Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] gleich; die Blumen sind auch Traubenweis zusammen-
gesetzt und an der Farb weißgelblicht; die Beerlein a-
ber sind liechtroth/ wachsen in den gebürgigen Wildnüs-
sen häuffig/ im Schwartzwald/ und in den Steinbrü-
chen bey Nürnberg/ werden von den Hirschen sehr ge-
sucht/ welche diese Blätter gerne fressen; darf keiner son-
dern Wartung/ und wo er einmal gewohnt ist/ da setzet
er Brut genug.

Der weisse Holunder/ oder Syringa alba, ist in die
Blumengärten ein schönes und angenehmes Gewächs;
man kan gantze Gänge und Geländer damit aussetzen/
welche er dann mit seiner holdseligen und der Pomerantzen-
Blühe an Farb/ Gestalt und Geruch nicht unähnlichen
Blühe wol zieret/ und so wol als der blaue mit seinem
Geruch ein gantzes Gemach mit angenehmer lieblicher
Lufft erfüllet; auf die Blumen folgen kleine einfache
und oben breite Knöpflein/ darinnen ligt ein länglichter
dünner Saamen/ der schwartz ist/ wann er wol zeitig
wird; er kan durch abgebrochene eingesenckte Zweig-
lein/ als auch durch die Beyschoß fortgepflantzt werden/
darzu die beste Zeit im Herbst ist/ was im Früling ge-
schiehet/ dem muß bey dürrer Zeit mit Begiessung ge-
holffen werden.

Apud nos Nobiles Matronae, sagt Carolus Clu-
sius, mutatis saepe hujus fruticis floribus, in umbra
Chirothecas. elegantissimo odore imbuunt.
Man
kan auch ein Gläslein mit frischem Mandel-Oel mit die-
sen Blumen voll füllen/ so offt solche verwesen/ mit fri-
schen Blumen wieder ablösen/ und einen Monat lang an
der Sonnen stehen lassen/ so wird man ein lieblich rie-
chendes Oel bekommen.

Der blaue Spanische oder Türckische Holder/ weil
Bellonius meldet/ er habe dergleichen Bäume bey ih-
nen gesehen/ der schier eines Elenbogen lang/ liecht
Veyelfarb geblühet/ daher sie wegen der Gestalt die
Türcken auch Vulpinam Caudam nennen/ desselben
Blätter aber seyen nie abgefallen/ so in unsern Landen
der Erfahrung zuwider; sonst hat er härter Holtz als der
weisse/ und kan gar zu einen Baum gezogen werden;
die träublichte Blühe ist liechtblau mit etwas braun
untermischt/ und überaus lieblich riechend/ hat seine
Vermehrung wie der weisse; beede sind nicht gar
dauerhafft/ darum man immerdar junge Brut nachzie-
geln muß. Die Spanische Mucken halten sich gerne da-
bey auf.

[Spaltenumbruch]

Viburnum, Schlingbaum/ vielmehr eine Stau-
den/ weil er nicht hoch aufwächset/ darum auch der Man-
tuanische Poet/ als er die Stadt Rom allen andern
vorgezogen/ also spricht:

-- Haec tantum alias inter caput extulit Urbes
Quantum lenta solent inter Viburna Cupressi.

Jst ein fast zähes und leichtbiegiges Gewächs/ der
Stamm ist gemeiniglich eines Fingers dick/ und zwo
Elen hoch; die Blätter gleichen dem Rüstbaum-Laub/
an der Farb weißlicht und mehr haaricht/ je zwey gegen-
einander über/ etwas zerkerbt; die Blum ist weiß und
wie eine Cron oder Dolden formirt/ darauf die erstlich
grünen/ hernach rothen/ und in der Zeitigung schwartze
Beerlein folgen; die Wurtzen hat oben eine sehr zähe
Rinde/ daraus man einen Leim machen kan; die Aeste
taugen zu Widen/ etwas zusamm zu binden/ wachsen
an den Zäunen und auf ungebauten Hügeln/ kan den
Winter wol draussen bleiben; ist kalter und trockner
Natur/ seine Blätter ziehen zusamm; die Beerlein
aber befördern den Stulgang/ wann sie vollkommen
zeitig sind/ hingegen wann sie unzeitig und herb gedörrt
und gepulvert werden/ trinckt man sie in apto Vehicu-
lo
wider alle Durchbrüche des Bauches.

