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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] abgebrennt; etliche lassen im Sommer auch ein wenig
Gras darunter schneiden/ aber nicht zu viel/ dann kosten
sie einmal das süsse Kleegras/ wollen sie hernach nichts
anders fressen.

Mit dem Castriren der Kälber/ ist man auch nicht
einig; Etliche schneiden sie/ weil sie noch an der Mutter-
Milch saugen/ und es etwan in der dritten oder vierdten
Wochen ihres Alters verrichten; lassen sie aber densel-
bigen Tage nicht trincken. Etliche erwarten ein halbes
Jahr. Herr de Serres aber vermeynt/ es sey besser/
daß man das andere oder dritte Jahr erwarte/ denn es
gebe es die Erfahrung/ daß sie also stärcker und kräffti-
ger werden. Jch aber bleibe bey der ersten Meynung/
die Kälber noch bey der Milch zu schneiden/ weil sie es
eher vergessen/ eher heilen und hernach besser wachsen;
wie es in Ungerland offenbar/ daraus so viel 1000
Ochsen jährlich gebracht sind/ die man alle in zarter
Jugend geschnitten. Mit den zwey und dritthalb jäh-
rigen aber/ wie Herr de Serres will/ hat es dieses Beden-
[Spaltenumbruch] cken/ daß sie um selbige Zeit schon anfangen die Kühe
kennen zu lernen/ und wo sie nicht zukommen sind/ doch
sich/ natürlicher Weise darnach sehnen/ und wann ihnen
dieses durch das Schneiden genommen wird/ fangen sie
an traurig zu werden/ essen nicht so gern/ und nehmen
nicht so gern zu/ so sind sie auch härter zu bezwingen/
und zu gewehnen/ verlieren ehe die Stärcke/ als sie solche
verdoppeln solten/ und sollen sie auch stärcker wer-
den/ so sind sie auch dabey wilder/ und mißbrauchen
ihrer Kräfften mehr zum Ungehorsam als zur Arbeit.

So ist auch in diesem Alter der Schnitt gefährli-
cher/ weil/ wann er mißräthet/ alle Mühe und Fütterey/
die man zwey oder dritthalbe Jahr daran gewendet/ ver-
lohren gehet/ und ein weit grösserer Schade ist/ als
wann ein Kalb von dem Schnitt (das doch selten ge-
schihet) umkommet/ weil es in fünff oder sechs Wochen
zu unterhalten wenig gekostet hat/ also auch sein Ver-
lust ein geringer Schade und wol zu verschmertzen ist/
alle Castrirungen sollen im abnehmenden Monden ge-
schehen.

Cap. XXXIII.
Vom galten Vieh und ihrer Wartung.
[Spaltenumbruch]

GLeichwie ein Feldherr/ der Krieg führet/ nicht al-
lein ein wol abgerichtes und dapfferes Kriegs-
heer im Feld halten muß/ seinen Feinden
den Kopf zu bieten/ sondern er muß auch in seinem Lan-
de recrouten-Plätze und frische Werbungen haben/
mit diesen neu angenommenen Völckern den Abgang
und Verlust seiner Armee/ die meistentheils in Schlach-
ten/ Belägerungen/ Parteyen/ und sonst durch andere
Noth/ Kranckheiten und Brodmangel/ durch abgestor-
bene und ausreissende/ abnimmt und kleiner wird/ wie-
derum zu ergäntzen und zu verstärcken: Also muß es ein
vernünfftiger Hausvatter auch in seinen Mayerhöfen
anstellen; da werden die Kühe/ Stier/ Ochsen und an-
ders Viehe etwan geschlachtet/ verletzet/ mit andern
Unfällen und Kranckheiten/ und endlich mit dem hohen
Alter betroffen/ die muß man nothwendig wiedererse-
tzen/ alles kauffen von neuen ist keine Wirthschafft/
Vendacem oportet esse Patrem familias, non emacem.
Es ist in der Wirthschafft eine grössere Ehre verkauf-
fen als kauffen/ weil das erste das Geld ins Haus/
das andere aber das Geld aus dem Hause bringt.

