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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Liebe und Lebens Lauf
Heliß ich weiß forthin kein rechtes Wort zu machen
Die Seele blutet mir/ es kräncket Geist und Muth;
Wem Schmertzen/ Scham und Furcht tief in dem
Geiste wachen/
Der schreibet/ wie du siehst/ gewieß nicht allzu guth.
Jch schlafe wachende/ und kan kein Auge schliessen/
Du schaust/ wie meine Schrifft nicht Gleiß und Ord-
nung hält; (wissen/
Jch ließ dich zwar die Kunst des klugen Schreibens
Die mir als Meistern selbst aus den Gedächtnüß fält.
So trennt durch Zufall sich/ was Lehr und Leben heisset/
Ein kleiner Neben-Zug reist Löwen Kräfften ein;
Man schaut/ wie uns die Noth aus den Gewichte reis-
Und grosse Riesen heißt verachte Zwerge seyn. (set/
Jch meint auf heiser Glut wie auf den Thau zu lachen/
Es solte mir kein Dorn verschrencken meine Bahn;
Jch dacht' auf dünnem Eiß ein Buhler-Lied zu machen/
Jzt lern ich/ daß ein schnitt mein Meister werden kan.
So hebt die Hochmuth uns auch über das Gestirne;
Vergist was menschlich ist/ und kennt die Erde nicht.
Verliebt sich in sich selbst/ und bauet im Gehirne/
Wz ein geringer Wind wie Spiegel-Glaß zerbricht.
Helisse kennstu noch was ich zuvor gewesen;
So kehre mir auch itzt ein treues Auge zu.
Laß deine Wehmuth mich aus einem Briefe lesen/
Der nach dem Himmel schmeckt/ und lieblich ist/ wie du.
Du kanst alleine mir das beste Pflaster senden/
So mir die Schmertzen dämpft/ und mich der Noth
Und dis alleine steht in deinen zarten Händen. (entreist/
Jch weiß/ daß mich dein Mund noch seine Seele heist.
Du hast ja meinen Geist zu erste lernen kennen/
Mein Geist hat deinen Geist eh als den Leib geliebt.

Und

Liebe und Lebens Lauf
Heliß ich weiß forthin kein rechtes Wort zu machen
Die Seele blutet mir/ es kraͤncket Geiſt und Muth;
Wem Schmertzen/ Scham und Furcht tief in dem
Geiſte wachen/
Der ſchreibet/ wie du ſiehſt/ gewieß nicht allzu guth.
Jch ſchlafe wachende/ und kan kein Auge ſchlieſſen/
Du ſchauſt/ wie meine Schrifft nicht Gleiß uñ Ord-
nung haͤlt; (wiſſen/
Jch ließ dich zwar die Kunſt des klugen Schreibens
Die mir als Meiſtern ſelbſt aus dẽ Gedaͤchtnuͤß faͤlt.
So treñt durch Zufall ſich/ was Lehr uñ Leben heiſſet/
Ein kleiner Neben-Zug reiſt Loͤwen Kraͤfften ein;
Man ſchaut/ wie uns die Noth aus dẽ Gewichte reiſ-
Und groſſe Rieſen heißt verachte Zwerge ſeyn. (ſet/
Jch meint auf heiſer Glut wie auf den Thau zu lachẽ/
Es ſolte mir kein Dorn verſchrencken meine Bahn;
Jch dacht’ auf duͤñem Eiß ein Buhler-Lied zu machẽ/
Jzt lern ich/ daß ein ſchnitt mein Meiſter werdẽ kan.
So hebt die Hochmuth uns auch uͤber das Geſtirne;
Vergiſt was menſchlich iſt/ und keñt die Erde nicht.
Verliebt ſich in ſich ſelbſt/ und bauet im Gehirne/
Wz ein geringer Wind wie Spiegel-Glaß zerbricht.
Heliſſe kennſtu noch was ich zuvor geweſen;
So kehre mir auch itzt ein treues Auge zu.
Laß deine Wehmuth mich aus einem Briefe leſen/
Der nach dem Him̃el ſchmeckt/ uñ lieblich iſt/ wie du.
Du kanſt alleine mir das beſte Pflaſter ſenden/
So mir die Schmertzen daͤmpft/ uñ mich der Noth
Uñ dis alleine ſteht in deinen zarten Haͤndẽ. (entreiſt/
Jch weiß/ daß mich dein Mund noch ſeine Seele heiſt.
Du haſt ja meinen Geiſt zu erſte lernen kennen/
Mein Geiſt hat deinen Geiſt eh als den Leib geliebt.

Und
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[156/0580] Liebe und Lebens Lauf Heliß ich weiß forthin kein rechtes Wort zu machen Die Seele blutet mir/ es kraͤncket Geiſt und Muth; Wem Schmertzen/ Scham und Furcht tief in dem Geiſte wachen/ Der ſchreibet/ wie du ſiehſt/ gewieß nicht allzu guth. Jch ſchlafe wachende/ und kan kein Auge ſchlieſſen/ Du ſchauſt/ wie meine Schrifft nicht Gleiß uñ Ord- nung haͤlt; (wiſſen/ Jch ließ dich zwar die Kunſt des klugen Schreibens Die mir als Meiſtern ſelbſt aus dẽ Gedaͤchtnuͤß faͤlt. So treñt durch Zufall ſich/ was Lehr uñ Leben heiſſet/ Ein kleiner Neben-Zug reiſt Loͤwen Kraͤfften ein; Man ſchaut/ wie uns die Noth aus dẽ Gewichte reiſ- Und groſſe Rieſen heißt verachte Zwerge ſeyn. (ſet/ Jch meint auf heiſer Glut wie auf den Thau zu lachẽ/ Es ſolte mir kein Dorn verſchrencken meine Bahn; Jch dacht’ auf duͤñem Eiß ein Buhler-Lied zu machẽ/ Jzt lern ich/ daß ein ſchnitt mein Meiſter werdẽ kan. So hebt die Hochmuth uns auch uͤber das Geſtirne; Vergiſt was menſchlich iſt/ und keñt die Erde nicht. Verliebt ſich in ſich ſelbſt/ und bauet im Gehirne/ Wz ein geringer Wind wie Spiegel-Glaß zerbricht. Heliſſe kennſtu noch was ich zuvor geweſen; So kehre mir auch itzt ein treues Auge zu. Laß deine Wehmuth mich aus einem Briefe leſen/ Der nach dem Him̃el ſchmeckt/ uñ lieblich iſt/ wie du. Du kanſt alleine mir das beſte Pflaſter ſenden/ So mir die Schmertzen daͤmpft/ uñ mich der Noth Uñ dis alleine ſteht in deinen zarten Haͤndẽ. (entreiſt/ Jch weiß/ daß mich dein Mund noch ſeine Seele heiſt. Du haſt ja meinen Geiſt zu erſte lernen kennen/ Mein Geiſt hat deinen Geiſt eh als den Leib geliebt. Und

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/580>, abgerufen am 24.11.2024.