Der Wein/ darinn diese Blätter gesotten sind/ be-
festen die wacklende Zähne/ und ziehet alle Flüsse aus
dem Zahnfleisch; eine Laug von Blättern und Beeren
gemacht/ schwärtzet die Haar/ und bewahrt sie vor dem
Ausfallen; die Rinden der Wurtzen (wie Castor Du-
rantes
berichtet) werden eine weil unter der Erden ma-
ceri
rt/ nachmals gesotten/ gestossen und ein Vogelleim
daraus gemacht.

Vitis Americana quinque folia, wird aus Jndien
hergebracht/ werden Weinstöcke genannt/ nicht daß sie
wolschmeckende Trauben bringen/ sondern weil sie sich
mit kleinen Rancken anwinden und hochsteigen/ und
weil ihre Frucht kleine Beerlein sind/ ohngefehr wie eine
Traube zusammen gesetzt/ stehet meistentheils fünf
Blätter an einem Aestlein beysammen/ bißweilen aber
selten drey.

Vitis Americana folio juglandis; da sind an einem
Stiel allzeit drey Blätter beysammen in Form der Klee-
kräuter oder der Phaseolen/ auch sind etliche gantz/ et-
liche haben einen etwas ausgeschweifften Rand; dieses
strecket seine Wurtzen in der Erden nach der quer fort/
treibt daraus neue Stengel/ und mehret sich genugsam
ohne Wartung/ wann es einmal gefast hat.

Hierauf folgen die wolriechenden Kräuter/ so bißweilen
zum Umsetzen und Bezierung der Bettlein ge-
braucht werden.

Cap. XLIX.
Abrotanum, Basilicum,
Camillen/ Hissopp/ Lavendel und
Spicanard.
[Spaltenumbruch]

ABrotanum wird von den gemeinen Gärtnern Aru-
then oder Abroten genennt/ die Spanier nennens
Hyerva Lombriquera, weil es den Würmern wi-
derstehet/ und sie aus dem Leibe/ Magen und Därmern
vertreibet/ ist zweyerley Art/ ein Männlein und Weib-
[Spaltenumbruch] lein/ ist im dritten Grad hitzig und trocken/ und hat mit
dem Wermuth fast einerley Beschaffenheit/ daß wol/ in
Ermangelung eines/ das andere mag gebraucht wer-
den; ist/ mit Wein getruncken/ wider alles Gifft/ und
öffnet die Verstopffungen der Leber und des Miltzes/

das

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] gleich; die Blumen ſind auch Traubenweis zuſammen-
geſetzt und an der Farb weißgelblicht; die Beerlein a-
ber ſind liechtroth/ wachſen in den gebuͤrgigen Wildnuͤſ-
ſen haͤuffig/ im Schwartzwald/ und in den Steinbruͤ-
chen bey Nuͤrnberg/ werden von den Hirſchen ſehr ge-
ſucht/ welche dieſe Blaͤtter gerne freſſen; darf keiner ſon-
dern Wartung/ und wo er einmal gewohnt iſt/ da ſetzet
er Brut genug.

Der weiſſe Holunder/ oder Syringa alba, iſt in die
Blumengaͤrten ein ſchoͤnes und angenehmes Gewaͤchs;
man kan gantze Gaͤnge und Gelaͤnder damit ausſetzen/
welche er dañ mit ſeiner holdſeligen uñ der Pomerantzen-
Bluͤhe an Farb/ Geſtalt und Geruch nicht unaͤhnlichen
Bluͤhe wol zieret/ und ſo wol als der blaue mit ſeinem
Geruch ein gantzes Gemach mit angenehmer lieblicher
Lufft erfuͤllet; auf die Blumen folgen kleine einfache
und oben breite Knoͤpflein/ darinnen ligt ein laͤnglichter
duͤnner Saamen/ der ſchwartz iſt/ wann er wol zeitig
wird; er kan durch abgebrochene eingeſenckte Zweig-
lein/ als auch durch die Beyſchoß fortgepflantzt werden/
darzu die beſte Zeit im Herbſt iſt/ was im Fruͤling ge-
ſchiehet/ dem muß bey duͤrrer Zeit mit Begieſſung ge-
holffen werden.

