Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

"Es ist fürchterlich langweilig hier in dem lieben
V. Bei schlechtem Wetter wie heute ist's gar aus!

Papa Kästner will mich durchaus zum Abrichten
der Thiere abrichten. Nicht zufrieden, daß ich bereits
erlernt habe, seine Schüler bei öffentlichem Examen
mit Glanze vorzuführen, verlangt er auch, ich soll
begreifen, wie man die Langohren unterrichtet. Den
drei jungen Hasen, die er als künftigen Ersatz zur
Auswahl aufgenommen, für jenen beim großen Um-
sturz im Walde von der Kiste erschlagenen, -- welcher
letztere, nebenbei gesagt, sich sehr zäh' verspeisete, da
wir ihn braten ließen, -- diene ich gewissermaßen als
Hauslehrer, oder wie man bei uns zu Lande sagt
"Hofemeister." Es sind bornirte Köpfe.

Adelheid geht um mich herum, wie die Katze um
den heißen Brei. Bis jetzt wagt sie noch kaum, mich
anzusprechen. Gott sei Dank!"


"Endlich hab' ich eine Geige aufgetrieben; sie ist
zwar nicht viel werth, aber sie klingt doch.

Es regnet unaufhörlich. Jetzt wünschte ich den
Waldweg zu passiren, wo ich Papa Kästner kennen
lernte; aber zu Nachen.

Die Vagabunden. III. 8

„Es iſt fuͤrchterlich langweilig hier in dem lieben
V. Bei ſchlechtem Wetter wie heute iſt’s gar aus!

Papa Kaͤſtner will mich durchaus zum Abrichten
der Thiere abrichten. Nicht zufrieden, daß ich bereits
erlernt habe, ſeine Schuͤler bei oͤffentlichem Examen
mit Glanze vorzufuͤhren, verlangt er auch, ich ſoll
begreifen, wie man die Langohren unterrichtet. Den
drei jungen Haſen, die er als kuͤnftigen Erſatz zur
Auswahl aufgenommen, fuͤr jenen beim großen Um-
ſturz im Walde von der Kiſte erſchlagenen, — welcher
letztere, nebenbei geſagt, ſich ſehr zaͤh’ verſpeiſete, da
wir ihn braten ließen, — diene ich gewiſſermaßen als
Hauslehrer, oder wie man bei uns zu Lande ſagt
„Hofemeiſter.“ Es ſind bornirte Koͤpfe.

Adelheid geht um mich herum, wie die Katze um
den heißen Brei. Bis jetzt wagt ſie noch kaum, mich
anzuſprechen. Gott ſei Dank!“


„Endlich hab’ ich eine Geige aufgetrieben; ſie iſt
zwar nicht viel werth, aber ſie klingt doch.

Es regnet unaufhoͤrlich. Jetzt wuͤnſchte ich den
Waldweg zu paſſiren, wo ich Papa Kaͤſtner kennen
lernte; aber zu Nachen.

Die Vagabunden. III. 8
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0117" n="113"/>
          <div type="diaryEntry">
            <dateline> <hi rendition="#et">Vom 6. November.</hi> </dateline><lb/>
            <p>&#x201E;Es i&#x017F;t fu&#x0364;rchterlich langweilig hier in dem lieben<lb/>
V. Bei &#x017F;chlechtem Wetter wie heute i&#x017F;t&#x2019;s gar aus!</p><lb/>
            <p>Papa Ka&#x0364;&#x017F;tner will mich durchaus zum Abrichten<lb/>
der Thiere abrichten. Nicht zufrieden, daß ich bereits<lb/>
erlernt habe, &#x017F;eine Schu&#x0364;ler bei o&#x0364;ffentlichem Examen<lb/>
mit Glanze vorzufu&#x0364;hren, verlangt er auch, ich &#x017F;oll<lb/>
begreifen, wie man die Langohren unterrichtet. Den<lb/>
drei jungen Ha&#x017F;en, die er als ku&#x0364;nftigen Er&#x017F;atz zur<lb/>
Auswahl aufgenommen, fu&#x0364;r jenen beim großen Um-<lb/>
&#x017F;turz im Walde von der Ki&#x017F;te er&#x017F;chlagenen, &#x2014; welcher<lb/>
letztere, nebenbei ge&#x017F;agt, &#x017F;ich &#x017F;ehr za&#x0364;h&#x2019; ver&#x017F;pei&#x017F;ete, da<lb/>
wir ihn braten ließen, &#x2014; diene ich gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen als<lb/>
Hauslehrer, oder wie man bei uns zu Lande &#x017F;agt<lb/>
&#x201E;Hofemei&#x017F;ter.&#x201C; Es &#x017F;ind bornirte Ko&#x0364;pfe.</p><lb/>
            <p>Adelheid geht um mich herum, wie die Katze um<lb/>
den heißen Brei. Bis jetzt wagt &#x017F;ie noch kaum, mich<lb/>
anzu&#x017F;prechen. Gott &#x017F;ei Dank!&#x201C;</p>
          </div><lb/>
          <div type="diaryEntry">
            <dateline> <hi rendition="#et">Vom 8. November.</hi> </dateline><lb/>
            <p>&#x201E;Endlich hab&#x2019; ich eine Geige aufgetrieben; &#x017F;ie i&#x017F;t<lb/>
zwar nicht viel werth, aber &#x017F;ie klingt doch.</p><lb/>
            <p>Es regnet unaufho&#x0364;rlich. Jetzt wu&#x0364;n&#x017F;chte ich den<lb/>
Waldweg zu pa&#x017F;&#x017F;iren, wo ich Papa Ka&#x0364;&#x017F;tner kennen<lb/>
lernte; aber zu Nachen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Die Vagabunden. <hi rendition="#aq">III.</hi> 8</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0117] Vom 6. November. „Es iſt fuͤrchterlich langweilig hier in dem lieben V. Bei ſchlechtem Wetter wie heute iſt’s gar aus! Papa Kaͤſtner will mich durchaus zum Abrichten der Thiere abrichten. Nicht zufrieden, daß ich bereits erlernt habe, ſeine Schuͤler bei oͤffentlichem Examen mit Glanze vorzufuͤhren, verlangt er auch, ich ſoll begreifen, wie man die Langohren unterrichtet. Den drei jungen Haſen, die er als kuͤnftigen Erſatz zur Auswahl aufgenommen, fuͤr jenen beim großen Um- ſturz im Walde von der Kiſte erſchlagenen, — welcher letztere, nebenbei geſagt, ſich ſehr zaͤh’ verſpeiſete, da wir ihn braten ließen, — diene ich gewiſſermaßen als Hauslehrer, oder wie man bei uns zu Lande ſagt „Hofemeiſter.“ Es ſind bornirte Koͤpfe. Adelheid geht um mich herum, wie die Katze um den heißen Brei. Bis jetzt wagt ſie noch kaum, mich anzuſprechen. Gott ſei Dank!“ Vom 8. November. „Endlich hab’ ich eine Geige aufgetrieben; ſie iſt zwar nicht viel werth, aber ſie klingt doch. Es regnet unaufhoͤrlich. Jetzt wuͤnſchte ich den Waldweg zu paſſiren, wo ich Papa Kaͤſtner kennen lernte; aber zu Nachen. Die Vagabunden. III. 8

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/117
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/117>, abgerufen am 27.11.2024.