Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.und einer Mahometanin. Verzeihe/ Liebster Schatz/ doch meinen schlechtenSchreiben/ Daß Wort und Zeilen nicht in rechter Ordnung stehn; Wem Freud und Zuversicht die schwachen Finger treiben/ Dem wil die Feder nicht in gleicher Wage gehn. Bald lesch' ich etwas aus/ bald mach' ich neue Zeilen/ Bald werd' ich halb entzuckt/ bald schlaf ich drüber ein/ Bald wird die Feder faul/ bald wil sie fertig eilen/ Und heist offt einen Kleck an statt der Wörter seyn. Jch weiß nicht wie mir ist/ und kan mir selbst nicht trauen/ Ob mein Gesichte hier den wahren Zweck erkiest? Ob meine Hoffnung auch recht feste weiß zubauen? Ob nicht ein schlechter Dunst itzund mein Grundstein ist? Bald reiß' ich wiederum aus diesen falschen Schran- cken/ Und schaue deinen Brieff mit scharffen Augen an/ Umbschlüsse mit Vernunfft die flüchtigen Gedancken/ Weil solche Klarheit ja mich nicht verblenden kan. Jch schaue klar genug und küsse mein Gelücke/ So itzt mit seiner Hand die öden Nächte stöhrt/ Jch spühre wiederum des Himmels warme Blicke/ Der dich mir auf das neu aus seiner Schoß verehrt. Was hab ich nicht bißher in Einsamkeit erlitten? Was hat mir nicht vor Angst gesesselt Geist und Sinn? Was hat mich nicht vor Furcht zu mancher Zeit be- stritten? Daß ich/ wie mich bedeucht/ mir fast nicht ehnlich bin. Wie E 2
und einer Mahometanin. Verzeihe/ Liebſter Schatz/ doch meinen ſchlechtenSchreiben/ Daß Wort und Zeilen nicht in rechter Ordnung ſtehn; Wem Freud und Zuverſicht die ſchwachen Finger treiben/ Dem wil die Feder nicht in gleicher Wage gehn. Bald leſch’ ich etwas aus/ bald mach’ ich neue Zeilen/ Bald werd’ ich halb entzuckt/ bald ſchlaf ich druͤber ein/ Bald wird die Feder faul/ bald wil ſie fertig eilen/ Und heiſt offt einen Kleck an ſtatt der Woͤrter ſeyn. Jch weiß nicht wie mir iſt/ und kan mir ſelbſt nicht trauen/ Ob mein Geſichte hier den wahren Zweck erkieſt? Ob meine Hoffnung auch recht feſte weiß zubauen? Ob nicht ein ſchlechter Dunſt itzund mein Grundſtein iſt? Bald reiß’ ich wiederum aus dieſen falſchen Schran- cken/ Und ſchaue deinen Brieff mit ſcharffen Augen an/ Umbſchluͤſſe mit Vernunfft die fluͤchtigen Gedancken/ Weil ſolche Klarheit ja mich nicht verblenden kan. Jch ſchaue klar genug und kuͤſſe mein Geluͤcke/ So itzt mit ſeiner Hand die oͤden Naͤchte ſtoͤhrt/ Jch ſpuͤhre wiederum des Himmels warme Blicke/ Der dich mir auf das neu aus ſeiner Schoß verehrt. Was hab ich nicht bißher in Einſamkeit erlitten? Was hat mir nicht vor Angſt geſeſſelt Geiſt und Sinn? Was hat mich nicht vor Furcht zu mancher Zeit be- ſtritten? Daß ich/ wie mich bedeucht/ mir faſt nicht ehnlich bin. Wie E 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0491" n="67"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">und einer Mahometanin.</hi> </fw><lb/> <l>Verzeihe/ Liebſter Schatz/ doch meinen ſchlechten</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Schreiben/</hi> </l><lb/> <l>Daß Wort und Zeilen nicht in rechter Ordnung ſtehn;</l><lb/> <l>Wem Freud und Zuverſicht die ſchwachen Finger</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">treiben/</hi> </l><lb/> <l>Dem wil die Feder nicht in gleicher Wage gehn.