Apud nos Nobiles Matronæ, ſagt Carolus Clu-
ſius, mutatis ſæpe hujus fruticis floribus, in umbrâ
Chirothecas. elegantiſſimo odore imbuunt.
Man
kan auch ein Glaͤslein mit friſchem Mandel-Oel mit die-
ſen Blumen voll fuͤllen/ ſo offt ſolche verweſen/ mit fri-
ſchen Blumen wieder abloͤſen/ und einen Monat lang an
der Sonnen ſtehen laſſen/ ſo wird man ein lieblich rie-
chendes Oel bekommen.

Der blaue Spaniſche oder Tuͤrckiſche Holder/ weil
Bellonius meldet/ er habe dergleichen Baͤume bey ih-
nen geſehen/ der ſchier eines Elenbogen lang/ liecht
Veyelfarb gebluͤhet/ daher ſie wegen der Geſtalt die
Tuͤrcken auch Vulpinam Caudam nennen/ deſſelben
Blaͤtter aber ſeyen nie abgefallen/ ſo in unſern Landen
der Erfahrung zuwider; ſonſt hat er haͤrter Holtz als der
weiſſe/ und kan gar zu einen Baum gezogen werden;
die traͤublichte Bluͤhe iſt liechtblau mit etwas braun
untermiſcht/ und uͤberaus lieblich riechend/ hat ſeine
Vermehrung wie der weiſſe; beede ſind nicht gar
dauerhafft/ darum man immerdar junge Brut nachzie-
geln muß. Die Spaniſche Mucken halten ſich gerne da-
bey auf.

[Spaltenumbruch]

Viburnum, Schlingbaum/ vielmehr eine Stau-
den/ weil er nicht hoch aufwaͤchſet/ darum auch der Man-
tuaniſche Poet/ als er die Stadt Rom allen andern
vorgezogen/ alſo ſpricht:

Hæc tantum alias inter caput extulit Urbes
Quantum lenta ſolent inter Viburna Cupreſſi.

Jſt ein faſt zaͤhes und leichtbiegiges Gewaͤchs/ der
Stamm iſt gemeiniglich eines Fingers dick/ und zwo
Elen hoch; die Blaͤtter gleichen dem Ruͤſtbaum-Laub/
an der Farb weißlicht und mehr haaricht/ je zwey gegen-
einander uͤber/ etwas zerkerbt; die Blum iſt weiß und
wie eine Cron oder Dolden formirt/ darauf die erſtlich
gruͤnen/ hernach rothen/ und in der Zeitigung ſchwartze
Beerlein folgen; die Wurtzen hat oben eine ſehr zaͤhe
Rinde/ daraus man einen Leim machen kan; die Aeſte
taugen zu Widen/ etwas zuſamm zu binden/ wachſen
an den Zaͤunen und auf ungebauten Huͤgeln/ kan den
Winter wol drauſſen bleiben; iſt kalter und trockner
Natur/ ſeine Blaͤtter ziehen zuſamm; die Beerlein
aber befoͤrdern den Stulgang/ wann ſie vollkommen
zeitig ſind/ hingegen wann ſie unzeitig und herb gedoͤrrt
und gepulvert werden/ trinckt man ſie in apto Vehicu-
lo
wider alle Durchbruͤche des Bauches.

Der Wein/ darinn dieſe Blaͤtter geſotten ſind/ be-
feſten die wacklende Zaͤhne/ und ziehet alle Fluͤſſe aus
dem Zahnfleiſch; eine Laug von Blaͤttern und Beeren
gemacht/ ſchwaͤrtzet die Haar/ und bewahrt ſie vor dem
Ausfallen; die Rinden der Wurtzen (wie Caſtor Du-
rantes
berichtet) werden eine weil unter der Erden ma-
ceri
rt/ nachmals geſotten/ geſtoſſen und ein Vogelleim
daraus gemacht.

