lieben sollte, der sich im schmutzigen Sande umher wälzt und auf dem Kopfe steht, wie unsere Affen."
"Herr Guillaume war sehr freundlich gegen mich. Madame auch. Sie musterten mich und meine ganze Figur, von oben bis unten, wie wenn sie mich kaufen wollten und fragten mich dann: ob ich nicht Lust hätte, das "Metier" zu ergreifen? Jch erwiederte, ich würde mich wahrscheinlich sehr ungeschickt anstel- len, denn ich hätte zeitlebens noch auf keinem Pferde gesessen. Nichts desto weniger, setzte ich hinzu, liebte ich die Pferde leidenschaftlich und wäre wie bezaubert von dem was ich hier gesehen; so daß ich mich im Fieber befände! Sie luden mich ein, des Morgens manchmal in die Proben zu kommen. Jch könnt' es ja, sagten sie, scherzweise versuchen. Warum nicht; das kann ich wohl thun!"
den 18. Juni.
"Jch werde nicht einschlafen, ehe ich nicht die Eindrücke des heutigen Tages niedergeschrieben. Doch bin ich kaum im Stande, die Feder zu führen, weil mir die Hand zittert. Meine Aufregung ist fürch- terlich."
"Schon seit vorgestern Abend, seitdem ich aus der Guilaume'schen Garderobe kam, ist Madame Amelot
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lieben ſollte, der ſich im ſchmutzigen Sande umher waͤlzt und auf dem Kopfe ſteht, wie unſere Affen.“
„Herr Guillaume war ſehr freundlich gegen mich. Madame auch. Sie muſterten mich und meine ganze Figur, von oben bis unten, wie wenn ſie mich kaufen wollten und fragten mich dann: ob ich nicht Luſt haͤtte, das „Metier“ zu ergreifen? Jch erwiederte, ich wuͤrde mich wahrſcheinlich ſehr ungeſchickt anſtel- len, denn ich haͤtte zeitlebens noch auf keinem Pferde geſeſſen. Nichts deſto weniger, ſetzte ich hinzu, liebte ich die Pferde leidenſchaftlich und waͤre wie bezaubert von dem was ich hier geſehen; ſo daß ich mich im Fieber befaͤnde! Sie luden mich ein, des Morgens manchmal in die Proben zu kommen. Jch koͤnnt’ es ja, ſagten ſie, ſcherzweiſe verſuchen. Warum nicht; das kann ich wohl thun!“
den 18. Juni.
„Jch werde nicht einſchlafen, ehe ich nicht die Eindruͤcke des heutigen Tages niedergeſchrieben. Doch bin ich kaum im Stande, die Feder zu fuͤhren, weil mir die Hand zittert. Meine Aufregung iſt fuͤrch- terlich.“
„Schon ſeit vorgeſtern Abend, ſeitdem ich aus der Guilaume’ſchen Garderobe kam, iſt Madame Amelot
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lieben ſollte, der ſich im ſchmutzigen Sande umher
waͤlzt und auf dem Kopfe ſteht, wie unſere Affen.“
„Herr Guillaume war ſehr freundlich gegen mich.
Madame auch. Sie muſterten mich und meine ganze
Figur, von oben bis unten, wie wenn ſie mich kaufen
wollten und fragten mich dann: ob ich nicht Luſt
haͤtte, das „Metier“ zu ergreifen? Jch erwiederte,
ich wuͤrde mich wahrſcheinlich ſehr ungeſchickt anſtel-
len, denn ich haͤtte zeitlebens noch auf keinem Pferde
geſeſſen. Nichts deſto weniger, ſetzte ich hinzu, liebte
ich die Pferde leidenſchaftlich und waͤre wie bezaubert
von dem was ich hier geſehen; ſo daß ich mich im
Fieber befaͤnde! Sie luden mich ein, des Morgens
manchmal in die Proben zu kommen. Jch koͤnnt’ es
ja, ſagten ſie, ſcherzweiſe verſuchen. Warum nicht;
das kann ich wohl thun!“
den 18. Juni.
„Jch werde nicht einſchlafen, ehe ich nicht die
Eindruͤcke des heutigen Tages niedergeſchrieben. Doch
bin ich kaum im Stande, die Feder zu fuͤhren, weil
mir die Hand zittert. Meine Aufregung iſt fuͤrch-
terlich.“
„Schon ſeit vorgeſtern Abend, ſeitdem ich aus der
Guilaume’ſchen Garderobe kam, iſt Madame Amelot
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/307>, abgerufen am 24.11.2024.
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