Das galte Viehe wird aus den Kälbern im er-
sten und andern Jahr/ viel oder wenig/ nachdem die
Fütterey/ Wiesen und Feldbau es erfordern oder zulas-
sen/ erzogen; daraus man nicht allein die Felder und
[Spaltenumbruch] Gründe desto besser dunget/ sondern auch die abgängi-
gen Plätze im Kühe- und Ochsenstall nach und nach wie-
der ersetzet/ und wird man (wie offt im Kauffen zu ge-
schehen pflegt) desto weniger betrogen/ wann man das
Vieh/ ob es gesund/ starck/ ässig/ wolgestaltet/ Milch-
reich/ gut oder böse/ fromm oder untreu sey/ selbsten ken-
net/ allein von den allerbesten und schönesten für
sich zur Zucht abspehnet/ die übrigen entweder ins Hau-
se braucht/ oder zur Schlachtbanck sendet; also kan es
nicht fehlen/ man muß schön- und gutes Vieh endlich
bekommen. Es wird offt eine Kuhe von der Hausmut-
ter so hoch und wehrt gehalten/ daß sie alle Jahr davon
die Kälber abnimmt/ sonderlich wann die Erfahrung
weiset/ daß sie wol gerathen. Wo grosse Viehzucht ist/
werden auf das galte Viehe eigne Mayerhöfe und Leu-
te gehalten/ so wegen der absonderlichen Weide am be-
sten. Daselbsten werden sie/ sonderlich das erste Jahr/
wol gefüttert/ damit sie zu einem guten Leibe kommen/
dann wo sie dazumal stecken bleiben/ wird nichts dar-
aus; ihr Wachsen wird durch Sauberkeit und fleissige
Fütterung befördert.

Jm Sommer muß man sie kein unrein Wasser
trincken lassen/ aus Teichen oder Lachen/ es fault ihnen
Lungen und Leber davon; man kan in das Geträncke
bißweilen ein wenig Saltz thun.

Cap. XXXIV.
Von der Milch und deren Behaltniß.
[Spaltenumbruch]

WAnn man die Kälber hat beyseits gethan und
abgespehnt/ soll man die Kuhe dasselbe mal
nicht melcken/ weil sie gewöhnlich/ alsdann die
Milch verhalten/ und vermeyntlich ihrem Kalb auf he-
ben. Und damit gewohnen sie es/ die Milch allzeit un-
gerne herzugeben; wann aber die andere Melckzeit
kommt/ und ihnen die verhaltene Milch (die ihren Aus-
gang suchet) anfängt wehe zu thun/ so thut ihnen wol/
[Spaltenumbruch] wann man sie zu melcken anfängt/ und lassen sich her-
nach gern melcken. Die guten Hausmütter sagen/ man
solle das Kühevieh wol ausmelcken/ und nicht abbrechen
oder zipffeln/ das ist/ davon lauffen und wieder darun-
ter sitzen/ denn damit gewehnet sich das Viehe an das
aufhalten/ und geben je länger je weniger Milch/ biß sie
gar verseihen. Die Euter sind einem Bronnen gleich/
der/ je mehr man ihn schöpfft/ je mehr er aufquellet/ also

je bes-

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] abgebrennt; etliche laſſen im Sommer auch ein wenig
Gras darunter ſchneiden/ aber nicht zu viel/ dann koſten
ſie einmal das ſuͤſſe Kleegras/ wollen ſie hernach nichts
anders freſſen.

