Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.von meinem Kinde unmütterlich getrennt, durch sträf- Das ist der entzückende Leichtsinn der Jugendkraft, Erst als ich vor Ermattung, im strengsten Sinne Die Gärtnerleute schienen beauftragt, mir allerlei von meinem Kinde unmuͤtterlich getrennt, durch ſtraͤf- Das iſt der entzuͤckende Leichtſinn der Jugendkraft, Erſt als ich vor Ermattung, im ſtrengſten Sinne Die Gaͤrtnerleute ſchienen beauftragt, mir allerlei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0243" n="239"/> von meinem Kinde unmuͤtterlich getrennt, durch ſtraͤf-<lb/> lichen Jngrimm; indem ich nur Mangel, Gefahr,<lb/> Tod vor mir ſah, weh’te mich aus den Duͤften dieſes<lb/> Prachthauſes eine uͤppig-verlockende Luft mit Zauber-<lb/> hauche an; rief mir eine luͤſterne Stimme zu: Auch<lb/> Du wirſt noch leben und lieben!</p><lb/> <p>Das iſt der entzuͤckende Leichtſinn der Jugendkraft,<lb/> der mich damals durchſtroͤmte; den ich heute, wo ich,<lb/> ein ſterbendes Weib, dieſe Zeilen muͤhſelig zu Papiere<lb/> bringe, ſelbſt nicht mehr begreife. Doch ſeiner zu<lb/> erinnern vermag ich mich noch; vermag ich mich<lb/> noch ſo deutlich, daß ich ſagen moͤchte: dieſe fuͤrchter-<lb/> lichſte Nacht meines Lebens war zugleich die goͤtt-<lb/> lichſte. Das klingt wahnſinnig, Anton, und dennoch<lb/> iſt es wahr.</p><lb/> <p>Erſt als ich vor Ermattung, im ſtrengſten Sinne<lb/> des Wortes, nicht mehr ſtehen konnte, ſucht’ ich mein<lb/> Lager und verſank ſogleich in todtaͤhnlichen Schlaf.<lb/> Und als ich aus dieſem ſpaͤt am Tage aufwachte,<lb/> war die naͤchtliche Bezauberung verſchwunden; ich<lb/> erwachte zum ganzen, unverhuͤllten Jammer der<lb/> Wirklichkeit.</p><lb/> <p>Die Gaͤrtnerleute ſchienen beauftragt, mir allerlei<lb/> Anerbietungen zu machen. Jch wußte ihnen auszu-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [239/0243]
von meinem Kinde unmuͤtterlich getrennt, durch ſtraͤf-
lichen Jngrimm; indem ich nur Mangel, Gefahr,
Tod vor mir ſah, weh’te mich aus den Duͤften dieſes
Prachthauſes eine uͤppig-verlockende Luft mit Zauber-
hauche an; rief mir eine luͤſterne Stimme zu: Auch
Du wirſt noch leben und lieben!
Das iſt der entzuͤckende Leichtſinn der Jugendkraft,
der mich damals durchſtroͤmte; den ich heute, wo ich,
ein ſterbendes Weib, dieſe Zeilen muͤhſelig zu Papiere
bringe, ſelbſt nicht mehr begreife. Doch ſeiner zu
erinnern vermag ich mich noch; vermag ich mich
noch ſo deutlich, daß ich ſagen moͤchte: dieſe fuͤrchter-
lichſte Nacht meines Lebens war zugleich die goͤtt-
lichſte. Das klingt wahnſinnig, Anton, und dennoch
iſt es wahr.
Erſt als ich vor Ermattung, im ſtrengſten Sinne
des Wortes, nicht mehr ſtehen konnte, ſucht’ ich mein
Lager und verſank ſogleich in todtaͤhnlichen Schlaf.
Und als ich aus dieſem ſpaͤt am Tage aufwachte,
war die naͤchtliche Bezauberung verſchwunden; ich
erwachte zum ganzen, unverhuͤllten Jammer der
Wirklichkeit.
Die Gaͤrtnerleute ſchienen beauftragt, mir allerlei
Anerbietungen zu machen. Jch wußte ihnen auszu-
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