Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.sehend; selbst von Alter und Schwäche gebeugt, gab Schon konnte man im Monat März Vorboten ſehend; ſelbſt von Alter und Schwaͤche gebeugt, gab Schon konnte man im Monat Maͤrz Vorboten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="207"/> ſehend; ſelbſt von Alter und Schwaͤche gebeugt, gab<lb/> ſich der ungluͤcklichen Leidenſchaft des Trunkes nun<lb/> zwiefach hin, um in ſchwerem Rauſche ſein Elend<lb/> minder zu ſpuͤren; er lag von fruͤh bis zur ſpaͤten<lb/> Nacht in den Schenkſtuben. Fuͤr ihn zeigte die<lb/> Kranke wenig Mitleid. Laßt ihn, ſprach ſie, wenn<lb/> Anton ſeine Verirrungen bedauerte, laßt ihn gewaͤh-<lb/> ren; auf dieſe Weiſe beſchleuniget er ſeinen Tod und<lb/> daran thut er wohl; denn ohne mich kann er ja doch<lb/> nichts mehr anfangen. Laßt ihn trinken und ſterben!</p><lb/> <p>Schon konnte man im Monat Maͤrz Vorboten<lb/> des Fruͤhlings wahrnehmen; ſchon plauderten Hed-<lb/> wig und Anton von Schneegloͤckchen, Veilchen und<lb/> Aurikeln; da fingen die Narben des Rittmeiſters auch<lb/> zu mahnen an, daß der Winter ſich zum Abzuge<lb/> ruͤſte. Das war, wie er verſicherte, ſeit acht Jahren<lb/> um dieſe Zeit immer geſchehen, doch niemals noch ſo<lb/> heftig als heuer. Gichtiſche Anfaͤlle geſellten ſich den<lb/> gewoͤhnlichen Leiden bei. Bald war er nicht mehr faͤhig,<lb/> ſein Schlafgemach zu verlaſſen, und die franzoͤſiſchen<lb/> Sprechuͤbungen der jungen Leute gingen von nun an<lb/> ohne Gegenwart eines Zeugen vor ſich. Dieſes<lb/> Alleinſein haͤtte nichts Gefaͤhrliches gehabt, waͤren<lb/> beide ſchon bei’m Beginn ihrer Zuſammenkuͤnfte ſich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [207/0211]
ſehend; ſelbſt von Alter und Schwaͤche gebeugt, gab
ſich der ungluͤcklichen Leidenſchaft des Trunkes nun
zwiefach hin, um in ſchwerem Rauſche ſein Elend
minder zu ſpuͤren; er lag von fruͤh bis zur ſpaͤten
Nacht in den Schenkſtuben. Fuͤr ihn zeigte die
Kranke wenig Mitleid. Laßt ihn, ſprach ſie, wenn
Anton ſeine Verirrungen bedauerte, laßt ihn gewaͤh-
ren; auf dieſe Weiſe beſchleuniget er ſeinen Tod und
daran thut er wohl; denn ohne mich kann er ja doch
nichts mehr anfangen. Laßt ihn trinken und ſterben!
Schon konnte man im Monat Maͤrz Vorboten
des Fruͤhlings wahrnehmen; ſchon plauderten Hed-
wig und Anton von Schneegloͤckchen, Veilchen und
Aurikeln; da fingen die Narben des Rittmeiſters auch
zu mahnen an, daß der Winter ſich zum Abzuge
ruͤſte. Das war, wie er verſicherte, ſeit acht Jahren
um dieſe Zeit immer geſchehen, doch niemals noch ſo
heftig als heuer. Gichtiſche Anfaͤlle geſellten ſich den
gewoͤhnlichen Leiden bei. Bald war er nicht mehr faͤhig,
ſein Schlafgemach zu verlaſſen, und die franzoͤſiſchen
Sprechuͤbungen der jungen Leute gingen von nun an
ohne Gegenwart eines Zeugen vor ſich. Dieſes
Alleinſein haͤtte nichts Gefaͤhrliches gehabt, waͤren
beide ſchon bei’m Beginn ihrer Zuſammenkuͤnfte ſich
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