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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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Vater etwa noch beschwatzen mit Euren schönen
Redensarten, daß er mich zwingt, Euch zu heirathen
und muß ich, -- nun gut, so muß ich. Jn die Kirche
mögt Jhr mich schleppen, das weiß ich nicht. Und ein
Ja fährt mir vielleicht auch heraus, wenn mich der
Vater in's Genick schlägt. Aber in mein Bett kommt
Jhr nicht, Mosje Anton, weder nachher, noch vorher.
Eher zerkratz' ich Euch das glatte Gesicht mit den
Nägeln und reiß' Euch die frechen Augen aus dem
Kopfe. Jch bin kein schwächliches Stadtfräulein; ich
bin ein handfestes Weibsbild. Mich übertölpelt Jhr
nicht; ich weiß, um was es sich handelt. Es wär'
auch eben nicht das Erstemal, daß ich zur Nacht Be-
such gehabt; nur der Rechte muß es sein. Damit
Jhr's wißt, des Försters ältester Sohn, der Wilhelm,
ist mein Liebster und kommt zu mir in die Heirath,
wenn der Vater verreiset. Der ist mir der Rechte.
Ein schmucker Bursch aus unseren Bergen, nicht ein
Herumstreicher aus fremden Landen, der meinem leicht-
gläubigen Vater vorfaselt und fabelt. Also laßt Euch
Euer Gelüsten vergeh'n. Denn der Wilhelm versteht
auch keinen Spaß nicht. Und nun mögt Jhr's unten
klatschen, das vom Wilhelm! 's ist mir auch nichts
d'rum. Jch geh' schlafen. Laßt Jhr Euch bei meiner

Vater etwa noch beſchwatzen mit Euren ſchoͤnen
Redensarten, daß er mich zwingt, Euch zu heirathen
und muß ich, — nun gut, ſo muß ich. Jn die Kirche
moͤgt Jhr mich ſchleppen, das weiß ich nicht. Und ein
Ja faͤhrt mir vielleicht auch heraus, wenn mich der
Vater in’s Genick ſchlaͤgt. Aber in mein Bett kommt
Jhr nicht, Mosje Anton, weder nachher, noch vorher.
Eher zerkratz’ ich Euch das glatte Geſicht mit den
Naͤgeln und reiß’ Euch die frechen Augen aus dem
Kopfe. Jch bin kein ſchwaͤchliches Stadtfraͤulein; ich
bin ein handfeſtes Weibsbild. Mich uͤbertoͤlpelt Jhr
nicht; ich weiß, um was es ſich handelt. Es waͤr’
auch eben nicht das Erſtemal, daß ich zur Nacht Be-
ſuch gehabt; nur der Rechte muß es ſein. Damit
Jhr’s wißt, des Foͤrſters aͤlteſter Sohn, der Wilhelm,
iſt mein Liebſter und kommt zu mir in die Heirath,
wenn der Vater verreiſet. Der iſt mir der Rechte.
Ein ſchmucker Burſch aus unſeren Bergen, nicht ein
Herumſtreicher aus fremden Landen, der meinem leicht-
glaͤubigen Vater vorfaſelt und fabelt. Alſo laßt Euch
Euer Geluͤſten vergeh’n. Denn der Wilhelm verſteht
auch keinen Spaß nicht. Und nun moͤgt Jhr’s unten
klatſchen, das vom Wilhelm! ’s iſt mir auch nichts
d’rum. Jch geh’ ſchlafen. Laßt Jhr Euch bei meiner

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[130/0134] Vater etwa noch beſchwatzen mit Euren ſchoͤnen Redensarten, daß er mich zwingt, Euch zu heirathen und muß ich, — nun gut, ſo muß ich. Jn die Kirche moͤgt Jhr mich ſchleppen, das weiß ich nicht. Und ein Ja faͤhrt mir vielleicht auch heraus, wenn mich der Vater in’s Genick ſchlaͤgt. Aber in mein Bett kommt Jhr nicht, Mosje Anton, weder nachher, noch vorher. Eher zerkratz’ ich Euch das glatte Geſicht mit den Naͤgeln und reiß’ Euch die frechen Augen aus dem Kopfe. Jch bin kein ſchwaͤchliches Stadtfraͤulein; ich bin ein handfeſtes Weibsbild. Mich uͤbertoͤlpelt Jhr nicht; ich weiß, um was es ſich handelt. Es waͤr’ auch eben nicht das Erſtemal, daß ich zur Nacht Be- ſuch gehabt; nur der Rechte muß es ſein. Damit Jhr’s wißt, des Foͤrſters aͤlteſter Sohn, der Wilhelm, iſt mein Liebſter und kommt zu mir in die Heirath, wenn der Vater verreiſet. Der iſt mir der Rechte. Ein ſchmucker Burſch aus unſeren Bergen, nicht ein Herumſtreicher aus fremden Landen, der meinem leicht- glaͤubigen Vater vorfaſelt und fabelt. Alſo laßt Euch Euer Geluͤſten vergeh’n. Denn der Wilhelm verſteht auch keinen Spaß nicht. Und nun moͤgt Jhr’s unten klatſchen, das vom Wilhelm! ’s iſt mir auch nichts d’rum. Jch geh’ ſchlafen. Laßt Jhr Euch bei meiner

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/134>, abgerufen am 25.11.2024.