Und hinter welch' einem Titelblatt! Und welch' ein Name! Der Polizei-Direktor hinter den Vaga- bunden!
Wohlan denn, diese Strafe ist Jhnen zuerkannt.
Sie sind daran gewöhnt, bei zuerkannten Strafen fragen zu hören: warum? weshalb? wofür? Sie machen billigerweise dies Recht der Frage in Jhrer eigenen Angelegenheit geltend, und ich erwiedere:
Wenn ein Schriftsteller zurückgezogen aus dem Geräusch der sogenannten Gesellschaft, nur in einem sehr kleinen Kreise von umgänglichen Bekannten, in der Natur und in seinen literarischen Bestrebungen ver- kehrt; wenn sich weder um letztere, noch um ihn selbst unter 60,000 Einwohnern am Orte eine Seele beküm- mert; wenn die Mehrzahl nicht weiß, daß er lebt, dich- tet, tichtet und trachtet; wenn seine Bücher in keiner Leihbibliothek, auf keinem Toilettentische zu finden sind; wenn er unbemerkt und unbeachtet seinen Weg wan- derte, sein Einsiedlerleben führte, ohne mit Fragen über etwaige Thätigkeit bedrängt zu werden; wenn er im glücklichen Gefühle, sich selbst überlassen, vom Robot- Dienste herkömmlicher Einladungen und Besuche frei zu bleiben, sein eigener Herr heißen durfte, ein Glück, welches in anderen Städten nicht leicht errungen wird;
Und hinter welch’ einem Titelblatt! Und welch’ ein Name! Der Polizei-Direktor hinter den Vaga- bunden!
Wohlan denn, dieſe Strafe iſt Jhnen zuerkannt.
Sie ſind daran gewöhnt, bei zuerkannten Strafen fragen zu hören: warum? weshalb? wofür? Sie machen billigerweiſe dies Recht der Frage in Jhrer eigenen Angelegenheit geltend, und ich erwiedere:
Wenn ein Schriftſteller zurückgezogen aus dem Geräuſch der ſogenannten Geſellſchaft, nur in einem ſehr kleinen Kreiſe von umgänglichen Bekannten, in der Natur und in ſeinen literariſchen Beſtrebungen ver- kehrt; wenn ſich weder um letztere, noch um ihn ſelbſt unter 60,000 Einwohnern am Orte eine Seele beküm- mert; wenn die Mehrzahl nicht weiß, daß er lebt, dich- tet, tichtet und trachtet; wenn ſeine Bücher in keiner Leihbibliothek, auf keinem Toilettentiſche zu finden ſind; wenn er unbemerkt und unbeachtet ſeinen Weg wan- derte, ſein Einſiedlerleben führte, ohne mit Fragen über etwaige Thätigkeit bedrängt zu werden; wenn er im glücklichen Gefühle, ſich ſelbſt überlaſſen, vom Robot- Dienſte herkömmlicher Einladungen und Beſuche frei zu bleiben, ſein eigener Herr heißen durfte, ein Glück, welches in anderen Städten nicht leicht errungen wird;
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[VIII/0008]
Und hinter welch’ einem Titelblatt! Und welch’ ein
Name! Der Polizei-Direktor hinter den Vaga-
bunden!
Wohlan denn, dieſe Strafe iſt Jhnen zuerkannt.
Sie ſind daran gewöhnt, bei zuerkannten Strafen
fragen zu hören: warum? weshalb? wofür? Sie
machen billigerweiſe dies Recht der Frage in Jhrer
eigenen Angelegenheit geltend, und ich erwiedere:
Wenn ein Schriftſteller zurückgezogen aus dem
Geräuſch der ſogenannten Geſellſchaft, nur in einem
ſehr kleinen Kreiſe von umgänglichen Bekannten, in der
Natur und in ſeinen literariſchen Beſtrebungen ver-
kehrt; wenn ſich weder um letztere, noch um ihn ſelbſt
unter 60,000 Einwohnern am Orte eine Seele beküm-
mert; wenn die Mehrzahl nicht weiß, daß er lebt, dich-
tet, tichtet und trachtet; wenn ſeine Bücher in keiner
Leihbibliothek, auf keinem Toilettentiſche zu finden ſind;
wenn er unbemerkt und unbeachtet ſeinen Weg wan-
derte, ſein Einſiedlerleben führte, ohne mit Fragen über
etwaige Thätigkeit bedrängt zu werden; wenn er im
glücklichen Gefühle, ſich ſelbſt überlaſſen, vom Robot-
Dienſte herkömmlicher Einladungen und Beſuche frei
zu bleiben, ſein eigener Herr heißen durfte, ein Glück,
welches in anderen Städten nicht leicht errungen wird;
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/8>, abgerufen am 24.11.2024.
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