Vitis Americana quinq́ue folia, wird aus Jndien
hergebracht/ werden Weinſtoͤcke genannt/ nicht daß ſie
wolſchmeckende Trauben bringen/ ſondern weil ſie ſich
mit kleinen Rancken anwinden und hochſteigen/ und
weil ihre Frucht kleine Beerlein ſind/ ohngefehr wie eine
Traube zuſammen geſetzt/ ſtehet meiſtentheils fuͤnf
Blaͤtter an einem Aeſtlein beyſammen/ bißweilen aber
ſelten drey.

Vitis Americana folio juglandis; da ſind an einem
Stiel allzeit drey Blaͤtter beyſammen in Form der Klee-
kraͤuter oder der Phaſeolen/ auch ſind etliche gantz/ et-
liche haben einen etwas ausgeſchweifften Rand; dieſes
ſtrecket ſeine Wurtzen in der Erden nach der quer fort/
treibt daraus neue Stengel/ und mehret ſich genugſam
ohne Wartung/ wann es einmal gefaſt hat.

Hierauf folgen die wolriechenden Kraͤuter/ ſo bißweilen
zum Umſetzen und Bezierung der Bettlein ge-
braucht werden.

Cap. XLIX.
Abrotanum, Baſilicum,
Camillen/ Hiſſopp/ Lavendel und
Spicanard.
[Spaltenumbruch]

ABrotanum wird von den gemeinen Gaͤrtnern Aru-
then oder Abroten genennt/ die Spanier nennens
Hyerva Lombriquera, weil es den Wuͤrmern wi-
derſtehet/ und ſie aus dem Leibe/ Magen und Daͤrmern
vertreibet/ iſt zweyerley Art/ ein Maͤnnlein und Weib-
[Spaltenumbruch] lein/ iſt im dritten Grad hitzig und trocken/ und hat mit
dem Wermuth faſt einerley Beſchaffenheit/ daß wol/ in
Ermangelung eines/ das andere mag gebraucht wer-
den; iſt/ mit Wein getruncken/ wider alles Gifft/ und
oͤffnet die Verſtopffungen der Leber und des Miltzes/

