Permission als Grundobrigkeit, daß mir dürfet spielen heunt auf die Nacht; unsriges Papier sein in Richtig- keit, wann wollen 'S' anschau'n?
"Aber Schockschwerenoth", schrie Nasus, denn das war das sanfteste, was die nur durch Bärbels Schönheit und Ruhe zurückgedrängte Wuth ihn her- vorbringen ließ! -- "Was machen denn eure Schind- mähren auf meiner Wiese?"
Fressen thun's, Euer Gnaden, erwiederte Bärbel in unerschütterlichem Gleichmuth.
"Das seh' ich, Kanaille", fuhr der Baron fort, wobei er in seiner Art vollkommen sanft und freund- lich blieb; "das seh' ich, aber wer giebt ihnen das Recht? Meine schönste Wiese, --"
O mein Jesus, Euer Gnaden, das Bissel Wies'! Zweimal gemäht heuer, wachst nur Grummet. Ver- gunnen Euer Gnaden an meine Rössel! Sein so klein wie Hundel; fressen nit gar viel; nur Maulvoll. Schauen S' wie ausschlagen und schreien: wie kleine Buben. Sein gar so lustig!
Nasus verstummte. Mit dem Ausdruck dummen Erstaunens ließ er einen lüsternen Blick über die weißen Gewänder des braunen Bärbels gleiten und seiner Nase Purpurgluth brannte feuriger wie je, als
Die Vagabunden. I. 7
Permiſſion als Grundobrigkeit, daß mir duͤrfet ſpielen heunt auf die Nacht; unſriges Papier ſein in Richtig- keit, wann wollen ’S’ anſchau’n?
„Aber Schockſchwerenoth“, ſchrie Naſus, denn das war das ſanfteſte, was die nur durch Baͤrbels Schoͤnheit und Ruhe zuruͤckgedraͤngte Wuth ihn her- vorbringen ließ! — „Was machen denn eure Schind- maͤhren auf meiner Wieſe?“
Freſſen thun’s, Euer Gnaden, erwiederte Baͤrbel in unerſchuͤtterlichem Gleichmuth.
„Das ſeh’ ich, Kanaille“, fuhr der Baron fort, wobei er in ſeiner Art vollkommen ſanft und freund- lich blieb; „das ſeh’ ich, aber wer giebt ihnen das Recht? Meine ſchoͤnſte Wieſe, —“
O mein Jeſus, Euer Gnaden, das Biſſel Wieſ’! Zweimal gemaͤht heuer, wachſt nur Grummet. Ver- gunnen Euer Gnaden an meine Roͤſſel! Sein ſo klein wie Hundel; freſſen nit gar viel; nur Maulvoll. Schauen S’ wie ausſchlagen und ſchreien: wie kleine Buben. Sein gar ſo luſtig!
Naſus verſtummte. Mit dem Ausdruck dummen Erſtaunens ließ er einen luͤſternen Blick uͤber die weißen Gewaͤnder des braunen Baͤrbels gleiten und ſeiner Naſe Purpurgluth brannte feuriger wie je, als
Die Vagabunden. I. 7
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0113"n="97"/>
Permiſſion als Grundobrigkeit, daß mir duͤrfet ſpielen<lb/>
heunt auf die Nacht; unſriges Papier ſein in Richtig-<lb/>
keit, wann wollen ’S’ anſchau’n?</p><lb/><p>„Aber Schockſchwerenoth“, ſchrie Naſus, denn<lb/>
das war das ſanfteſte, was die nur durch Baͤrbels<lb/>
Schoͤnheit und Ruhe zuruͤckgedraͤngte Wuth ihn her-<lb/>
vorbringen ließ! —„Was machen denn eure Schind-<lb/>
maͤhren auf meiner Wieſe?“</p><lb/><p>Freſſen thun’s, Euer Gnaden, erwiederte Baͤrbel<lb/>
in unerſchuͤtterlichem Gleichmuth.</p><lb/><p>„Das ſeh’ ich, Kanaille“, fuhr der Baron fort,<lb/>
wobei er in ſeiner Art vollkommen ſanft und freund-<lb/>
lich blieb; „das ſeh’ ich, aber wer giebt ihnen das<lb/>
Recht? Meine ſchoͤnſte Wieſe, —“</p><lb/><p>O mein Jeſus, Euer Gnaden, das Biſſel Wieſ’!<lb/>
Zweimal gemaͤht heuer, wachſt nur Grummet. Ver-<lb/>
gunnen Euer Gnaden an meine Roͤſſel! Sein ſo klein<lb/>
wie Hundel; freſſen nit gar viel; nur Maulvoll.<lb/>
Schauen S’ wie ausſchlagen und ſchreien: wie kleine<lb/>
Buben. Sein gar ſo luſtig!</p><lb/><p>Naſus verſtummte. Mit dem Ausdruck dummen<lb/>
Erſtaunens ließ er einen luͤſternen Blick uͤber die<lb/>
weißen Gewaͤnder des braunen Baͤrbels gleiten und<lb/>ſeiner Naſe Purpurgluth brannte feuriger wie je, als<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Die Vagabunden. <hirendition="#aq">I.</hi> 7</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[97/0113]
Permiſſion als Grundobrigkeit, daß mir duͤrfet ſpielen
heunt auf die Nacht; unſriges Papier ſein in Richtig-
keit, wann wollen ’S’ anſchau’n?
„Aber Schockſchwerenoth“, ſchrie Naſus, denn
das war das ſanfteſte, was die nur durch Baͤrbels
Schoͤnheit und Ruhe zuruͤckgedraͤngte Wuth ihn her-
vorbringen ließ! — „Was machen denn eure Schind-
maͤhren auf meiner Wieſe?“
Freſſen thun’s, Euer Gnaden, erwiederte Baͤrbel
in unerſchuͤtterlichem Gleichmuth.
„Das ſeh’ ich, Kanaille“, fuhr der Baron fort,
wobei er in ſeiner Art vollkommen ſanft und freund-
lich blieb; „das ſeh’ ich, aber wer giebt ihnen das
Recht? Meine ſchoͤnſte Wieſe, —“
O mein Jeſus, Euer Gnaden, das Biſſel Wieſ’!
Zweimal gemaͤht heuer, wachſt nur Grummet. Ver-
gunnen Euer Gnaden an meine Roͤſſel! Sein ſo klein
wie Hundel; freſſen nit gar viel; nur Maulvoll.
Schauen S’ wie ausſchlagen und ſchreien: wie kleine
Buben. Sein gar ſo luſtig!
Naſus verſtummte. Mit dem Ausdruck dummen
Erſtaunens ließ er einen luͤſternen Blick uͤber die
weißen Gewaͤnder des braunen Baͤrbels gleiten und
ſeiner Naſe Purpurgluth brannte feuriger wie je, als
Die Vagabunden. I. 7
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/113>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.