Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünffter Auftritt.
Du listiges Geschlecht/ die Unthat fällt auf dich/
Die Liebe hat nichts böses hier begangen/
Und hat die Liebe ja was schädliches in sich/
Die vor sich selbst kein Tadel kan berühren/
So hat sie dis von dir fast unvermerckt empfangen.
Du schleust ihr alle Strassen zu/
Und wilst sie nicht zu deinem Hertzen führen;
Von aussen heuchelstu/
Und giebest vor/ ihr einen Sitz zu bauen.
Doch wil ich dich gantz eigentlich beschauen/
So ist dein gantzes Thun und Sinnen/
Durch einen falschen Strich die Haut erhöhen können.
Du achtest nicht die Treu der Treu hinzu zu setzen/
Und Liebe durch die Liebe zu entzünden;
Du lässt nicht einen Geist in zweyen Leibern finden/
Du weist den Griff alleine hoch zu schätzen/
Ein todtes Haar als weiches Gold zu machen/
Und den verwirrten Schein
Den Labyrinth der Seelen heissen seyn.
Wie sind doch dis so ungeschickte Sachen/
Wann ich dich schauen muß/
Wie du durch einen Pinsel-Strich
Verjagen wilst der Flecken Uberfluß?
So dir Natur und Zeit
Hat üm den Mund gestreut.
Wie plagstu dich/
Den Nacker aufzutragen/
Das Braune zu verweissen/
Die Runtzeln wegzujagen/
Und durch Flecken andre Flecken/
Die in dem Fehle stecken/
Fürwahr mehr kund zu thun/ als gäntzlich wegzureissen!
Wie ofte wird ein schneller Faden/
Wenn des Gesichtes Feld mit Haaren ist beladen/
Zur Dienerin gemacht?
Das eine Theil behälstu in den Zähnen/
Das ander weiß die lincke Hand zu dähnen/
Jndem die Rechte steht bedacht/

Den

Fuͤnffter Auftritt.
Du liſtiges Geſchlecht/ die Unthat faͤllt auf dich/
Die Liebe hat nichts boͤſes hier begangen/
Und hat die Liebe ja was ſchaͤdliches in ſich/
Die vor ſich ſelbſt kein Tadel kan beruͤhren/
So hat ſie dis von dir faſt unvermerckt empfangen.
Du ſchleuſt ihr alle Straſſen zu/
Und wilſt ſie nicht zu deinem Hertzen fuͤhren;
Von auſſen heuchelſtu/
Und giebeſt vor/ ihr einen Sitz zu bauen.
Doch wil ich dich gantz eigentlich beſchauen/
So iſt dein gantzes Thun und Sinnen/
Durch einen falſchen Strich die Haut erhoͤhen koͤnnen.
Du achteſt nicht die Treu der Treu hinzu zu ſetzen/
Und Liebe durch die Liebe zu entzuͤnden;
Du laͤſſt nicht einen Geiſt in zweyen Leibern finden/
Du weiſt den Griff alleine hoch zu ſchaͤtzen/
Ein todtes Haar als weiches Gold zu machen/
Und den verwirrten Schein
Den Labyrinth der Seelen heiſſen ſeyn.
Wie ſind doch dis ſo ungeſchickte Sachen/
Wann ich dich ſchauen muß/
Wie du durch einen Pinſel-Strich
Verjagen wilſt der Flecken Uberfluß?
So dir Natur und Zeit
Hat uͤm den Mund geſtreut.
Wie plagſtu dich/
Den Nacker aufzutragen/
Das Braune zu verweiſſen/
Die Runtzeln wegzujagen/
Und durch Flecken andre Flecken/
Die in dem Fehle ſtecken/
Fuͤrwahr mehr kund zu thun/ als gaͤntzlich wegzureiſſen!
Wie ofte wird ein ſchneller Faden/
Wenn des Geſichtes Feld mit Haaren iſt beladen/
Zur Dienerin gemacht?
Das eine Theil behaͤlſtu in den Zaͤhnen/
Das ander weiß die lincke Hand zu daͤhnen/
Jndem die Rechte ſteht bedacht/