das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0666" n="630[628]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des Adelichen Land- und Feld-Lebens</hi></fw><lb/><cb/>
gleich; die Blumen &#x017F;ind auch Traubenweis zu&#x017F;ammen-<lb/>
ge&#x017F;etzt und an der Farb weißgelblicht; die Beerlein a-<lb/>
ber &#x017F;ind liechtroth/ wach&#x017F;en in den gebu&#x0364;rgigen Wildnu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en ha&#x0364;uffig/ im Schwartzwald/ und in den Steinbru&#x0364;-<lb/>
chen bey Nu&#x0364;rnberg/ werden von den Hir&#x017F;chen &#x017F;ehr ge-<lb/>
&#x017F;ucht/ welche die&#x017F;e Bla&#x0364;tter gerne fre&#x017F;&#x017F;en; darf keiner &#x017F;on-<lb/>
dern Wartung/ und wo er einmal gewohnt i&#x017F;t/ da &#x017F;etzet<lb/>
er Brut genug.</p><lb/>
            <p>Der wei&#x017F;&#x017F;e Holunder/ oder <hi rendition="#aq">Syringa alba,</hi> i&#x017F;t in die<lb/>
Blumenga&#x0364;rten ein &#x017F;cho&#x0364;nes und angenehmes Gewa&#x0364;chs;<lb/>
man kan gantze Ga&#x0364;nge und Gela&#x0364;nder damit aus&#x017F;etzen/<lb/>
welche er dan&#x0303; mit &#x017F;einer hold&#x017F;eligen un&#x0303; der Pomerantzen-<lb/>
Blu&#x0364;he an Farb/ Ge&#x017F;talt und Geruch nicht una&#x0364;hnlichen<lb/>
Blu&#x0364;he wol zieret/ und &#x017F;o wol als der blaue mit &#x017F;einem<lb/>
Geruch ein gantzes Gemach mit angenehmer lieblicher<lb/>
Lufft erfu&#x0364;llet; auf die Blumen folgen kleine einfache<lb/>
und oben breite Kno&#x0364;pflein/ darinnen ligt ein la&#x0364;nglichter<lb/>
du&#x0364;nner Saamen/ der &#x017F;chwartz i&#x017F;t/ wann er wol zeitig<lb/>
wird; er kan durch abgebrochene einge&#x017F;enckte Zweig-<lb/>
lein/ als auch durch die Bey&#x017F;choß fortgepflantzt werden/<lb/>
darzu die be&#x017F;te Zeit im Herb&#x017F;t i&#x017F;t/ was im Fru&#x0364;ling ge-<lb/>
&#x017F;chiehet/ dem muß bey du&#x0364;rrer Zeit mit Begie&#x017F;&#x017F;ung ge-<lb/>
holffen werden.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Apud nos Nobiles Matronæ,</hi> &#x017F;agt <hi rendition="#aq">Carolus Clu-<lb/>
&#x017F;ius, mutatis &#x017F;æpe hujus fruticis floribus, in umbrâ<lb/>
Chirothecas. eleganti&#x017F;&#x017F;imo odore imbuunt.</hi> Man<lb/>
kan auch ein Gla&#x0364;slein mit fri&#x017F;chem Mandel-Oel mit die-<lb/>
&#x017F;en Blumen voll fu&#x0364;llen/ &#x017F;o offt &#x017F;olche verwe&#x017F;en/ mit fri-<lb/>
&#x017F;chen Blumen wieder ablo&#x0364;&#x017F;en/ und einen Monat lang an<lb/>
der Sonnen &#x017F;tehen la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o wird man ein lieblich rie-<lb/>
chendes Oel bekommen.</p><lb/>
            <p>Der blaue Spani&#x017F;che oder Tu&#x0364;rcki&#x017F;che Holder/ weil<lb/><hi rendition="#aq">Bellonius</hi> meldet/ er habe dergleichen Ba&#x0364;ume bey ih-<lb/>
nen ge&#x017F;ehen/ der &#x017F;chier eines Elenbogen lang/ liecht<lb/>
Veyelfarb geblu&#x0364;het/ daher &#x017F;ie wegen der Ge&#x017F;talt die<lb/>
Tu&#x0364;rcken auch <hi rendition="#aq">Vulpinam Caudam</hi> nennen/ de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
Bla&#x0364;tter aber &#x017F;eyen nie abgefallen/ &#x017F;o in un&#x017F;ern Landen<lb/>
der Erfahrung zuwider; &#x017F;on&#x017F;t hat er ha&#x0364;rter Holtz als der<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;e/ und kan gar zu einen Baum gezogen werden;<lb/>
die tra&#x0364;ublichte Blu&#x0364;he i&#x017F;t liechtblau mit etwas braun<lb/>
untermi&#x017F;cht/ und u&#x0364;beraus lieblich riechend/ hat &#x017F;eine<lb/>
Vermehrung wie der wei&#x017F;&#x017F;e; beede &#x017F;ind nicht gar<lb/>