Mit dem Caſtriren der Kaͤlber/ iſt man auch nicht
einig; Etliche ſchneiden ſie/ weil ſie noch an der Mutter-
Milch ſaugen/ und es etwan in der dritten oder vierdten
Wochen ihres Alters verrichten; laſſen ſie aber denſel-
bigen Tage nicht trincken. Etliche erwarten ein halbes
Jahr. Herꝛ de Serres aber vermeynt/ es ſey beſſer/
daß man das andere oder dritte Jahr erwarte/ denn es
gebe es die Erfahrung/ daß ſie alſo ſtaͤrcker und kraͤffti-
ger werden. Jch aber bleibe bey der erſten Meynung/
die Kaͤlber noch bey der Milch zu ſchneiden/ weil ſie es
eher vergeſſen/ eher heilen und hernach beſſer wachſen;
wie es in Ungerland offenbar/ daraus ſo viel 1000
Ochſen jaͤhrlich gebracht ſind/ die man alle in zarter
Jugend geſchnitten. Mit den zwey und dritthalb jaͤh-
rigen aber/ wie Herꝛ de Serres will/ hat es dieſes Beden-
[Spaltenumbruch] cken/ daß ſie um ſelbige Zeit ſchon anfangen die Kuͤhe
kennen zu lernen/ und wo ſie nicht zukommen ſind/ doch
ſich/ natuͤrlicher Weiſe darnach ſehnen/ und wann ihnen
dieſes durch das Schneiden genommen wird/ fangen ſie
an traurig zu werden/ eſſen nicht ſo gern/ und nehmen
nicht ſo gern zu/ ſo ſind ſie auch haͤrter zu bezwingen/
und zu gewehnen/ verlieren ehe die Staͤrcke/ als ſie ſolche
verdoppeln ſolten/ und ſollen ſie auch ſtaͤrcker wer-
den/ ſo ſind ſie auch dabey wilder/ und mißbrauchen
ihrer Kraͤfften mehr zum Ungehorſam als zur Arbeit.

So iſt auch in dieſem Alter der Schnitt gefaͤhrli-
cher/ weil/ wann er mißraͤthet/ alle Muͤhe und Fuͤtterey/
die man zwey oder dritthalbe Jahr daran gewendet/ ver-
lohren gehet/ und ein weit groͤſſerer Schade iſt/ als
wann ein Kalb von dem Schnitt (das doch ſelten ge-
ſchihet) umkommet/ weil es in fuͤnff oder ſechs Wochen
zu unterhalten wenig gekoſtet hat/ alſo auch ſein Ver-
luſt ein geringer Schade und wol zu verſchmertzen iſt/
alle Caſtrirungen ſollen im abnehmenden Monden ge-
ſchehen.

Cap. XXXIII.
Vom galten Vieh und ihrer Wartung.
[Spaltenumbruch]

GLeichwie ein Feldherꝛ/ der Krieg fuͤhret/ nicht al-
lein ein wol abgerichtes und dapfferes Kriegs-
heer im Feld halten muß/ ſeinen Feinden
den Kopf zu bieten/ ſondern er muß auch in ſeinem Lan-
de recrouten-Plaͤtze und friſche Werbungen haben/
mit dieſen neu angenommenen Voͤlckern den Abgang
und Verluſt ſeiner Armee/ die meiſtentheils in Schlach-
ten/ Belaͤgerungen/ Parteyen/ und ſonſt durch andere
Noth/ Kranckheiten und Brodmangel/ durch abgeſtor-
bene und ausreiſſende/ abnimmt und kleiner wird/ wie-
derum zu ergaͤntzen und zu verſtaͤrcken: Alſo muß es ein
vernuͤnfftiger Hausvatter auch in ſeinen Mayerhoͤfen
anſtellen; da werden die Kuͤhe/ Stier/ Ochſen und an-
ders Viehe etwan geſchlachtet/ verletzet/ mit andern
Unfaͤllen und Kranckheiten/ und endlich mit dem hohen
Alter betroffen/ die muß man nothwendig wiedererſe-
tzen/ alles kauffen von neuen iſt keine Wirthſchafft/
Vendacem oportet eſſe Patrem familias, non emacem.
Es iſt in der Wirthſchafft eine groͤſſere Ehre verkauf-
fen als kauffen/ weil das erſte das Geld ins Haus/
das andere aber das Geld aus dem Hauſe bringt.

