Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.Wunsch. Jch hatte ein unbestimmtes Vorgefühl, Mittlerweile war ich der Landesgrenze immer Mir wurd' es nicht so gut, den Paß einer Ent- Wunſch. Jch hatte ein unbeſtimmtes Vorgefuͤhl, Mittlerweile war ich der Landesgrenze immer Mir wurd’ es nicht ſo gut, den Paß einer Ent- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0253" n="249"/> Wunſch. Jch hatte ein unbeſtimmtes Vorgefuͤhl,<lb/> daß es anderer Gegenden beduͤrfe, ſollt’ ich ein neues<lb/> Daſein beginnen, fremden Himmels, fremder Sit-<lb/> ten, eines fremden Namens fuͤr mich. Die Kantors-<lb/> tochter, die Geliebte des Grafen Guido, die Mutter<lb/> des kleinen Anton — (o ich bedauernswerthes Weib!)<lb/> — mußte wirklich geſtorben ſein, Allen die von ihr<lb/> wußten, wenn dasjenige, was in mir noch lebendig<lb/> waltete und ſtrebte, ſich auf irgend eine Art geltend<lb/> machen wollte.</p><lb/> <p>Mittlerweile war ich der Landesgrenze immer<lb/> naͤher gekommen. Von der Nothwendigkeit eines<lb/> ſchriftlichen Ausweiſes uͤber meine Perſon hatte ich<lb/> eben ſo wenig Kenntniß, als Du mein Sohn gehabt,<lb/> da Du bei der Simonelli anlangteſt, wie ich aus<lb/> Deinen eigenen Erzaͤhlungen weiß. Du konnteſt,<lb/> wenn Du mir von Deinem Leben berichteteſt, wohl<lb/> nicht ahnen, mit welch’ eigenthuͤmlichen Empfindun-<lb/> gen die Mutter allen Momenten lauſchte, wo das Schick-<lb/> ſal des Sohnes Aehnlichkeit mit dem ihrigen zeigte.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Mir</hi> wurd’ es nicht ſo gut, den Paß einer Ent-<lb/> wichenen zu erben, wie Du jenen des nach Rußland<lb/> uͤbergetretenen Antoine. Jch hatte noch ſchwer zu lei-<lb/> den, bevor ich dieſe kleinliche Noth uͤberwunden. Jch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [249/0253]
Wunſch. Jch hatte ein unbeſtimmtes Vorgefuͤhl,
daß es anderer Gegenden beduͤrfe, ſollt’ ich ein neues
Daſein beginnen, fremden Himmels, fremder Sit-
ten, eines fremden Namens fuͤr mich. Die Kantors-
tochter, die Geliebte des Grafen Guido, die Mutter
des kleinen Anton — (o ich bedauernswerthes Weib!)
— mußte wirklich geſtorben ſein, Allen die von ihr
wußten, wenn dasjenige, was in mir noch lebendig
waltete und ſtrebte, ſich auf irgend eine Art geltend
machen wollte.
Mittlerweile war ich der Landesgrenze immer
naͤher gekommen. Von der Nothwendigkeit eines
ſchriftlichen Ausweiſes uͤber meine Perſon hatte ich
eben ſo wenig Kenntniß, als Du mein Sohn gehabt,
da Du bei der Simonelli anlangteſt, wie ich aus
Deinen eigenen Erzaͤhlungen weiß. Du konnteſt,
wenn Du mir von Deinem Leben berichteteſt, wohl
nicht ahnen, mit welch’ eigenthuͤmlichen Empfindun-
gen die Mutter allen Momenten lauſchte, wo das Schick-
ſal des Sohnes Aehnlichkeit mit dem ihrigen zeigte.
Mir wurd’ es nicht ſo gut, den Paß einer Ent-
wichenen zu erben, wie Du jenen des nach Rußland
uͤbergetretenen Antoine. Jch hatte noch ſchwer zu lei-
den, bevor ich dieſe kleinliche Noth uͤberwunden. Jch
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