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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Anderer Auftritt.
Mir ist nicht unbekand/
Die Liebe wird mich auch in dem Fall nicht bethören/
Daß ich vor die nicht würdig bin zu schätzen/
Die man selbst des Himmels Auszug schaut auf Brust und Stirne
tragen.
Das Urtheil weis ich schon so mein Geburts-Stern spricht/
Daß ich soll seyn zur Glut gebohren/
Doch nicht zu dem Genieß der Liebe zugericht.
Weil das Verhängnis denn mich armen hat erkohren
Den Tod zu lieben;
So wil ich auch zu sterben nicht verschieben/
Derselben Anlaß hier zu geben/
Die mich in diese Noth gebracht/
Daß/ wenn der letzte Geist wird aus dem Munde rücken/
Mich durch ihrer Augen Plitz doch zuvor noch anzublicken/
Jch wüntsche dieses Wort: Mirtillo sol nicht leben;
Solt Amarillis doch vor meinem bleichen scheiden/
Und eh sie Hochzeit macht/
Mich doch nur hören leiden.
Ergasto sey bedacht/
Daferne meine Noth dich zur Erbarmnis bringet/
Mir doch darzu Gelegenheit zu machen.
Erg. Das ist ein Wuntsch/ den zwar die Lieb' erzwinget/
Doch der in Todes Rachen
Uns wenig hilfft/ und ist nicht ausser der Gefahr.
Nehme dis ihr Vater wahr/
Und kriegt ihr Schwäher nur ein Wort davon zu wissen/
Daß Sie auf den Begehr gehöret deine Klagen;
So würde sie erbärmlich büssen.
Wer weiß ob nicht ihr Geist/ der dich hat meiden müssen/
Mit dir itzt leidet gleiche Plagen?
Denn/ viel eher als ein Mann ist ein Weib zwar anzustecken:
Doch wird Sie die Liebes-Brunst besser auch/ als Er/ verdecken;
Liebt sie dich gleich so muß sie dich doch meiden/
Denn wer nicht helffen kan der höret ohne Frucht/
Wer gegenwärtig kränckt/ denckt billig auf die Flucht.
"Die gröste Weisheit ist/ dasselbe bald zu lassen
"Was uns unmüglich scheint ins künfftig zu ümfassen.

Mirt.
Anderer Auftritt.
Mir iſt nicht unbekand/
Die Liebe wird mich auch in dem Fall nicht bethoͤren/
Daß ich vor die nicht wuͤrdig bin zu ſchaͤtzen/
Die man ſelbſt des Himmels Auszug ſchaut auf Bruſt und Stirne
tragen.
Das Urtheil weis ich ſchon ſo mein Geburts-Stern ſpricht/
Daß ich ſoll ſeyn zur Glut gebohren/
Doch nicht zu dem Genieß der Liebe zugericht.
Weil das Verhaͤngnis denn mich armen hat erkohren
Den Tod zu lieben;
So wil ich auch zu ſterben nicht verſchieben/
Derſelben Anlaß hier zu geben/
Die mich in dieſe Noth gebracht/
Daß/ wenn der letzte Geiſt wird aus dem Munde ruͤcken/
Mich durch ihrer Augen Plitz doch zuvor noch anzublicken/
Jch wuͤntſche dieſes Wort: Mirtillo ſol nicht leben;
Solt Amarillis doch vor meinem bleichen ſcheiden/
Und eh ſie Hochzeit macht/
Mich doch nur hoͤren leiden.
Ergaſto ſey bedacht/
Daferne meine Noth dich zur Erbarmnis bringet/
Mir doch darzu Gelegenheit zu machen.
Erg. Das iſt ein Wuntſch/ den zwar die Lieb’ erzwinget/
Doch der in Todes Rachen
Uns wenig hilfft/ und iſt nicht auſſer der Gefahr.
Nehme dis ihr Vater wahr/
Und kriegt ihr Schwaͤher nur ein Wort davon zu wiſſen/
Daß Sie auf den Begehr gehoͤret deine Klagen;
So wuͤrde ſie erbaͤrmlich buͤſſen.
Wer weiß ob nicht ihr Geiſt/ der dich hat meiden muͤſſen/
Mit dir itzt leidet gleiche Plagen?
Denn/ viel eher als ein Mann iſt ein Weib zwar anzuſtecken:
Doch wird Sie die Liebes-Brunſt beſſer auch/ als Er/ verdecken;
Liebt ſie dich gleich ſo muß ſie dich doch meiden/
Denn wer nicht helffen kan der hoͤret ohne Frucht/
Wer gegenwaͤrtig kraͤnckt/ denckt billig auf die Flucht.
„Die groͤſte Weisheit iſt/ daſſelbe bald zu laſſen
„Was uns unmuͤglich ſcheint ins kuͤnfftig zu uͤmfaſſen.

Mirt.
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[11/0057] Anderer Auftritt. Mir iſt nicht unbekand/ Die Liebe wird mich auch in dem Fall nicht bethoͤren/ Daß ich vor die nicht wuͤrdig bin zu ſchaͤtzen/ Die man ſelbſt des Himmels Auszug ſchaut auf Bruſt und Stirne tragen. Das Urtheil weis ich ſchon ſo mein Geburts-Stern ſpricht/ Daß ich ſoll ſeyn zur Glut gebohren/ Doch nicht zu dem Genieß der Liebe zugericht. Weil das Verhaͤngnis denn mich armen hat erkohren Den Tod zu lieben; So wil ich auch zu ſterben nicht verſchieben/ Derſelben Anlaß hier zu geben/ Die mich in dieſe Noth gebracht/ Daß/ wenn der letzte Geiſt wird aus dem Munde ruͤcken/ Mich durch ihrer Augen Plitz doch zuvor noch anzublicken/ Jch wuͤntſche dieſes Wort: Mirtillo ſol nicht leben; Solt Amarillis doch vor meinem bleichen ſcheiden/ Und eh ſie Hochzeit macht/ Mich doch nur hoͤren leiden. Ergaſto ſey bedacht/ Daferne meine Noth dich zur Erbarmnis bringet/ Mir doch darzu Gelegenheit zu machen. Erg. Das iſt ein Wuntſch/ den zwar die Lieb’ erzwinget/ Doch der in Todes Rachen Uns wenig hilfft/ und iſt nicht auſſer der Gefahr. Nehme dis ihr Vater wahr/ Und kriegt ihr Schwaͤher nur ein Wort davon zu wiſſen/ Daß Sie auf den Begehr gehoͤret deine Klagen; So wuͤrde ſie erbaͤrmlich buͤſſen. Wer weiß ob nicht ihr Geiſt/ der dich hat meiden muͤſſen/ Mit dir itzt leidet gleiche Plagen? Denn/ viel eher als ein Mann iſt ein Weib zwar anzuſtecken: Doch wird Sie die Liebes-Brunſt beſſer auch/ als Er/ verdecken; Liebt ſie dich gleich ſo muß ſie dich doch meiden/ Denn wer nicht helffen kan der hoͤret ohne Frucht/ Wer gegenwaͤrtig kraͤnckt/ denckt billig auf die Flucht. „Die groͤſte Weisheit iſt/ daſſelbe bald zu laſſen „Was uns unmuͤglich ſcheint ins kuͤnfftig zu uͤmfaſſen. Mirt.

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/57>, abgerufen am 27.04.2024.