Das galte Viehe wird aus den Kaͤlbern im er-
ſten und andern Jahr/ viel oder wenig/ nachdem die
Fuͤtterey/ Wieſen und Feldbau es erfordern oder zulaſ-
ſen/ erzogen; daraus man nicht allein die Felder und
[Spaltenumbruch] Gruͤnde deſto beſſer dunget/ ſondern auch die abgaͤngi-
gen Plaͤtze im Kuͤhe- und Ochſenſtall nach und nach wie-
der erſetzet/ und wird man (wie offt im Kauffen zu ge-
ſchehen pflegt) deſto weniger betrogen/ wann man das
Vieh/ ob es geſund/ ſtarck/ aͤſſig/ wolgeſtaltet/ Milch-
reich/ gut oder boͤſe/ fromm oder untreu ſey/ ſelbſten ken-
net/ allein von den allerbeſten und ſchoͤneſten fuͤr
ſich zur Zucht abſpehnet/ die uͤbrigen entweder ins Hau-
ſe braucht/ oder zur Schlachtbanck ſendet; alſo kan es
nicht fehlen/ man muß ſchoͤn- und gutes Vieh endlich
bekommen. Es wird offt eine Kuhe von der Hausmut-
ter ſo hoch und wehrt gehalten/ daß ſie alle Jahr davon
die Kaͤlber abnimmt/ ſonderlich wann die Erfahrung
weiſet/ daß ſie wol gerathen. Wo groſſe Viehzucht iſt/
werden auf das galte Viehe eigne Mayerhoͤfe und Leu-
te gehalten/ ſo wegen der abſonderlichen Weide am be-
ſten. Daſelbſten werden ſie/ ſonderlich das erſte Jahr/
wol gefuͤttert/ damit ſie zu einem guten Leibe kommen/
dann wo ſie dazumal ſtecken bleiben/ wird nichts dar-
aus; ihr Wachſen wird durch Sauberkeit und fleiſſige
Fuͤtterung befoͤrdert.

Jm Sommer muß man ſie kein unrein Waſſer
trincken laſſen/ aus Teichen oder Lachen/ es fault ihnen
Lungen und Leber davon; man kan in das Getraͤncke
bißweilen ein wenig Saltz thun.

Cap. XXXIV.
Von der Milch und deren Behaltniß.
[Spaltenumbruch]

WAnn man die Kaͤlber hat beyſeits gethan und
abgeſpehnt/ ſoll man die Kuhe daſſelbe mal
nicht melcken/ weil ſie gewoͤhnlich/ alsdann die
Milch verhalten/ und vermeyntlich ihrem Kalb auf he-
ben. Und damit gewohnen ſie es/ die Milch allzeit un-
gerne herzugeben; wann aber die andere Melckzeit
kommt/ und ihnen die verhaltene Milch (die ihren Aus-
gang ſuchet) anfaͤngt wehe zu thun/ ſo thut ihnen wol/
[Spaltenumbruch] wann man ſie zu melcken anfaͤngt/ und laſſen ſich her-
nach gern melcken. Die guten Hausmuͤtter ſagen/ man
ſolle das Kuͤhevieh wol ausmelcken/ und nicht abbrechen
oder zipffeln/ das iſt/ davon lauffen und wieder darun-
ter ſitzen/ denn damit gewehnet ſich das Viehe an das
aufhalten/ und geben je laͤnger je weniger Milch/ biß ſie
gar verſeihen. Die Euter ſind einem Bronnen gleich/
der/ je mehr man ihn ſchoͤpfft/ je mehr er aufquellet/ alſo