</l><lb/> <l>Bald leſch’ ich etwas aus/ bald mach’ ich neue Zeilen/</l><lb/> <l>Bald werd’ ich halb entzuckt/ bald ſchlaf ich druͤber ein/</l><lb/> <l>Bald wird die Feder faul/ bald wil ſie fertig eilen/</l><lb/> <l>Und heiſt offt einen Kleck an ſtatt der Woͤrter ſeyn.</l><lb/> <l>Jch weiß nicht wie mir iſt/ und kan mir ſelbſt nicht</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">trauen/</hi> </l><lb/> <l>Ob mein Geſichte hier den wahren Zweck erkieſt?</l><lb/> <l>Ob meine Hoffnung auch recht feſte weiß zubauen?</l><lb/> <l>Ob nicht ein ſchlechter Dunſt itzund mein Grundſtein</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">iſt?</hi> </l><lb/> <l>Bald reiß’ ich wiederum aus dieſen falſchen Schran-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">cken/</hi> </l><lb/> <l>Und ſchaue deinen Brieff mit ſcharffen Augen an/</l><lb/> <l>Umbſchluͤſſe mit Vernunfft die fluͤchtigen Gedancken/</l><lb/> <l>Weil ſolche Klarheit ja mich nicht verblenden kan.</l><lb/> <l>Jch ſchaue klar genug und kuͤſſe mein Geluͤcke/</l><lb/> <l>So itzt mit ſeiner Hand die oͤden Naͤchte ſtoͤhrt/</l><lb/> <l>Jch ſpuͤhre wiederum des Himmels warme Blicke/</l><lb/> <l>Der dich mir auf das neu aus ſeiner Schoß verehrt.</l><lb/> <l>Was hab ich nicht bißher in Einſamkeit erlitten?</l><lb/> <l>Was hat mir nicht vor Angſt geſeſſelt Geiſt und Sinn?</l><lb/> <l>Was hat mich nicht vor Furcht zu mancher Zeit be-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſtritten?</hi> </l><lb/> <l>Daß ich/ wie mich bedeucht/ mir faſt nicht ehnlich bin.</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">E 2</fw> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0491]
und einer Mahometanin.
Verzeihe/ Liebſter Schatz/ doch meinen ſchlechten
Schreiben/
Daß Wort und Zeilen nicht in rechter Ordnung ſtehn;
Wem Freud und Zuverſicht die ſchwachen Finger
treiben/
Dem wil die Feder nicht in gleicher Wage gehn.
Bald leſch’ ich etwas aus/ bald mach’ ich neue Zeilen/
Bald werd’ ich halb entzuckt/ bald ſchlaf ich druͤber ein/
Bald wird die Feder faul/ bald wil ſie fertig eilen/
Und heiſt offt einen Kleck an ſtatt der Woͤrter ſeyn.
Jch weiß nicht wie mir iſt/ und kan mir ſelbſt nicht
trauen/
Ob mein Geſichte hier den wahren Zweck erkieſt?
Ob meine Hoffnung auch recht feſte weiß zubauen?
Ob nicht ein ſchlechter Dunſt itzund mein Grundſtein
iſt?
Bald reiß’ ich wiederum aus dieſen falſchen Schran-
cken/
Und ſchaue deinen Brieff mit ſcharffen Augen an/
Umbſchluͤſſe mit Vernunfft die fluͤchtigen Gedancken/
Weil ſolche Klarheit ja mich nicht verblenden kan.
Jch ſchaue klar genug und kuͤſſe mein Geluͤcke/
So itzt mit ſeiner Hand die oͤden Naͤchte ſtoͤhrt/
Jch ſpuͤhre wiederum des Himmels warme Blicke/
Der dich mir auf das neu aus ſeiner Schoß verehrt.
Was hab ich nicht bißher in Einſamkeit erlitten?
Was hat mir nicht vor Angſt geſeſſelt Geiſt und Sinn?
Was hat mich nicht vor Furcht zu mancher Zeit be-
ſtritten?
Daß ich/ wie mich bedeucht/ mir faſt nicht ehnlich bin.
Wie
E 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |