wollte auf jenes himmlische Wesen, welches Deinem Vater Gattin wurde und durch dessen Vermittelung, -- das ist's, was mich auf meinem Sterbelager mit tröstender Zuversicht erfüllt, -- Du Dich mit ihm vereinigen kannst.
Von nun an werde ich eilen müssen, will ich an's Ende dieser Schilderung gelangen, bevor mein Ende mich erreicht.
Von jenem auflodernden Lebensmuthe, der in der dustigen Nacht des blühenden Glashauses sich regen wollen, war nichts mehr übrig geblieben. Meine Eitelkeit, mein Selbstvertrauen hatten, Gräfin Julie gegenüber, einer trostlosen Entsagung weichen müs- sen. Mit ihr verglichen kam ich mir niedrig, uner- zogen, gemein vor. Fragst Du, ob ich in Wahrheit die Absicht gehegt, "mich sterben zu lassen?" so kann ich heute keine bestimmte Antwort mehr darauf erthei- len. Jch fürchtete den Tod, dennoch wär' er mir willkommen gewesen. Jch haßte das Leben, dennoch knüpfte ich von Stunde zu Stunde wieder unklare Hoffnungen an seine Fortdauer. Für's Erste eilt' ich nur, heftigen Schrittes, aus dem Bereiche jener Orte zu gelangen, deren Bewohnern ich für eine Abge- schiedene gelten wollte; das war mein nächster
wollte auf jenes himmliſche Weſen, welches Deinem Vater Gattin wurde und durch deſſen Vermittelung, — das iſt’s, was mich auf meinem Sterbelager mit troͤſtender Zuverſicht erfuͤllt, — Du Dich mit ihm vereinigen kannſt.
Von nun an werde ich eilen muͤſſen, will ich an’s Ende dieſer Schilderung gelangen, bevor mein Ende mich erreicht.
Von jenem auflodernden Lebensmuthe, der in der duſtigen Nacht des bluͤhenden Glashauſes ſich regen wollen, war nichts mehr uͤbrig geblieben. Meine Eitelkeit, mein Selbſtvertrauen hatten, Graͤfin Julie gegenuͤber, einer troſtloſen Entſagung weichen muͤſ- ſen. Mit ihr verglichen kam ich mir niedrig, uner- zogen, gemein vor. Fragſt Du, ob ich in Wahrheit die Abſicht gehegt, „mich ſterben zu laſſen?“ ſo kann ich heute keine beſtimmte Antwort mehr darauf erthei- len. Jch fuͤrchtete den Tod, dennoch waͤr’ er mir willkommen geweſen. Jch haßte das Leben, dennoch knuͤpfte ich von Stunde zu Stunde wieder unklare Hoffnungen an ſeine Fortdauer. Fuͤr’s Erſte eilt’ ich nur, heftigen Schrittes, aus dem Bereiche jener Orte zu gelangen, deren Bewohnern ich fuͤr eine Abge- ſchiedene gelten wollte; das war mein naͤchſter
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wollte auf jenes himmliſche Weſen, welches Deinem
Vater Gattin wurde und durch deſſen Vermittelung,
— das iſt’s, was mich auf meinem Sterbelager mit
troͤſtender Zuverſicht erfuͤllt, — Du Dich mit ihm
vereinigen kannſt.
Von nun an werde ich eilen muͤſſen, will ich an’s
Ende dieſer Schilderung gelangen, bevor mein Ende
mich erreicht.
Von jenem auflodernden Lebensmuthe, der in der
duſtigen Nacht des bluͤhenden Glashauſes ſich regen
wollen, war nichts mehr uͤbrig geblieben. Meine
Eitelkeit, mein Selbſtvertrauen hatten, Graͤfin Julie
gegenuͤber, einer troſtloſen Entſagung weichen muͤſ-
ſen. Mit ihr verglichen kam ich mir niedrig, uner-
zogen, gemein vor. Fragſt Du, ob ich in Wahrheit
die Abſicht gehegt, „mich ſterben zu laſſen?“ ſo kann
ich heute keine beſtimmte Antwort mehr darauf erthei-
len. Jch fuͤrchtete den Tod, dennoch waͤr’ er mir
willkommen geweſen. Jch haßte das Leben, dennoch
knuͤpfte ich von Stunde zu Stunde wieder unklare
Hoffnungen an ſeine Fortdauer. Fuͤr’s Erſte eilt’ ich
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/252>, abgerufen am 26.07.2024.
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