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[274/0292] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens abgebrennt; etliche laſſen im Sommer auch ein wenig Gras darunter ſchneiden/ aber nicht zu viel/ dann koſten ſie einmal das ſuͤſſe Kleegras/ wollen ſie hernach nichts anders freſſen. Mit dem Caſtriren der Kaͤlber/ iſt man auch nicht einig; Etliche ſchneiden ſie/ weil ſie noch an der Mutter- Milch ſaugen/ und es etwan in der dritten oder vierdten Wochen ihres Alters verrichten; laſſen ſie aber denſel- bigen Tage nicht trincken. Etliche erwarten ein halbes Jahr. Herꝛ de Serres aber vermeynt/ es ſey beſſer/ daß man das andere oder dritte Jahr erwarte/ denn es gebe es die Erfahrung/ daß ſie alſo ſtaͤrcker und kraͤffti- ger werden. Jch aber bleibe bey der erſten Meynung/ die Kaͤlber noch bey der Milch zu ſchneiden/ weil ſie es eher vergeſſen/ eher heilen und hernach beſſer wachſen; wie es in Ungerland offenbar/ daraus ſo viel 1000 Ochſen jaͤhrlich gebracht ſind/ die man alle in zarter Jugend geſchnitten. Mit den zwey und dritthalb jaͤh- rigen aber/ wie Herꝛ de Serres will/ hat es dieſes Beden- cken/ daß ſie um ſelbige Zeit ſchon anfangen die Kuͤhe kennen zu lernen/ und wo ſie nicht zukommen ſind/ doch ſich/ natuͤrlicher Weiſe darnach ſehnen/ und wann ihnen dieſes durch das Schneiden genommen wird/ fangen ſie an traurig zu werden/ eſſen nicht ſo gern/ und nehmen nicht ſo gern zu/ ſo ſind ſie auch haͤrter zu bezwingen/ und zu gewehnen/ verlieren ehe die Staͤrcke/ als ſie ſolche verdoppeln ſolten/ und ſollen ſie auch ſtaͤrcker wer- den/ ſo ſind ſie auch dabey wilder/ und mißbrauchen ihrer Kraͤfften mehr zum Ungehorſam als zur Arbeit. So iſt auch in dieſem Alter der Schnitt gefaͤhrli- cher/ weil/ wann er mißraͤthet/ alle Muͤhe und Fuͤtterey/ die man zwey oder dritthalbe Jahr daran gewendet/ ver- lohren gehet/ und ein weit groͤſſerer Schade iſt/ als wann ein Kalb von dem Schnitt (das doch ſelten ge- ſchihet) umkommet/ weil es in fuͤnff oder ſechs Wochen zu unterhalten wenig gekoſtet hat/ alſo auch ſein Ver- luſt ein geringer Schade und wol zu verſchmertzen iſt/ alle Caſtrirungen ſollen im abnehmenden Monden ge- ſchehen. Cap. XXXIII. Vom galten Vieh und ihrer Wartung. GLeichwie ein Feldherꝛ/ der Krieg fuͤhret/ nicht al- lein ein wol abgerichtes und dapfferes Kriegs- heer im Feld halten muß/ ſeinen Feinden den Kopf zu bieten/ ſondern er muß auch in ſeinem Lan- de recrouten-Plaͤtze und friſche Werbungen haben/ mit dieſen neu angenommenen Voͤlckern den Abgang und Verluſt ſeiner Armee/ die meiſtentheils in Schlach- ten/ Belaͤgerungen/ Parteyen/ und ſonſt durch andere Noth/ Kranckheiten und Brodmangel/ durch abgeſtor- bene und ausreiſſende/ abnimmt und kleiner wird/ wie- derum zu ergaͤntzen und zu verſtaͤrcken: Alſo muß es ein vernuͤnfftiger Hausvatter auch in ſeinen Mayerhoͤfen anſtellen; da werden die Kuͤhe/ Stier/ Ochſen und an- ders Viehe