dauerhafft/ darum man immerdar junge Brut nachzie-<lb/>
geln muß. Die Spani&#x017F;che Mucken halten &#x017F;ich gerne da-<lb/>
bey auf.</p><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#aq">Viburnum,</hi> Schlingbaum/ vielmehr eine Stau-<lb/>
den/ weil er nicht hoch aufwa&#x0364;ch&#x017F;et/ darum auch der Man-<lb/>
tuani&#x017F;che Poet/ als er die Stadt Rom allen andern<lb/>
vorgezogen/ al&#x017F;o &#x017F;pricht:</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>&#x2014; <hi rendition="#aq">Hæc tantum alias inter caput extulit Urbes</hi></l><lb/>
              <l> <hi rendition="#aq">Quantum lenta &#x017F;olent inter Viburna Cupre&#x017F;&#x017F;i.</hi> </l>
            </lg><lb/>
            <p>J&#x017F;t ein fa&#x017F;t za&#x0364;hes und leichtbiegiges Gewa&#x0364;chs/ der<lb/>
Stamm i&#x017F;t gemeiniglich eines Fingers dick/ und zwo<lb/>
Elen hoch; die Bla&#x0364;tter gleichen dem Ru&#x0364;&#x017F;tbaum-Laub/<lb/>
an der Farb weißlicht und mehr haaricht/ je zwey gegen-<lb/>
einander u&#x0364;ber/ etwas zerkerbt; die Blum i&#x017F;t weiß und<lb/>
wie eine Cron oder Dolden formirt/ darauf die er&#x017F;tlich<lb/>
gru&#x0364;nen/ hernach rothen/ und in der Zeitigung &#x017F;chwartze<lb/>
Beerlein folgen; die Wurtzen hat oben eine &#x017F;ehr za&#x0364;he<lb/>
Rinde/ daraus man einen Leim machen kan; die Ae&#x017F;te<lb/>
taugen zu Widen/ etwas zu&#x017F;amm zu binden/ wach&#x017F;en<lb/>
an den Za&#x0364;unen und auf ungebauten Hu&#x0364;geln/ kan den<lb/>
Winter wol drau&#x017F;&#x017F;en bleiben; i&#x017F;t kalter und trockner<lb/>
Natur/ &#x017F;eine Bla&#x0364;tter ziehen zu&#x017F;amm; die Beerlein<lb/>
aber befo&#x0364;rdern den Stulgang/ wann &#x017F;ie vollkommen<lb/>
zeitig &#x017F;ind/ hingegen wann &#x017F;ie unzeitig und herb gedo&#x0364;rrt<lb/>
und gepulvert werden/ trinckt man &#x017F;ie in <hi rendition="#aq">apto Vehicu-<lb/>
lo</hi> wider alle Durchbru&#x0364;che des Bauches.</p><lb/>
            <p>Der Wein/ darinn die&#x017F;e Bla&#x0364;tter ge&#x017F;otten &#x017F;ind/ be-<lb/>
fe&#x017F;ten die wacklende Za&#x0364;hne/ und ziehet alle Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aus<lb/>
dem Zahnflei&#x017F;ch; eine Laug von Bla&#x0364;ttern und Beeren<lb/>
gemacht/ &#x017F;chwa&#x0364;rtzet die Haar/ und bewahrt &#x017F;ie vor dem<lb/>
Ausfallen; die Rinden der Wurtzen (wie <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;tor Du-<lb/>
rantes</hi> berichtet) werden eine weil unter der Erden <hi rendition="#aq">ma-<lb/>
ceri</hi>rt/ nachmals ge&#x017F;otten/ ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en und ein Vogelleim<lb/>
daraus gemacht.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Vitis Americana quinq&#x0301;ue folia,</hi> wird aus Jndien<lb/>
hergebracht/ werden Wein&#x017F;to&#x0364;cke genannt/ nicht daß &#x017F;ie<lb/>
wol&#x017F;chmeckende Trauben bringen/ &#x017F;ondern weil &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
mit kleinen Rancken anwinden und hoch&#x017F;teigen/ und<lb/>
weil ihre Frucht kleine Beerlein &#x017F;ind/ ohngefehr wie eine<lb/>
Traube zu&#x017F;ammen ge&#x017F;etzt/ &#x017F;tehet mei&#x017F;tentheils fu&#x0364;nf<lb/>
Bla&#x0364;tter an einem Ae&#x017F;tlein bey&#x017F;ammen/ bißweilen aber<lb/>
&#x017F;elten drey.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Vitis Americana folio juglandis;</hi> da &#x017F;ind an einem<lb/>
Stiel allzeit drey Bla&#x0364;tter bey&#x017F;ammen in Form der Klee-<lb/>
