber. Er gedachte ihrer letzten Worte. Da gedachte er auch Carino’s. Seiner zunaͤchſt, weil dieſer ihm nach Piſa beſchieden. Und er beſann ſich, daß der arme Mann ſingend geſtorben; daß die Melodie, welche Anton der Korbmacherjunge damals dem fremden Herrn vor Onkel Naſus Schloſſe vor- geſpielt, aus der Bruſt des Verſcheidenden nach- geklungen habe. Als wenn er dem Verewigten ein Requiem ſchuldig ſei und dieſe Schuld jetzt in tiefer ſtiller Nacht abtragen muͤſſe, holte er ſeine Geige aus ihrem wachsleinenen Reiſemantel hervor, lehnte ſich in die Fenſtermauer und ſpielte das alte deutſche

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/62>, abgerufen am 28.11.2024.