etwan geſchlachtet/ verletzet/ mit andern Unfaͤllen und Kranckheiten/ und endlich mit dem hohen Alter betroffen/ die muß man nothwendig wiedererſe- tzen/ alles kauffen von neuen iſt keine Wirthſchafft/ Vendacem oportet eſſe Patrem familias, non emacem. Es iſt in der Wirthſchafft eine groͤſſere Ehre verkauf- fen als kauffen/ weil das erſte das Geld ins Haus/ das andere aber das Geld aus dem Hauſe bringt. Das galte Viehe wird aus den Kaͤlbern im er- ſten und andern Jahr/ viel oder wenig/ nachdem die Fuͤtterey/ Wieſen und Feldbau es erfordern oder zulaſ- ſen/ erzogen; daraus man nicht allein die Felder und Gruͤnde deſto beſſer dunget/ ſondern auch die abgaͤngi- gen Plaͤtze im Kuͤhe- und Ochſenſtall nach und nach wie- der erſetzet/ und wird man (wie offt im Kauffen zu ge- ſchehen pflegt) deſto weniger betrogen/ wann man das Vieh/ ob es geſund/ ſtarck/ aͤſſig/ wolgeſtaltet/ Milch- reich/ gut oder boͤſe/ fromm oder untreu ſey/ ſelbſten ken- net/ allein von den allerbeſten und ſchoͤneſten fuͤr ſich zur Zucht abſpehnet/ die uͤbrigen entweder ins Hau- ſe braucht/ oder zur Schlachtbanck ſendet; alſo kan es nicht fehlen/ man muß ſchoͤn- und gutes Vieh endlich bekommen. Es wird offt eine Kuhe von der Hausmut- ter ſo hoch und wehrt gehalten/ daß ſie alle Jahr davon die Kaͤlber abnimmt/ ſonderlich wann die Erfahrung weiſet/ daß ſie wol gerathen. Wo groſſe Viehzucht iſt/ werden auf das galte Viehe eigne Mayerhoͤfe und Leu- te gehalten/ ſo wegen der abſonderlichen Weide am be- ſten. Daſelbſten werden ſie/ ſonderlich das erſte Jahr/ wol gefuͤttert/ damit ſie zu einem guten Leibe kommen/ dann wo ſie dazumal ſtecken bleiben/ wird nichts dar- aus; ihr Wachſen wird durch Sauberkeit und fleiſſige Fuͤtterung befoͤrdert. Jm Sommer muß man ſie kein unrein Waſſer trincken laſſen/ aus Teichen oder Lachen/ es fault ihnen Lungen und Leber davon; man kan in das Getraͤncke bißweilen ein wenig Saltz thun. Cap. XXXIV. Von der Milch und deren Behaltniß. WAnn man die Kaͤlber hat beyſeits gethan und abgeſpehnt/ ſoll man die Kuhe daſſelbe mal nicht melcken/ weil ſie gewoͤhnlich/ alsdann die Milch verhalten/ und vermeyntlich ihrem Kalb auf he- ben. Und damit gewohnen ſie es/ die Milch allzeit un- gerne herzugeben; wann aber die andere Melckzeit kommt/ und ihnen die verhaltene Milch (die ihren Aus- gang ſuchet) anfaͤngt wehe zu thun/ ſo thut ihnen wol/ wann man ſie zu melcken anfaͤngt/ und laſſen ſich her- nach gern melcken. Die guten Hausmuͤtter ſagen/ man ſolle das Kuͤhevieh wol ausmelcken/ und nicht abbrechen oder zipffeln/ das iſt/ davon lauffen und wieder darun- ter ſitzen/ denn damit gewehnet ſich das Viehe an das aufhalten/ und geben je laͤnger je weniger Milch/ biß ſie gar verſeihen. Die Euter ſind einem Bronnen gleich/ der/ je mehr man ihn ſchoͤpfft/ je mehr er aufquellet/ alſo je beſ-

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/292>, abgerufen am 23.11.2024.