Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Da sah ich sie zum Erstenmale lächeln; doch stellte
sie's augenblicklich wieder ein. Die gute Frau hat
etwas gegen mich, sie kann's nicht verbergen, ich bin
ihr zuwider. Zwar nehm' ich ihr's nicht übel, denn
so was ist unwillkührlich, doch drückt es mich und ver-
leidet mir meine Anstellung, mit der ich übrigens alle
Ursach hätte, sehr zufrieden zu sein. Es ist halt nichts
auf Erden vollkommen und kein Glück bleibt unge-
trübt."


"Heute ist es ein Jahr, daß ich zum Erstenmale
im Cirkus öffentlich erschien. Mit welchen Hoffnun-
gen! Mit welch' eitlen Voraussetzungen! Und was
hat sich davon erfüllt?"


"Da wären wir ja in dem altberühmten F. Hier
wird geblieben.

Das ist wahr, einzurichten versteht mein Herr
seine Sachen. Unsere Bude sieht aus wie ein
Schmuckkästchen von Jnnen und Außen. Mein
heimliches Kabinet ist so niedlich, daß ich es fast zu
schön finde, für die unschönen Gegenstände, die es
zum Theil einschließt. Herr Vlämert ist zwar sehr
stolz auf dieselben, und gewissermaßen kann er es

Da ſah ich ſie zum Erſtenmale laͤcheln; doch ſtellte
ſie’s augenblicklich wieder ein. Die gute Frau hat
etwas gegen mich, ſie kann’s nicht verbergen, ich bin
ihr zuwider. Zwar nehm’ ich ihr’s nicht uͤbel, denn
ſo was iſt unwillkuͤhrlich, doch druͤckt es mich und ver-
leidet mir meine Anſtellung, mit der ich uͤbrigens alle
Urſach haͤtte, ſehr zufrieden zu ſein. Es iſt halt nichts
auf Erden vollkommen und kein Gluͤck bleibt unge-
truͤbt.“


„Heute iſt es ein Jahr, daß ich zum Erſtenmale
im Cirkus oͤffentlich erſchien. Mit welchen Hoffnun-
gen! Mit welch’ eitlen Vorausſetzungen! Und was
hat ſich davon erfuͤllt?“


„Da waͤren wir ja in dem altberuͤhmten F. Hier
wird geblieben.

Das iſt wahr, einzurichten verſteht mein Herr
ſeine Sachen. Unſere Bude ſieht aus wie ein
Schmuckkaͤſtchen von Jnnen und Außen. Mein
heimliches Kabinet iſt ſo niedlich, daß ich es faſt zu
ſchoͤn finde, fuͤr die unſchoͤnen Gegenſtaͤnde, die es
zum Theil einſchließt. Herr Vlaͤmert iſt zwar ſehr
ſtolz auf dieſelben, und gewiſſermaßen kann er es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div type="diaryEntry">
            <p><pb facs="#f0226" n="224"/>
Da &#x017F;ah ich &#x017F;ie zum Er&#x017F;tenmale la&#x0364;cheln; doch &#x017F;tellte<lb/>
&#x017F;ie&#x2019;s augenblicklich wieder ein. Die gute Frau hat<lb/>
etwas gegen mich, &#x017F;ie kann&#x2019;s nicht verbergen, ich bin<lb/>
ihr zuwider. Zwar nehm&#x2019; ich ihr&#x2019;s nicht u&#x0364;bel, denn<lb/>
&#x017F;o was i&#x017F;t unwillku&#x0364;hrlich, doch dru&#x0364;ckt es mich und ver-<lb/>
leidet mir meine An&#x017F;tellung, mit der ich u&#x0364;brigens alle<lb/>
Ur&#x017F;ach ha&#x0364;tte, &#x017F;ehr zufrieden zu &#x017F;ein. Es i&#x017F;t halt nichts<lb/>
auf Erden vollkommen und kein Glu&#x0364;ck bleibt unge-<lb/>
tru&#x0364;bt.&#x201C;</p>
          </div><lb/>
          <div type="diaryEntry">
            <dateline> <hi rendition="#et">vom 23. Juni.</hi> </dateline><lb/>
            <p>&#x201E;Heute i&#x017F;t es ein Jahr, daß ich zum Er&#x017F;tenmale<lb/>
im Cirkus o&#x0364;ffentlich er&#x017F;chien. Mit welchen Hoffnun-<lb/>
gen! Mit welch&#x2019; eitlen Voraus&#x017F;etzungen! Und was<lb/>
hat &#x017F;ich davon erfu&#x0364;llt?&#x201C;</p>
          </div><lb/>
          <div type="diaryEntry">
            <dateline> <hi rendition="#et">vom 7. Juli.</hi> </dateline><lb/>
            <p>&#x201E;Da wa&#x0364;ren wir ja in dem altberu&#x0364;hmten F. Hier<lb/>
wird geblieben.</p><lb/>
            <p>Das i&#x017F;t wahr, einzurichten ver&#x017F;teht mein Herr<lb/>
&#x017F;eine Sachen. Un&#x017F;ere Bude &#x017F;ieht aus wie ein<lb/>
Schmuckka&#x0364;&#x017F;tchen von Jnnen und Außen. Mein<lb/>
heimliches Kabinet i&#x017F;t &#x017F;o niedlich, daß ich es fa&#x017F;t zu<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n finde, fu&#x0364;r die un&#x017F;cho&#x0364;nen Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde, die es<lb/>
zum Theil ein&#x017F;chließt. Herr Vla&#x0364;mert i&#x017F;t zwar &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;tolz auf die&#x017F;elben, und gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen kann er es<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0226] Da ſah ich ſie zum Erſtenmale laͤcheln; doch ſtellte ſie’s augenblicklich wieder ein. Die gute Frau hat etwas gegen mich, ſie kann’s nicht verbergen, ich bin ihr zuwider. Zwar nehm’ ich ihr’s nicht uͤbel, denn ſo was iſt unwillkuͤhrlich, doch druͤckt es mich und ver- leidet mir meine Anſtellung, mit der ich uͤbrigens alle Urſach haͤtte, ſehr zufrieden zu ſein. Es iſt halt nichts auf Erden vollkommen und kein Gluͤck bleibt unge- truͤbt.“ vom 23. Juni. „Heute iſt es ein Jahr, daß ich zum Erſtenmale im Cirkus oͤffentlich erſchien. Mit welchen Hoffnun- gen! Mit welch’ eitlen Vorausſetzungen! Und was hat ſich davon erfuͤllt?“ vom 7. Juli. „Da waͤren wir ja in dem altberuͤhmten F. Hier wird geblieben. Das iſt wahr, einzurichten verſteht mein Herr ſeine Sachen. Unſere Bude ſieht aus wie ein Schmuckkaͤſtchen von Jnnen und Außen. Mein heimliches Kabinet iſt ſo niedlich, daß ich es faſt zu ſchoͤn finde, fuͤr die unſchoͤnen Gegenſtaͤnde, die es zum Theil einſchließt. Herr Vlaͤmert iſt zwar ſehr ſtolz auf dieſelben, und gewiſſermaßen kann er es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/226
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/226>, abgerufen am 23.11.2024.