kra&#x0364;uter oder der <hi rendition="#aq">Pha&#x017F;eol</hi>en/ auch &#x017F;ind etliche gantz/ et-<lb/>
liche haben einen etwas ausge&#x017F;chweifften Rand; die&#x017F;es<lb/>
&#x017F;trecket &#x017F;eine Wurtzen in der Erden nach der quer fort/<lb/>
treibt daraus neue Stengel/ und mehret &#x017F;ich genug&#x017F;am<lb/>
ohne Wartung/ wann es einmal gefa&#x017F;t hat.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr">Hierauf folgen die wolriechenden Kra&#x0364;uter/ &#x017F;o bißweilen<lb/>
zum Um&#x017F;etzen und Bezierung der Bettlein ge-<lb/>
braucht werden.</hi><lb/> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi> XLIX.</hi><lb/>
Abrotanum, Ba&#x017F;ilicum,</hi> <hi rendition="#fr">Camillen/ Hi&#x017F;&#x017F;opp/ Lavendel und<lb/>
Spicanard.</hi> </head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#in">A</hi>Brotanum</hi> wird von den gemeinen Ga&#x0364;rtnern Aru-<lb/>
then oder Abroten genennt/ die Spanier nennens<lb/><hi rendition="#aq">Hyerva Lombriquera,</hi> weil es den Wu&#x0364;rmern wi-<lb/>
der&#x017F;tehet/ und &#x017F;ie aus dem Leibe/ Magen und Da&#x0364;rmern<lb/>
vertreibet/ i&#x017F;t zweyerley Art/ ein Ma&#x0364;nnlein und Weib-<lb/><cb/>
lein/ i&#x017F;t im dritten Grad hitzig und trocken/ und hat mit<lb/>
dem Wermuth fa&#x017F;t einerley Be&#x017F;chaffenheit/ daß wol/ in<lb/>
Ermangelung eines/ das andere mag gebraucht wer-<lb/>
den; i&#x017F;t/ mit Wein getruncken/ wider alles Gifft/ und<lb/>
o&#x0364;ffnet die Ver&#x017F;topffungen der Leber und des Miltzes/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[630[628]/0666] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens gleich; die Blumen ſind auch Traubenweis zuſammen- geſetzt und an der Farb weißgelblicht; die Beerlein a- ber ſind liechtroth/ wachſen in den gebuͤrgigen Wildnuͤſ- ſen haͤuffig/ im Schwartzwald/ und in den Steinbruͤ- chen bey Nuͤrnberg/ werden von den Hirſchen ſehr ge- ſucht/ welche dieſe Blaͤtter gerne freſſen; darf keiner ſon- dern Wartung/ und wo er einmal gewohnt iſt/ da ſetzet er Brut genug. Der weiſſe Holunder/ oder Syringa alba, iſt in die Blumengaͤrten ein ſchoͤnes und angenehmes Gewaͤchs; man kan gantze Gaͤnge und Gelaͤnder damit ausſetzen/ welche er dañ mit ſeiner holdſeligen uñ der Pomerantzen- Bluͤhe an Farb/ Geſtalt und Geruch nicht unaͤhnlichen Bluͤhe wol zieret/ und ſo wol als der blaue mit ſeinem Geruch ein gantzes Gemach mit angenehmer lieblicher Lufft erfuͤllet; auf die Blumen folgen kleine einfache und oben breite Knoͤpflein/ darinnen ligt ein laͤnglichter duͤnner Saamen/ der ſchwartz iſt/ wann er wol zeitig wird; er kan durch abgebrochene eingeſenckte Zweig- lein/ als auch durch die Beyſchoß fortgepflantzt werden/ darzu die beſte Zeit im Herbſt iſt/ was im Fruͤling ge- ſchiehet/ dem muß bey duͤrrer Zeit mit Begieſſung ge- holffen werden. Apud nos Nobiles Matronæ, ſagt Carolus Clu- ſius, mutatis ſæpe hujus fruticis floribus, in umbrâ Chirothecas. elegantiſſimo odore imbuunt. Man kan auch ein Glaͤslein mit friſchem Mandel-Oel mit die- ſen Blumen voll fuͤllen/ ſo offt ſolche verweſen/ mit fri- ſchen Blumen wieder abloͤſen/ und einen Monat lang an der Sonnen ſtehen laſſen/ ſo wird man ein lieblich rie- chendes Oel bekommen. Der blaue Spaniſche oder Tuͤrckiſche Holder/ weil Bellonius meldet/ er habe dergleichen Baͤume bey ih- nen geſehen/ der ſchier eines Elenbogen lang/ liecht Veyelfarb gebluͤhet/ daher ſie wegen der Geſtalt die Tuͤrcken auch Vulpinam Caudam nennen/ deſſelben Blaͤtter aber ſeyen nie abgefallen/ ſo in unſern Landen der Erfahrung zuwider; ſonſt hat er haͤrter