Den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0075" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nffter Auftritt.</hi></fw><lb/>
Du li&#x017F;tiges Ge&#x017F;chlecht/ die Unthat fa&#x0364;llt auf dich/<lb/>
Die Liebe hat nichts bo&#x0364;&#x017F;es hier begangen/<lb/>
Und hat die Liebe ja was &#x017F;cha&#x0364;dliches in &#x017F;ich/<lb/>
Die vor &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t kein Tadel kan beru&#x0364;hren/<lb/>
So hat &#x017F;ie dis von dir fa&#x017F;t unvermerckt empfangen.<lb/>
Du &#x017F;chleu&#x017F;t ihr alle Stra&#x017F;&#x017F;en zu/<lb/>
Und wil&#x017F;t &#x017F;ie nicht zu deinem Hertzen fu&#x0364;hren;<lb/>
Von au&#x017F;&#x017F;en heuchel&#x017F;tu/<lb/>
Und giebe&#x017F;t vor/ ihr einen Sitz zu bauen.<lb/>
Doch wil ich dich gantz eigentlich be&#x017F;chauen/<lb/>
So i&#x017F;t dein gantzes Thun und Sinnen/<lb/>
Durch einen fal&#x017F;chen Strich die Haut erho&#x0364;hen ko&#x0364;nnen.<lb/>
Du achte&#x017F;t nicht die Treu der Treu hinzu zu &#x017F;etzen/<lb/>
Und Liebe durch die Liebe zu entzu&#x0364;nden;<lb/>
Du la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t nicht einen Gei&#x017F;t in zweyen Leibern finden/<lb/>
Du wei&#x017F;t den Griff alleine hoch zu &#x017F;cha&#x0364;tzen/<lb/>
Ein todtes Haar als weiches Gold zu machen/<lb/>
Und den verwirrten Schein<lb/>
Den Labyrinth der Seelen hei&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn.<lb/>
Wie &#x017F;ind doch dis &#x017F;o unge&#x017F;chickte Sachen/<lb/>
Wann ich dich &#x017F;chauen muß/<lb/>
Wie du durch einen Pin&#x017F;el-Strich<lb/>
Verjagen wil&#x017F;t der Flecken Uberfluß?<lb/>
So dir Natur und Zeit<lb/>
Hat u&#x0364;m den Mund ge&#x017F;treut.<lb/>
Wie plag&#x017F;tu dich/<lb/>
Den Nacker aufzutragen/<lb/>
Das Braune zu verwei&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
Die Runtzeln wegzujagen/<lb/>
Und durch Flecken andre Flecken/<lb/>
Die in dem Fehle &#x017F;tecken/<lb/>
Fu&#x0364;rwahr mehr kund zu thun/ als ga&#x0364;ntzlich wegzurei&#x017F;&#x017F;en!<lb/>
Wie ofte wird ein &#x017F;chneller Faden/<lb/>
Wenn des Ge&#x017F;ichtes Feld mit Haaren i&#x017F;t beladen/<lb/>
Zur Dienerin gemacht?<lb/>
Das eine Theil beha&#x0364;l&#x017F;tu in den Za&#x0364;hnen/<lb/>
Das ander weiß die lincke Hand zu da&#x0364;hnen/<lb/>
Jndem die Rechte &#x017F;teht bedacht/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0075] Fuͤnffter Auftritt. Du liſtiges Geſchlecht/ die Unthat faͤllt auf dich/ Die Liebe hat nichts boͤſes hier begangen/ Und hat die Liebe ja was ſchaͤdliches in ſich/ Die vor ſich ſelbſt kein Tadel kan beruͤhren/ So hat ſie dis von dir faſt unvermerckt empfangen. Du ſchleuſt ihr alle Straſſen zu/ Und wilſt ſie nicht zu deinem Hertzen fuͤhren; Von auſſen heuchelſtu/ Und giebeſt vor/ ihr einen Sitz zu bauen. Doch wil ich dich gantz eigentlich beſchauen/ So iſt dein gantzes Thun und Sinnen/ Durch einen falſchen Strich die Haut erhoͤhen koͤnnen. Du achteſt nicht die Treu der Treu hinzu zu ſetzen/ Und Liebe durch die Liebe zu entzuͤnden; Du laͤſſt nicht einen Geiſt in zweyen Leibern finden/ Du weiſt den Griff alleine hoch zu ſchaͤtzen/ Ein todtes Haar als weiches Gold zu machen/ Und den verwirrten Schein Den Labyrinth der Seelen heiſſen ſeyn. Wie ſind doch dis ſo ungeſchickte Sachen/ Wann ich dich ſchauen muß/ Wie du durch einen Pinſel-Strich Verjagen wilſt der Flecken Uberfluß? So dir Natur und Zeit Hat uͤm den Mund geſtreut. Wie plagſtu dich/ Den Nacker aufzutragen/ Das Braune zu verweiſſen/ Die Runtzeln wegzujagen/ Und durch Flecken andre Flecken/ Die in dem Fehle ſtecken/ Fuͤrwahr mehr kund zu thun/ als gaͤntzlich wegzureiſſen! Wie ofte wird ein ſchneller Faden/ Wenn des Geſichtes Feld mit Haaren iſt beladen/ Zur Dienerin gemacht? Das eine Theil behaͤlſtu in den Zaͤhnen/ Das ander weiß die lincke Hand zu daͤhnen/ Jndem die Rechte ſteht bedacht/ Den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/75
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/75>, abgerufen am 27.04.2024.