rere. Den Elephanten erwählte der ehemalige Thier- führer. Ein Bär, sprach er, wäre mir noch lieber gewesen, sollte es auch ein blauer sein; dagegen wohn' ich von nun an nicht mehr in einem Hirsch, und wenn's ein goldener wäre.
Der Elephant sah unseren Freund anfänglich ein Bischen über die Achsel an; das schlechteste Stüb- chen, so unter seines Rüssels Szepter lag, öffnete sich für Anton. Jhm, der seit sechs Tagen durch Schnee und Feld, von Dorf zu Dorf sich umherge- schlagen, dünkte dies armselige Gemach mit seinem eisernen Oefchen ein Prunkzimmer, sehr geeignet, einige Tage der Ruhe, der Ueberlegung zu widmen und von dort Entschlüsse für ferneren Lebenswandel mit zu nehmen. Wie uneigentlich, sagte er, nach- dem er trocknes Holz in den glühenden Ofen nachge- legt und sich behaglich auf das dreibeinige Kanapee gestreckt, wie uneigentlich redet man doch von dem Lebenswandel der meisten Menschen, die da un wan- delbar an ihrer Scholle kleben, in ihren Läden feil- schen, in ihrem Amte regieren, neben ihrer Eltern Grabe modern. Wandeln sie durch's Leben? O nein, das Leben wandelt durch sie und sie spüren's manchmal kaum. Jch dagegen, seitdem ich Liebenau
rere. Den Elephanten erwaͤhlte der ehemalige Thier- fuͤhrer. Ein Baͤr, ſprach er, waͤre mir noch lieber geweſen, ſollte es auch ein blauer ſein; dagegen wohn’ ich von nun an nicht mehr in einem Hirſch, und wenn’s ein goldener waͤre.
Der Elephant ſah unſeren Freund anfaͤnglich ein Bischen uͤber die Achſel an; das ſchlechteſte Stuͤb- chen, ſo unter ſeines Ruͤſſels Szepter lag, oͤffnete ſich fuͤr Anton. Jhm, der ſeit ſechs Tagen durch Schnee und Feld, von Dorf zu Dorf ſich umherge- ſchlagen, duͤnkte dies armſelige Gemach mit ſeinem eiſernen Oefchen ein Prunkzimmer, ſehr geeignet, einige Tage der Ruhe, der Ueberlegung zu widmen und von dort Entſchluͤſſe fuͤr ferneren Lebenswandel mit zu nehmen. Wie uneigentlich, ſagte er, nach- dem er trocknes Holz in den gluͤhenden Ofen nachge- legt und ſich behaglich auf das dreibeinige Kanapee geſtreckt, wie uneigentlich redet man doch von dem Lebenswandel der meiſten Menſchen, die da un wan- delbar an ihrer Scholle kleben, in ihren Laͤden feil- ſchen, in ihrem Amte regieren, neben ihrer Eltern Grabe modern. Wandeln ſie durch’s Leben? O nein, das Leben wandelt durch ſie und ſie ſpuͤren’s manchmal kaum. Jch dagegen, ſeitdem ich Liebenau
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rere. Den Elephanten erwaͤhlte der ehemalige Thier-
fuͤhrer. Ein Baͤr, ſprach er, waͤre mir noch lieber
geweſen, ſollte es auch ein blauer ſein; dagegen
wohn’ ich von nun an nicht mehr in einem Hirſch,
und wenn’s ein goldener waͤre.
Der Elephant ſah unſeren Freund anfaͤnglich ein
Bischen uͤber die Achſel an; das ſchlechteſte Stuͤb-
chen, ſo unter ſeines Ruͤſſels Szepter lag, oͤffnete
ſich fuͤr Anton. Jhm, der ſeit ſechs Tagen durch
Schnee und Feld, von Dorf zu Dorf ſich umherge-
ſchlagen, duͤnkte dies armſelige Gemach mit ſeinem
eiſernen Oefchen ein Prunkzimmer, ſehr geeignet,
einige Tage der Ruhe, der Ueberlegung zu widmen
und von dort Entſchluͤſſe fuͤr ferneren Lebenswandel
mit zu nehmen. Wie uneigentlich, ſagte er, nach-
dem er trocknes Holz in den gluͤhenden Ofen nachge-
legt und ſich behaglich auf das dreibeinige Kanapee
geſtreckt, wie uneigentlich redet man doch von dem
Lebenswandel der meiſten Menſchen, die da un wan-
delbar an ihrer Scholle kleben, in ihren Laͤden feil-
ſchen, in ihrem Amte regieren, neben ihrer Eltern
Grabe modern. Wandeln ſie durch’s Leben? O
nein, das Leben wandelt durch ſie und ſie ſpuͤren’s
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/141>, abgerufen am 26.06.2024.
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