Holtz als der weiſſe/ und kan gar zu einen Baum gezogen werden; die traͤublichte Bluͤhe iſt liechtblau mit etwas braun untermiſcht/ und uͤberaus lieblich riechend/ hat ſeine Vermehrung wie der weiſſe; beede ſind nicht gar dauerhafft/ darum man immerdar junge Brut nachzie- geln muß. Die Spaniſche Mucken halten ſich gerne da- bey auf. Viburnum, Schlingbaum/ vielmehr eine Stau- den/ weil er nicht hoch aufwaͤchſet/ darum auch der Man- tuaniſche Poet/ als er die Stadt Rom allen andern vorgezogen/ alſo ſpricht: — Hæc tantum alias inter caput extulit Urbes Quantum lenta ſolent inter Viburna Cupreſſi. Jſt ein faſt zaͤhes und leichtbiegiges Gewaͤchs/ der Stamm iſt gemeiniglich eines Fingers dick/ und zwo Elen hoch; die Blaͤtter gleichen dem Ruͤſtbaum-Laub/ an der Farb weißlicht und mehr haaricht/ je zwey gegen- einander uͤber/ etwas zerkerbt; die Blum iſt weiß und wie eine Cron oder Dolden formirt/ darauf die erſtlich gruͤnen/ hernach rothen/ und in der Zeitigung ſchwartze Beerlein folgen; die Wurtzen hat oben eine ſehr zaͤhe Rinde/ daraus man einen Leim machen kan; die Aeſte taugen zu Widen/ etwas zuſamm zu binden/ wachſen an den Zaͤunen und auf ungebauten Huͤgeln/ kan den Winter wol drauſſen bleiben; iſt kalter und trockner Natur/ ſeine Blaͤtter ziehen zuſamm; die Beerlein aber befoͤrdern den Stulgang/ wann ſie vollkommen zeitig ſind/ hingegen wann ſie unzeitig und herb gedoͤrrt und gepulvert werden/ trinckt man ſie in apto Vehicu- lo wider alle Durchbruͤche des Bauches. Der Wein/ darinn dieſe Blaͤtter geſotten ſind/ be- feſten die wacklende Zaͤhne/ und ziehet alle Fluͤſſe aus dem Zahnfleiſch; eine Laug von Blaͤttern und Beeren gemacht/ ſchwaͤrtzet die Haar/ und bewahrt ſie vor dem Ausfallen; die Rinden der Wurtzen (wie Caſtor Du- rantes berichtet) werden eine weil unter der Erden ma- cerirt/ nachmals geſotten/ geſtoſſen und ein Vogelleim daraus gemacht. Vitis Americana quinq́ue folia, wird aus Jndien hergebracht/ werden Weinſtoͤcke genannt/ nicht daß ſie wolſchmeckende Trauben bringen/ ſondern weil ſie ſich mit kleinen Rancken anwinden und hochſteigen/ und weil ihre Frucht kleine Beerlein ſind/ ohngefehr wie eine Traube zuſammen geſetzt/ ſtehet meiſtentheils fuͤnf Blaͤtter an einem Aeſtlein beyſammen/ bißweilen aber ſelten drey. Vitis Americana folio juglandis; da ſind an einem Stiel allzeit drey Blaͤtter beyſammen in Form der Klee- kraͤuter oder der Phaſeolen/ auch ſind etliche gantz/ et- liche haben einen etwas ausgeſchweifften Rand; dieſes ſtrecket ſeine Wurtzen in der Erden nach der quer fort/ treibt daraus neue Stengel/ und mehret ſich genugſam ohne Wartung/ wann es einmal gefaſt hat. Hierauf folgen die wolriechenden Kraͤuter/ ſo bißweilen zum Umſetzen und Bezierung der Bettlein ge- braucht werden. Cap. XLIX. Abrotanum, Baſilicum, Camillen/ Hiſſopp/ Lavendel und Spicanard. ABrotanum wird von den gemeinen Gaͤrtnern Aru- then oder Abroten genennt/ die Spanier nennens Hyerva Lombriquera, weil es den Wuͤrmern wi- derſtehet/ und ſie aus dem Leibe/ Magen und Daͤrmern vertreibet/ iſt zweyerley Art/ ein Maͤnnlein und Weib- lein/ iſt im dritten Grad hitzig und trocken/ und hat mit dem Wermuth faſt einerley Beſchaffenheit/ daß wol/ in Ermangelung eines/ das andere mag gebraucht wer- den; iſt/ mit Wein getruncken/ wider alles Gifft/ und oͤffnet die Verſtopffungen der Leber und des Miltzes/ das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/666
Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 630[628]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/666>, abgerufen am 28.11.2024.