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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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Lücke verdecken könne. Er hatte für Dr. bereits
Vorkehrungen getroffen und wurde daselbst erwartet.

Anton befand sich außer Gefahr. Doch behaup-
tete sein Arzt, daß jede zu frühzeitige Anstrengung
unzulässig sei; daß sicherer für ihn gebürgt werden
könne, wenn er in ungestörter körperlicher wie geisti-
ger Abspannung verbleibe. Jhm also durfte man
für's Erste den Aufbruch der Truppe gar nicht bekannt
werden lassen. Aber was sollte mit seiner Pflegerin
geschehen? Würde er die Wahrheit nicht errathen,
wenn sie plötzlich fehlte? Und würde er dann nicht
darauf bestehen, ihnen zu folgen? Oder, mit Gewalt
zurückgehalten, sich in Ungeduld abquälen und
dadurch krank machen?

Der wohlmeinende Arzt, an seinem jungen Pa-
tienten, den er liebenswürdig fand, aufrichtigen Theil
nehmend, gestand offenherzig, daß er keinen rechten
Rath wisse und überließ es dem Scharfsinne der
Jartour, mit welcher verschiedene geheime Berathun-
gen gepflogen wurden, ein Auskunftsmittel zu ersin-
nen. Besser konnt' er's nicht treffen. Wo niemand
Hülfe weiß, wird es uneigennütziger aufopfernder
Liebe damit gelingen, -- wofern auf Erden noch
Hülfe vorhanden. Adele erklärte sich bereit, mit

Luͤcke verdecken koͤnne. Er hatte fuͤr Dr. bereits
Vorkehrungen getroffen und wurde daſelbſt erwartet.

Anton befand ſich außer Gefahr. Doch behaup-
tete ſein Arzt, daß jede zu fruͤhzeitige Anſtrengung
unzulaͤſſig ſei; daß ſicherer fuͤr ihn gebuͤrgt werden
koͤnne, wenn er in ungeſtoͤrter koͤrperlicher wie geiſti-
ger Abſpannung verbleibe. Jhm alſo durfte man
fuͤr’s Erſte den Aufbruch der Truppe gar nicht bekannt
werden laſſen. Aber was ſollte mit ſeiner Pflegerin
geſchehen? Wuͤrde er die Wahrheit nicht errathen,
wenn ſie ploͤtzlich fehlte? Und wuͤrde er dann nicht
darauf beſtehen, ihnen zu folgen? Oder, mit Gewalt
zuruͤckgehalten, ſich in Ungeduld abquaͤlen und
dadurch krank machen?

Der wohlmeinende Arzt, an ſeinem jungen Pa-
tienten, den er liebenswuͤrdig fand, aufrichtigen Theil
nehmend, geſtand offenherzig, daß er keinen rechten
Rath wiſſe und uͤberließ es dem Scharfſinne der
Jartour, mit welcher verſchiedene geheime Berathun-
gen gepflogen wurden, ein Auskunftsmittel zu erſin-
nen. Beſſer konnt’ er’s nicht treffen. Wo niemand
Huͤlfe weiß, wird es uneigennuͤtziger aufopfernder
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[60/0062] Luͤcke verdecken koͤnne. Er hatte fuͤr Dr. bereits Vorkehrungen getroffen und wurde daſelbſt erwartet. Anton befand ſich außer Gefahr. Doch behaup- tete ſein Arzt, daß jede zu fruͤhzeitige Anſtrengung unzulaͤſſig ſei; daß ſicherer fuͤr ihn gebuͤrgt werden koͤnne, wenn er in ungeſtoͤrter koͤrperlicher wie geiſti- ger Abſpannung verbleibe. Jhm alſo durfte man fuͤr’s Erſte den Aufbruch der Truppe gar nicht bekannt werden laſſen. Aber was ſollte mit ſeiner Pflegerin geſchehen? Wuͤrde er die Wahrheit nicht errathen, wenn ſie ploͤtzlich fehlte? Und wuͤrde er dann nicht darauf beſtehen, ihnen zu folgen? Oder, mit Gewalt zuruͤckgehalten, ſich in Ungeduld abquaͤlen und dadurch krank machen? Der wohlmeinende Arzt, an ſeinem jungen Pa- tienten, den er liebenswuͤrdig fand, aufrichtigen Theil nehmend, geſtand offenherzig, daß er keinen rechten Rath wiſſe und uͤberließ es dem Scharfſinne der Jartour, mit welcher verſchiedene geheime Berathun- gen gepflogen wurden, ein Auskunftsmittel zu erſin- nen. Beſſer konnt’ er’s nicht treffen. Wo niemand Huͤlfe weiß, wird es uneigennuͤtziger aufopfernder Liebe damit gelingen, — wofern auf Erden noch Huͤlfe vorhanden. Adele erklaͤrte ſich bereit, mit

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/62>, abgerufen am 27.11.2024.